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Bradshaw Gillian - Artus 02

Bradshaw Gillian - Artus 02

Titel: Bradshaw Gillian - Artus 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Koenigreich des Sommers
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zu einem fast weißen Glühen.
»Glaubst du wirklich, daß das reicht?« flüsterte Morgas. Ihre Stimme klang in der Stille wie der erste Hauch des Windes, der die Luft vor einem Gewitter durchfährt. Er brachte alles zum Zittern. Morgas’ Finger krümmten sich um die Finsternis, rollten sich mit großer Anstrengung ein, bis sie wie Krallen aussahen. »Schau! Ich bin Königin und Herrscherin der Luft und der Finsternis, und die ganze Erde wird mein Reich sein. Alles Fleisch wird mir gehorchen. Glaubst du, daß eine stählerne Klinge ausreicht, um mich zurückzuhalten? Narr!« Sie warf den Kopf zurück, und ihr Haar wirbelte durch die Nacht und schien die Schwärze einzusaugen und sie umherzuschleudern.
Ich sah, wie Gawain sein Schwert fester packte. Die nackte Klinge schnitt ihm in die linke Hand. Das Strahlen wurde tiefer. »Die Finsternis hat nicht allein die Herrschaft auf der Erde«, sagte er, und seine Stimme war rauh vor Anstrengung. »Durch das Licht wurde dieses Schwert geformt, und durch das Licht wird es halten, nicht als Stahl, sondern als das Ebenbild eines Willens.«
Morgas breitete mit einer wilden Bewegung die Arme aus, und völlige Finsternis verschlang die Hütte und den Boden unter unseren Füßen. Ich konnte den Türriegel nicht mehr fühlen, und ich konnte auch nicht mehr sagen, wo wir waren. Es schien mir, als ob wir in der Luft hingen oder als ob wir durch einen riesigen Abgrund hinabstürzten, der alles Leben und alles Licht aufsaugte. Ich fummelte vor mir herum und fand Gawains Schulter. Trotz aller Finsternis konnten wir noch immer Morgas sehen, als ob sie das Zentrum der schwarzen Nacht wäre, obwohl sie geisterhaft bleich wirkte. Sie stand am Rand des Abgrunds vor uns, qualvoll nah und ungeheuer fern. Gawains Schwert brannte noch immer, so deutlich wie ein Herdfeuer in einer Winternacht oder eine Kerze auf einem Altar. Aber seine Schulter unter meiner Hand war verkrampft vor Anstrengung, war so hart und kalt wie ein Stein.
»Und was ist Licht?« fragte Morgas, die Königin. Ihre Stimme war dünn und kalt, nicht mehr die Stimme einer Frau, nicht mehr die Stimme eines Menschen. »Alle Dinge begannen in Dunkelheit, und alle Dinge werden in die Finsternis zurückkehren, wenn du auch deinen kurzen Augenblick am Rand des Abgrunds kämpfen willst. Alle Dinge sind berührt und durchdrungen von Dunkelheit. Sieh, wie in dieser Zeit die Finsternis die Welt umgibt: Rom ist gefallen, und der ganze Westen ist Rom gefolgt. Kann ein wenig Licht hoffen, in Camlann zu überleben? Die Finsternis hat die Herzen aller ergriffen, die für das Licht kämpfen. Das Herz Rhuawns, deines Freundes, hat auf die Finsternis gehört. Artus, dein Herr, ist ihrer Eingebung gefolgt. Sie hat einen Platz in deinem eigenen Herzen. Alles muß zurückfallen an die Finsternis, es muß brechen und dorthin zurückkehren, woher es kam. Die Nacht kommt, und kein Tag wird sein. Licht ist Illusion! Die Finsternis allein ist wahr und stark. Wisse das!«
Einen Augenblick lang schien das Licht aus Gawains Schwert schwächer zu werden, blasser. Es schien nichts mehr zu beleuchten. Ich spürte, wie er sich bewegte, wie er sich bereitmachte zu kämpfen. Ich hatte den Drang, ihn anzuschreien, ihm zu sagen, den Kampf aufzugeben und zu fliehen. Wenn es noch einen Platz gab, an den wir fliehen konnten. Aber ich konnte mich weder bewegen, noch konnte ich sprechen. Mein Körper schien gefesselt von Ketten aus Eis, und meine Gedanken waren voll Dunkelheit. Lieber Gott, dachte ich, laß mich nur noch einmal die Sonne sehen, ehe ich sterbe. Laß noch etwas dasein außer der Finsternis. »Und Gott sagte: ›Es werde Licht‹, und es ward Licht«, erwiderte Gawain. Seine Stimme klang klar und stark und froh. »Wenn Rom auch gefallen ist und wenn auch Camlann fällt, wenn ich und Artus und Rhuawn auch erschüttert wurden durch die Finsternis in unseren Seelen, so kannst du dennoch nicht die Sterne erschüttern oder den Märzwind zurückrufen, wenn der Frühling die Bäume mit seinem Hauch berührt. Das Licht ist der Erstgeborene der Schöpfung, durch Licht und im Licht wurde die Welt erschaffen, und die Finsternis ist nur das, was vom Licht beleuchtet wird. Die Finsternis ist nicht Kraft, sondern die Abwesenheit der Kraft.«
Morgas warf die Arme über den Kopf, und die Schwärze bewegte sich um sie her wie Wasser. Die Augen der Königin waren weit aufgerissen und glänzten unnatürlich. Medrauts Schwert bewegte sich auf und ab wie ein schmaler Schatten,

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