Brandhei
japanischer Geschäftsleute anreisen und unmittelbar danach eine Gruppe Bibliothekare aus Tucson. Und dann einige Cheerleader, die Urlaub von den diversen Teams hatten, für die sie arbeiteten. Danach gab es ein Familientreffen von neun Schwestern, und dann kam eine Gruppe Studenten. Blue Flame war tatsächlich für absehbare Zeit gut ausgebucht.
Sie wusste, dass alle Mitarbeiter ihren letzten freien Tag genommen hatten, und da sie ihre Leute gut kannte, wusste sie auch, dass alle bereits beim ersten Morgengrauen verschwunden waren, bevor ihr doch noch etwas einfiel, womit sie sie auf Trab hätte halten können.
Und so musste Callie allein mit den Schweinen fertig werden. Sie lief die Treppe hinunter. Erst einmal die zwei
kleinen Kerle auf dem Gras, entschied sie. Sie mussten gefangen werden, ehe sie die zarten, neuen Triebe zerstörten. Sie jagte sie um eine große Arizonaeiche herum, wo die beiden Ferkel direkt ineinanderrannten – und sich dann verblüfft hinsetzten. Sie klemmte sich je eines unter jeden Arm und brachte sie schnurstracks in ihren Stall zurück. Dann klopfte sie sich den Staub ab und ging zur Stalltür, um sie zu schließen. Erst wollte sie die Tür mit Klebeband reparieren. Doch die Verriegelung war in Ordnung.
Wer die Tiere in der Frühe gefüttert hatte, musste nachlässig gewesen sein. »Verdammt noch mal, Tucker.« Er war einer ihrer jüngsten Mitarbeiter, aber der Zwanzigjährige war normalerweise wesentlich aufmerksamer, als das hier vermuten ließ.
Callie drehte sich um und nahm ihre nächste Beute in Angriff. Diesmal wurde sie von Goose assistiert, einer großen, herrischen Pilgrimgans, die auf der Ranch als eine Art Maskottchen gehalten wurde und sich auf dem Rasen und im Eingangsbereich wie ein Feldwebel aufführte. Gemeinsam trieben sie die Schweine zusammen, während Shep immer noch schlief. Zwanzig Minuten später musste nur noch ein einziges störrisches Ferkel geschnappt werden. Es lief so schnell, wie seine kurzen Beinchen es zuließen, wobei sein kleiner Ringelschwanz wild wackelte und es ohrenbetäubend laut quiekte.
Callie jagte es um den großen Vorderhof und war sichtlich genervt, als das Ferkel zurück auf den jungen Rasen rannte – immer verfolgt von einer laut schreienden Gans, die es gar nicht leiden konnte, wenn irgendjemand sich auf »ihrem« Rasen verlief. Wieder ging es um die Bäume herum, dann in Richtung Pumpe und Gartenschlauch, den ein anderes Ferkel bereits zerstört hatte. Als wäre das alles noch nicht schlimm genug, schien es jetzt auch noch ganz
so, als hätte jemand das Wasser am Schlauch nicht abgestellt, so dass die ganze Nacht hindurch Wasser ausgelaufen war. Jedenfalls war der gesamte Bereich ein Morast.
Das Ferkel hielt an, um die schlammige Schweinerei zu genießen, und steckte sein Schnäuzchen lustvoll hinein. Als es Callie kommen sah, machte es sich bereit davonzulaufen.
Wieso nur hatte sie geglaubt, dass der heutige Tag perfekt werden würde? Aber es war nun einmal Frühlingsanfang, und damit begann auch eine neue Zeit für die Ranch. Jetzt wollte sie dem gegenwärtigen Besitzer beweisen, dass Blue Flame jeden erdenklichen Stress wert war – falls Jake Rawlins jemals auch nur eine Sekunde lang über die Ranch nachgedacht hätte. Was, jede Wette, nie der Fall gewesen war. Und das machte ihr ziemlich zu schaffen, denn sie hätte alles dafür gegeben, Blue Flame zu besitzen.
Doch für diese Gedanken war kein Platz. Jedenfalls nicht heute. Heute sollte eigentlich Callies Tag der Ruhe vor dem Sturm sein. Und wenn die außer Kontrolle geratenen Schweine nicht gewesen wären, hätte sie sich an der Landschaft ringsum nicht satt sehen können. Wie sie diese Gegend und die Ranch liebte, auf der Menschen ihre Ferien in purer Erholung oder auch Mitarbeit verbringen konnten.
Blue Flame war Callies erstes wirkliches Zuhause, und hierher gehörte ihr Herz, ihre Seele, ihr innerstes Wesen. Sie blickte um sich und genoss die Aussicht. Die riesigen, fünfzehnhundert Meter hoch gelegenen Wälder waren seit Jahrhunderten oder noch länger unberührt. Die Dragoonund Chiricahua-Berge, das Sulphur Springs Valley, die Geschichten über Häuptling Cochise, seine mutigen Chiricahua-Apachen und die über den Kriegshäuptling Geronimo und seine Kämpfe gegen die Buffalo Soldiers – das hier war eine ungemein geschichtsträchtige Gegend.
Das Haupthaus hinter ihr hatte seine eigene Geschichte. Einst war es das Wohnhaus eines frühen Siedlers und dessen
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