Bradshaw Gillian - Artus 02
seinen Kopf hoch, seine Flanken bebten. Medraut gab seinen Männern ein paar Befehle, wieder auf irisch, und wandte sich dann an mich. »Los«, befahl er. Ich holte tief Atem, drehte mich um und ging mit ihm.
Alle Krieger blieben bei den Pferden, außer einem. Derjenige, der mitkam, war der gleiche Ronan, der vorher Wache gestanden hatte. Es war fast mehr, als ich ertragen konnte, und ich biß mir auf die Zunge.
Wenn der Ritt von St. Elena hierher mir kurz vorgekommen war, dann schien der kurze Fußweg den Hügel hinauf jahrelang zu dauern, und als wir die Tür erreichten, war ich soweit, daß ich hätte schreien können. Ich biß mir fester auf die Zunge und schmeckte mein eigenes Blut. Medraut öffnete die Tür und schob mich zuerst hinein.
Morgas stand im Raum, dunkel in Gold und Rot. Aber noch ein anderer war dort, jemand, der hinter der Tür stand, denn ihr Blick war dorthin gerichtet. Ich sah, daß es so sein mußte, während ich einen Schritt hinein machte, und Medraut folgte mir. Und dann knallte die Tür plötzlich zu, Ronan vor dem Gesicht. Medraut wirbelte herum. Seine Hand lag am Schwert, sein Gesicht war erstaunt, und ich drehte mich auch um. Gawain stand vor der nackten hölzernen Tür, sein Schwert war wie ein Feuerstreif in seiner Hand, sein Kettenhemd glänzte. Sein Blick war fest auf Morgas’ Augen gerichtet, und sein Gesicht war ausdruckslos.
Ronan polterte hinter uns gegen die Tür und rief wütend etwas auf irisch. Ohne Bewegung gab Gawain mit leiser Stimme irgendeinen Befehl auf irisch. Das Poltern hörte auf, und Ronan fragte etwas.
Morgas nickte; ihr Blick bewegte sich nicht. Sie wiederholte, was Gawain gesagt hatte. Ein langes Schweigen entstand. Dann hörte ich Ronans Schritte, die sich entfernten, und die Luft in der Hütte lag dick und still.
»So«, sagte Gawain endlich, und seine Stimme klang kühl. »Du hattest also keine Ahnung, wo mein Diener sein könnte.«
»Warum ist der hier?« wollte Medraut wissen und schaute Morgas an. Er lockerte das Schwert in der Scheide, bereit anzugreifen. Morgas sagte nichts, und nach einem Augenblick des Zögerns drückte Medraut sich an sie heran.
Gawain tat einen schnellen Schritt nach vorn und packte mich an der Schulter. Dann führte er sein Schwert mit einem einzigen schnellen Streich, der meine Fesseln halb durchschnitt. »Rhys. Geht’s dir gut?« Seine Stimme hatte wieder einen Ausdruck: Besorgnis. Ich zitterte. Einen schrecklichen Augenblick lang hatte ich geglaubt, Morgas hätte ihren Plan gegen Gawain durchgeführt und Erfolg gehabt. Aber das war deutlich nicht der Fall, und ich war zu verwirrt, um nachzudenken.
»Mir geht’s gut«, stammelte ich. »Aber du… du bist nicht tot.«
»Natürlich nicht. Warum sollte ich das sein?« Ich schüttelte den Kopf, unfähig zu erklären, und entschloß mich, nicht wieder einem Traum zu vertrauen. Gawain schüttelte mich leise an der Schulter und tat noch einen weiteren Schritt nach vorn, so daß ich hinter ihm stand.
»Herrin«, sagte er zu Morgas, »ich habe meinen Diener gefunden, und ich will dich jetzt nicht länger bemühen. Wir wollen gehen.«
Unglaublicherweise lächelte sie. Es war ein Lächeln, das ich nicht mochte, ein intimes, geheimes Lächeln, das an Gawain allein gerichtet war. »Du hast gewonnen, mein Falke«, sagte sie ganz, ganz leise. »Nie hätte ich es geglaubt, früher. Immer habe ich gedacht, du wärst ein Narr: zuerst, weil du benutzt werden konntest, und danach, weil du die Macht ablehntest, als sie dir angeboten wurde. Jetzt sehe ich, daß du weiser bist als ich.« Sie kam näher. Medraut starrte sie verwirrt an. Gawain stand bewegungslos da; er schaute sie nur an wie in der ersten Nacht, als wir nach Degganwy kamen.
»Dadurch mag ich dich noch lieber«, fuhr die Königin fort. »Alle Männer, die ich gekannt habe, und alle meine Söhne, sie sind immer schwach gewesen. Ich bin sehr froh, mein Frühlingsfalke, daß du stärker bist…«
»Mutter!« sagte Medraut mit qualvollem Flüstern. Sie drehte sich nicht um, sondern machte nur noch einen Schritt auf Gawain zu und lächelte dieses Lächeln. Mir sträubte sich das Haar.
»Herr«, sagte ich, »laß uns gehen.«
Er schien mich nicht zu hören. Er schaute Morgas an. Die Spitze seines Schwertes sank langsam nach unten, und sie kam näher.
»Und dennoch hätte ich mehr von dir erwartet, mein zweiter Sohn. Geboren, nicht um Lot zu erfreuen und auch nicht für meine Pläne, sondern nur für mich allein.«
Gawain trat zurück, rannte
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