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Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Titel: Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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die alten Rentner gevögelt hast?«
    »Vicki, Baby – Victoria«, verbesserte sie sich hastig. »Red nicht so vulgär – das paßt nicht zu einem Mädchen wie dir.«
    »Elena, laß den Scheiß.« Als sie zum zweiten Tadel ansetzte, rief ich mich schnell zur Ordnung. »Ich meine, hör auf, solchen Unsinn zu reden, und sag mir, warum du um drei Uhr morgens auf der Straße stehst.«
    Sie schmollte noch mehr. »Ich versuch ja, dir das zu erzählen, Baby, aber du unterbrichst mich dauernd. Es hat einen Brand gegeben. Unser reizendes kleines Heim ist abgebrannt. Runtergebrannt zu Schutt und Asche.«
    In den trüb gewordenen blauen Augen stiegen Tränen auf und liefen durch tiefe Furchen zum Kinn. »Ich hatte noch nicht geschlafen und gerade noch Zeit, meine Sachen in die Tasche zu stopfen und die Feuertreppe hinunterzusteigen. Manche haben nicht einmal das geschafft. Der arme Marty Holman mußte sein künstliches Gebiß zurücklassen.« Die Tränen versiegten so plötzlich, wie sie gekommen waren, und sie verfiel statt dessen in schrilles Gekicher. »Du hättest ihn sehen sollen, Vicki, lieber Himmel, du hättest sehen sollen, wie der alte Knacker ausgesehen hat, mit den eingefallenen Wangen und den Glubschaugen, wie er mümmelnd herumgejammert hat: Meine Zähne, ich hab meine Zähne verloren.«
    »Muß urkomisch gewesen sein«, sagte ich trocken. »Du kannst nicht bei mir wohnen, Elena. Das würde mich in achtundvierzig Stunden zum Selbstmord treiben. Vielleicht noch früher.«
    Ihre Unterlippe zitterte wieder, und sie sagte in einer schrecklichen Imitation von Kindergebrabbel: »Sei nicht gemein zu mir, Vicki, sei nicht gemein zur armen alten Elena, die mitten in der Nacht abgebrannt ist. Gottverflucht noch mal, du bist mein Fleisch und Blut, die Kleine meines Lieblingsbruders. Du kannst die arme alte Elena doch nicht auf die Straße hinauswerfen wie eine durchgelegene Matratze.«
    Hinter uns flog krachend eine Tür zu. Der Bankangestellte, der vor kurzem in die nach Norden gelegene Erdgeschoßwohnung gezogen war, trat ins Treppenhaus, die Hände in den Hüften, das Kinn herausfordernd vorgereckt. Er trug einen Baumwollschlafanzug mit marineblauen Streifen; so verschlafen er aussah, sein Haar war tadellos gekämmt.
    »Was zum Teufel ist denn hier los? Vielleicht müssen Sie Ihr Brot nicht mit Arbeit verdienen, Gott allein weiß, was Sie da oben den ganzen Tag lang treiben, aber ich muß arbeiten. Wenn Sie Ihrem Geschäft schon mitten in der Nacht nachgehen müssen, dann nehmen Sie wenigstens etwas Rücksicht auf Ihre Nachbarn und tun es nicht im Hausflur. Wenn Sie nicht sofort Ruhe geben und wie der Blitz von hier verschwinden, ruf ich die Bullen.«
    Ich schaute ihn kalt an. »Ich fabriziere da oben Crack. Das ist meine Lieferantin. Sie können als Komplize festgenommen werden, wenn die Polizei Sie mit uns erwischt.«
    Elena kicherte, sagte aber: »Sei doch nicht so unhöflich zu ihm, Victoria – man weiß nie, wann man mal einen Jungen mit so wunderschönen Augen braucht.« Dem Bankmenschen zugewandt, setzte sie hinzu: »Keine Bange, Herzchen, ich komme jetzt rein. Wir gönnen Ihnen den Schönheitsschlaf.«
    Hinter der geschlossenen Tür der südlichen Erdgeschoßwohnung begann ein Hund zu bellen. Ich knirschte noch etwas heftiger mit den Zähnen und zog Elena ins Haus, nahm ihr den Matchsack ab, als sie unter seinem Gewicht wankte.
    Der Bankangestellte beobachtete uns mit zusammengekniffenen Augen. Als Elena auf ihn zutorkelte, verzog er das Gesicht in blankem Entsetzen, retirierte hastig zu seiner Wohnungstür und fummelte am Schloß herum. Ich versuchte, Elena nach oben zu zerren, aber sie wollte stehenbleiben und über den Bankmenschen reden, von mir hören, warum ich ihn nicht gebeten hatte, ihre Tasche zu tragen.
    »Das wäre der ideale Weg gewesen, daß ihr euch kennenlernt und die Wogen ein bißchen glättet.«
    Ich war nahe daran, vor Verzweiflung zu schreien, als die Tür zur südlichen Erdgeschoßwohnung aufging. Mr. Contreras kam heraus, ein umwerfender Anblick in einem purpurroten Morgenmantel. Die Golden-Retriever-Hündin, die ich mir mit ihm teilte, zerrte am Halsband, aber als das Tier mich sah, ging das kehlige Knurren in aufgeregtes Jaulen über.
    »Ach, Sie sind’s, Engelchen«, sagte der alte Mann erleichtert. »Die Prinzessin hat mich geweckt, und dann hab ich den ganzen Lärm gehört und mir gedacht: Ach du lieber Gott, das Schlimmste ist passiert, mitten in der Nacht bricht einer hier ein. Sie

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