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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Freundin, nicht mehr. Aber er hätte sich natürlich nicht mit einer solchen Annahme begnügen dürfen. Erst vor ein paar Tagen, als einer seiner Mitarbeiter nach Vegas gefahren war, um dort zu heiraten, war Lem schließlich der Gedanke gekommen, Cornell und die Frau könnten zu demselben Zweck nach Vegas gefahren sein. Plötzlich hatte ihre Reise wie eine Flitterwochenreise ausgesehen. Und dann hatte er binnen Stunden herausgebracht, daß Cornell tatsächlich am 11. August in Clark County, Nevada, mit Nora Devon aus Santa Barbara die Ehe eingegangen war. Als er Nachforschungen nach der Frau betrieb, stellte sich heraus, daß ihr Haus vor sechs Wochen verkauft worden war, kurz nachdem sie mit Cornell verschwunden war. Und als er den Verkauf näher überprüfte, entdeckte er, daß ihr Anwalt, Garrison Dilworth, sie dabei vertreten hatte. Lem hatte gedacht, er habe es Cornell erschwert, ein Leben auf der Flucht zu führen, indem er seine Konten sperrte; jetzt fand er heraus, daß Dilworth mitgeholfen hatte, zwanzigtausend aus Cornells Bank herauszuholen, und daß auch der gesamte Erlös aus dem Verkauf des Hauses irgendwie an die Frau überwiesen worden war. Außerdem hatte sie vor vier Wochen durch Dilworth ihre Konten bei der hiesigen Bank auflösen lassen, und auch dieses Geld befand sich in ihren Händen. Sie und ihr Mann und der Hund verfügten jetzt möglicherweise über hinreichende Mittel, um jahrelang versteckt zu bleiben.
    Lem stand auf dem Pier und starrte auf die sonnenbeschienene See hinaus, die rhythmisch gegen die Poller klatschte. Die Bewegung machte ihm übel. Er blickte zu den kreisenden, krächzenden Möven empor. Doch statt daß ihn ihr eleganter Flug beruhigte, wurde er eher noch gereizter. Garrison Dilworth war intelligent, schlau, der geborene Kämpfer. Jetzt, da die Verbindung zwischen ihm und den Cornells aufgedeckt worden war, hatte der Anwalt versprochen, er werde die NSA gerichtlich dazu zwingen, Travis' Konten freizugeben.
    »Sie haben gegen den Mann keine Anklage erhoben«, hatte Dilworth gesagt.
    »Was für ein Jammerlappen von Richter hat Ihnen die Vollmacht gegeben, seine Konten zu sperren? Die Gesetz zu manipulieren und einem unschuldigen Bürger Schwierigkeiten zu machen, ist gewissenlos.« Lem hätte Anklage gegen Travis und Nora Cornell erheben können -wegen Verletzung aller möglichen Gesetze, die zum Schutz der nationalen Sicherhe it existieren, und es so Dilworth unmöglich machen können, den Flüchtlingen weiterhin zu helfen. Aber eine solche Anklage hätte auch bedeutet, daß die Medien aufmerksam wurden. Und dann würde die hanebüchene Geschichte vom Panther, den Cornell sich als Haustier hielt - und vielleicht die ganze Tarnaktion der NSA -in sich zusammenbrechen wie ein Kartenhaus in einem Gewitter. Seine einzige Hoffnung bestand darin, daß Dilworth versuchen würde, mit den Cornells Verbindung aufzunehmen, um ihnen mitzuteilen, daß seine Beziehung zu ihnen jetzt aufgedeckt worden sei und etwaige Kontakte in Zukunft sehr viel vorsichtiger stattfinden müßten. Wenn Lem Glück hatte, würde er dann die Cornells über deren Telefonnummer ausfindig machen können. Aber große Hoffnung, daß es so leicht gehen würde, hatte er nicht. Dilworth war kein Narr. Lem sah sich im Jachthafen von Santa Barbara um und versuchte sich zu entspannen, denn er wußte genau, daß er gelöst und frisch sein mußte, wenn er den alten Anwalt übertölpeln wollte. Hunderte von Booten an den Piers mit eingerollten oder verstauten Segeln tänzelten sanft in der Dünung, andere Boote mit gehißten Segeln schwebten ruhig auf die offene See hinaus, Menschen in Badeanzügen sonnten sich auf den Decks oder nahmen den ersten Cocktail zu sich. Die Möven huschten wie die Nadeln einer Stickerin über die blauweiße Decke des Himmels, und Männer standen am steinernen Wellenbrecher und fischten. Die Szene war so beschaulich, daß es einem beinahe weh tat, aber zugleich war es auch ein Bild der Muße, einer ungeheuren, geplanten Muße, mit der Lem Johnson sich nicht identifzieren konnte. Für Lem war zuviel Muße eine gefährliche Ablenkung von den kalten, harten Realitäten des Lebens, von der Welt des Wettbewerbs. Jede Muße, die länger als ein paar Stunden dauerte, machte ihn nervös und erzeugte in ihm den Drang, zur Arbeit zurückzukehren. Hier gab es Muße, die sich in Tagen, in Wochen messen ließ; hier, auf diesen teuren und liebevoll gepflegten Booten, herrschte Muße, meßbar an monatelangen

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