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Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Titel: Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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aus und ließ mich auf den Aufzugboden fallen, umklammerte meinen Magen mit den gefesselten Händen. Elena flatterte neben mir zu Boden. »Ach, mein armer Liebling, was würde bloß Gabriella sagen, wenn sie dich so sehen müßte? Das würde sie mir nie verzeihen. Ich hoffe, ich komme nicht in den Himmel, wenn ich sterbe, ich könnte es nicht ertragen, wie sie mich anschaut, wenn sie erfährt, daß ich dich in eine solche Patsche gebracht habe. Komm zu Elena, Liebling, komm her, Vicki, lehn den Kopf gegen die arme besoffene Elena, vielleicht fühlst du dich dann ein bißchen besser.«
    Ich setzte mich auf und lehnte den Kopf an ihre Schulter. Ihr knochiger Nacken dämpfte meine Stimme, als ich ihr von der Pistole erzählte. »Wart ab, bis wir hier draußen und im Dunkeln sind, dann zieh sie raus und gib sie mir.«
    Die Angst hatte ihren Verstand geschärft. Sie ließ sich nicht anmerken, daß sie mich verstanden hatte. »Ach, Vicki, ja, alles in Ordnung, Liebling, bloß nicht weinen. So ist es brav.«
    Vielleicht hatte sie mich nicht verstanden. Ich fragte mich, ob ich versuchen sollte, meine Botschaft zu wiederholen, aber der Aufzug war zum Stillstand gekommen, und Ernie zwang mich aufzustehen. Ich umklammerte immer noch meinen Magen und ächzte, schlingerte auf dem Weg hinaus und stolperte über den Beton.
    Wir waren ganz oben auf dem Gebäude in einem offenen Stockwerk. Um uns herum ragten Stahlträger wie schwarze Finger in den dunklen Himmel auf. Wir waren fünfundzwanzig oder dreißig Stockwerke über der Erde. Ein starker Wind brachte die Träger zum Schwanken und mein Mark zum Gefrieren. Der Anblick von nichts als Luft in alle Richtungen machte mir wirklich übel. Ich fiel um, einer Ohnmacht nahe.
    Elena war blitzschnell bei mir, weinte um ihre arme kleine Vicki. Während Ron versuchte, sie wegzuziehen, tasteten ihre knochigen Finger nach der Waffe in meinem Rücken. Er zog Elena hoch, aber sie hatte die Smith & Wesson herausgezogen und ließ sie vor mir fallen. Das laute Geräusch von Metall auf Beton hallte tausendfach in meinen Ohren wider.
    Ernie und Ron begriffen nicht sofort, was passiert war. Das einzige Licht kam aus dem Aufzug. Ich konnte nur das Glitzern des Metalls ausmachen und grabschte wie besessen nach der Waffe. Ich erreichte sie im selben Augenblick, als Ernie mich hochriß. Ich nahm sie in die rechte Hand und entsicherte sie mit dem Daumen. Ich riß mich von Ernie los, drehte mich um und schoß auf ihn.
    Cray stand noch im Aufzug. Als er den Schuß hörte und sah, wie Ernie fiel, machte er die Tür zu und fuhr wieder hinunter. Ron zog Elena zum Rand der Plattform. Ich konnte ihn nur als ein Bündel Finsternis ausmachen, das sich vor dem helleren Schein des Betons bewegte. Ich zwang mich, ihm zu folgen, gegen meinen schwindelnden Kopf anzukämpfen, den Lauf gegen seinen Rücken zu pressen und abzudrücken.
    Einen Meter vom Abgrund entfernt brach Ron zusammen und fiel über Elena. Ich hatte noch nie zuvor einen Menschen getötet, aber so, wie sein Körper dalag, ein dunkler Fleck auf dem Beton zusammengekrümmt, wußte ich, daß er tot war. Ich brachte es nicht über mich, hinzugehen und mich zu vergewissern – was hätte ich getan, wenn er noch am Leben gewesen wäre?
    Meine Tante schlug um sich, versuchte, sich von ihm zu befreien. Das brachte mich schließlich dazu, hinüberzugehen. Schon einen Meter vom Abgrund entfernt wurde mir schwarz vor den Augen. Ich schloß sie, und es gelang mir, Ron vom Oberkörper meiner Tante wegzurollen. Ich schleppte sie zur Mitte der Plattform.
    Hinter uns dräute der Kran. Das blasse Licht des Mitternachtshimmels glitzerte auf dem langen, schwankenden Arm. Ich dachte an das Loch darunter, dreißig Stockwerke bis zum Boden des Aufzugschachts, und mir schauderte.
    Ernie lebte noch. Ich hatte ihm die Schulter zerschmettert. Er verlor so viel Blut, daß er Hilfe wollte, aber er sagte mir auch, es sei ausgeschlossen, daß ich den Aufzug selbst nach oben brachte. Ernie war nicht in der Stimmung, viel zu sagen. Ich versuchte, ihn nach seinen Beziehungen zu Boots und MacDonald zu fragen und danach, warum Roz und er soviel für die beiden taten, aber er sagte nur, ich sei ein neugieriges Miststück, das sich in alles einmische, solle mich um die eigenen Angelegenheiten kümmern, ehe es zu spät sei. Gleichzeitig nahm er es mir übel, daß ich nicht hinunterkletterte – es seien Leitern in die Schächte genagelt worden, wo später Feuertreppen gegossen werden

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