Brandzeichen
Kummer bereitet. Er glaubt, ich könnte nicht an ihn heran, weil er politisch über gute Verbindungen verfügt und gut bewacht wird. Sein Name ist Ramon Velazquez. Das wird ein schwieriger Auftrag, Vincent.« Vince verbarg seine Enttäuschung und sein Mißvergnügen. Im Augenblick war er nicht daran interessiert, einen schwierigen Hit zu übernehmen. Er wollte sich ganz darauf konzentrieren, Travis Cornell und den Hund aufzuspüren, aber er wußte, daß Tetragnas Kontrakt mehr eine Forderung war als ein Angebot. Um die Namen der Leute genannt zu bekommen, die falsche Papiere verkauften, mußte er zuerst Velazquez erledigen. Also sagte er:
»Es wäre mir eine Ehre, jedes Insekt zu zerquetschen, das Sie gestochen hat. Und diesmal ohne Honorar.«
»Oh, ich würde darauf bestehen. Sie zu bezahlen, Vincent.« Vince lächelte so gewinnend, wie er das konnte, und sagte:
»Bitte, Don Tetragna, lassen Sie mich Ihnen diesen Gefallen erweisen. Es wäre mir ein außerordentliches Vergnügen.« Tetragna gab sich den Anschein, als müßte er überlegen, obwohl er genau das erwartet hatte - einen Gratishit als Gegenleistung dafür, daß er Vince half. Er legte beide Hände auf seinen mächtigen Bauch und betätschelte diesen.
»Ich bin ein so glücklicher Mann. Wohin auch immer ich mich wende, überall wollen die Menschen mir Gefälligkeiten und Freundlichkeiten erweisen.«
»Nicht glücklich, Don Tetragna«, sagte Vince, dem die gekünstelte Konversation anfing auf die Nerven zu gehen.
»Sie ernten, was Sie säen. Und wenn Sie Freundlichkeiten ernten, dann wegen der größeren Freundlichkeiten, die Sie vorher gesät haben.«
Strahlend akzeptierte Tetragna sein Angebot, Velazquez gratis zu erledigen. Die Nüstern seiner an ein Schwein erinnernden Nase blähten sich, als hätte er einen Leckerbissen gerochen, und er sagte:
»Aber jetzt sagen Sie mir... nur, um meine Neugierde zu befriedigen: Was werden Sie mit diesem Mann tun, wenn Sie ihn fangen, diesem Mann, mit dem Sie eine persönliche Vendetta haben?«
Ihm das Hirn aus dem Schädel blasen und mir seinen Hund schnappen, dachte Vince.
Aber er wußte, was >der Schraubenzieher hören wollte: dieselben harten Sprüche, die alle diese Burschen von ihm hören wollten, ihm, dem von ihnen am meisten geschätzten bezahlten Killer, und so sagte er:
»Don Tetragna, ich habe vor, ihm die Eier, die Ohren und die Zunge abzuschneiden -und erst dann werd' ich ihm einen Eispickel durchs Herz treiben und seine Uhr zum Stehen bringen.«
Die Augen des fetten Mannes glitzerten zustimmend. Seine Nüstern blähten sich.
Bis zum Thanksgivingtag hatte der Outsider das Haus in Big Sur noch nicht entdeckt.
Jede Nacht schlossen Travis und Nora die Läden an der Innenseite der Fenster. Sie verriegelten die Türen, und wenn sie sich im Obergeschoß schlafenlegten, dann hatten sie Schrotflinten neben dem Bett und Revolver auf den Nachttischen liegen.
Manchmal wurden sie in den ruhigen Stunden nach Mitternacht von seltsamen Geräuschen im Hof oder auf dem Terrassendach geweckt. Einstein tappte von Fenster zu Fenster, schnüffelte, zeigte aber dann stets an, daß sie nichts zu befürchten hätten. Bei weiterer Nachforschung fand Travis dann gewöhnlich einen herumstreunenden Waschbären oder ein anderes Tier aus dem Wald.
Travis genoß das Thanksgivingfest mehr, als er das angesichts der Umstände erwartet hatte. Er und Nora kochten für sie drei ein opulentes traditionelles Essen: Truthahnbraten mit Kastaniensoße, einen Muschelauflauf, glacierte Karotten, gebackenen Mais, Krautsalat mit viel Pfeffer, Croissants und Kürbispastete. Einstein probierte von allem. Trotzdem war er immer noch ein Hund; der stark gepfefferte Krautsalat war das einzige, dem er totale Abneigung entgegenbrachte, und den Truthahn zog er allem anderen vor. An jenem Nachmittag verbrachte er viel Zeit damit, zufrieden an einer Keule zu nagen. Im Laufe der Wochen hatte Travis bemerkt, daß Einstein wie die meisten Hunde gelegentlich in den Hof hinauslief und etwas Gras fraß, obwohl es manchmal so aussah, als widerstehe es ihm. Am Thanksgivingtag tat er das wieder, und als Travis ihn fragte, ob ihm das Gras eigentlich schmecke, verneinte Einstein das.
»Warum willst du es dann manchmal fressen?«
BRAUCHE ES.
»Warum?«
WEISS NICHT.
»Wenn du nicht weißt, wozu du es brauchst, woher weißt du dann überhaupt, daß du es brauchst? Instinkt?«
JA.
»Bloß Instinkt?«
HÖR AUF.
Am Abend saßen sie alle drei auf
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