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Kurzer Abriss meines Lebens in der mongolischen Steppe

Kurzer Abriss meines Lebens in der mongolischen Steppe

Titel: Kurzer Abriss meines Lebens in der mongolischen Steppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hulova
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    WENN BEI UNS daheim Schoroo ist, fliegen rund ums Ger Plastiktüten durch die Luft. Manchmal setze ich mich dann raus und sehe zu, wie in den Windhosen der Sand kreist, der Horizont sich goldbraun verfärbt und die Sonne durch den aufgewirbelten gelben Staub matt und zittrig wirkt. Die Schuhe werden grau vom Staub, der in den Augen sticht und in den Hufen der Pferde knirscht, die ganze Herde ist nervös, und der wild kläffende Nochoi hat eine Menge Arbeit, die trächtigen Stuten mit den Jungen von den anderen zu trennen.
    Wenn bei uns daheim Schoroo ist und man nichts tun kann, weil man keinen Schritt weit sieht und ich draußen ersticken oder den Rückweg nicht finden würde, sitze ich rechts vorm Eingang und frage mich, wie es bei uns wohl früher ausgesehen hat, als es keine Plastiktüten gab und Familien wie wir kein einziges ordentliches Messer besaßen und nichts dazuverdienen konnten durch den Verkauf von Keksen und Zigaretten, wie es unser Vater tat, wenn sich zufällig jemand zu uns verirrte. Und das passiert in letzter Zeit ziemlich oft.
    Es hängt angeblich damit zusammen, dass in Bulgan jemand gute und billige Mandschin, Möhren und Zwiebeln anbietet, und deshalb fahren die Leute häufiger als früher dorthin einkaufen, und an unserem Ger kommen dann eben mehr
vorbei. Ich glaube das allerdings nicht, weil auch in Dawchan Gemüse verkauft wird und in diese Richtung an Wochentagen trotzdem nur ein paar Leute unterwegs sind.
    Vielleicht ist der Dawchaner Gemüsehändler auch so ein Erliiz wie sein Vater, und es will ihm niemand was abnehmen, Chinesen sind hinterlistig, ihnen traut hier keiner.
    Dawdscha, die Tochter der Familie, die acht Kilometer südlich von uns wohnt, hat sich seinerzeit einen Chinesen mit heimgebracht, und Batu, ihr Vater, zeigte Lio Fu an, er wäre illegal hier und schmuggle Schuhe aus Kunststoff und wasserdichte T-Shirts und verkaufe sie in der Hauptstadt. Wahrscheinlich war es so, wenigstens glaubten es damals alle, weil er merkwürdig aussah und fast nicht sprach, aber der kleinen Gerle den Vater zu nehmen, kaum dass sie geboren wurde, ist nicht richtig. Dawdscha weinte die ganze Zeit und drohte fortzugehen, nur gab es keinen Ort, wo sie hätte hingehen können. Lio Fu fuhr in die Stadt, um alles zu regeln, als er nach vierzehn Tagen aber immer noch nicht zurückkehrte, schien festzustehen, dass man ihn nach China heimgeschickt hatte. Oder es hatten sich Verwandte seiner angenommen, jeder Erliiz hat in jedem Land irgendwo welche, und die haben Lio Fu eine andere Frau gesucht, mit deren Familie es nicht solche Probleme gab. Wahr ist, dass er nicht mehr zurückkam. Mama sagte damals, sie verstehe Batu, sie würde mich auch nie einem Chinesen geben, nicht einmal für eine Herde noch so schneller scheckiger Pferde oder fetter Kamele.

    Auf Grund meiner merkwürdigen Augen und meiner schmächtigen Gestalt sehe ich aber selber wie eine von denen aus. Ein paar Leute haben mich das auch schon spüren lassen, zum Beispiel als ich einmal in der Somonschule mit den
Filzen meiner Familie prahlte, für die die Händler im ganzen Aimak immer am meisten zahlten. Sie aber grinsten dreckig.
    Meine Herkunft als reinblütige Chalch so offensichtlich in Frage zu stellen! Ich hatte es ihnen zeigen wollen, und stattdessen kamen mir die Tränen. Das hat mich damals hart getroffen. Allerdings glaubte ich anderen ohnehin mehr als meiner eigenen Mutter. Nara hatte von Geburt an sehr helles Haar. Papa war damals beim Militär gewesen, genauso wie er fort war, als Mama sich mich machte, so dass man ihr in diesen Dingen nicht besonders trauen kann.
    Als ich ungefähr fünf war, kam einmal ein Mann zu uns, und er war kein Mongole. Er hatte langes dichtes Haar, einen eigenartigen Deel mit engen Ärmeln, und er übernachtete bei uns. Als er uns am nächsten Morgen verließ, schien es, als könnte Mama das nicht ertragen und als müsste sie ihn schlagen, sich auf ihn werfen oder mit ihm gehen. So wilde Bewegungen und so rot glänzende Augen hatte sie, als er aufbrach. Ich erinnere mich daran, ich war krank, hatte Fieber, und in Mamas Augen loderten Flammen, die Zungen wütender Hunde, bereit, mich zu töten. Diese Augen blickten mich unentwegt an, während Mama an meinem Bett saß und mich mit saurem Schafsjoghurt fütterte, damit ich nicht alle Kraft verlöre. Das war, nachdem der Mann, der kein Mongole war, gegangen war.

    Das Gefühl, sie würden mich nicht so mögen wie Magi, hatte ich schon vorher

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