Brans Reise
entströmte.
Schließlich weckten ihn die Rufe.
»Erzähl! Erzähl!« Er erkannte die Stimmen von Dielan und Gwen, doch sie mischten sich mit so vielen anderen.
Bran richtete sich auf und rieb sich die Augen. Turvi hinkte um das Feuer herum und beruhigte die Menschen, ehe er vor Dielans Füßen zu Boden sank. Jetzt war es still um das Feuer, auch wenn die Tirganer im restlichen Hafen feierten, tanzten und tranken. Bran stand auf und ging zum Feuer vor. Unter Turvis stolzen Blicken sprach er zu seinem Volk und seinen Kriegern über den Kriegszug. Er erzählte, wie er den Inselkönig und dessen Sohn getötet hatte, von den Schlachten und der Flucht durch das Land. All das teilte er mit ihnen, doch nicht die Worte, die Cernunnos ihm gegeben hatte. Als er fertig war, erhob Tarba noch einmal seinen Krug.
»Hast du den Sturmrand im Westen gesehen?«, fragte Dielan, als Bran sich wieder neben Tir fallen ließ. »Die roten Wellen?«
Bran schüttelte den Kopf. Er wünschte sich nur, dass ihn sein Bruder jetzt nicht mit so etwas belastete. Doch Dielan wollte nicht aufhören.
»Du musst bald entscheiden, wohin wir segeln sollen, wenn der Frühling kommt.« Er sah zu Nosser hinüber. »Die Männer müssen wissen, dass du nicht daran denkst, hier zu bleiben.«
»Wir müssen wissen, dass du einer von uns bist.« Turvi schob sich näher zu Bran und Dielan heran, lächelte Tir an und starrte Bran in die Augen. »Denn das bist du doch wohl, Häuptling?«
Bran legte seine Arme um Tir. Konnte Turvi denn nicht verstehen, dass er nicht danach fragen sollte, wenn sie dabei war? Er wollte mit ihr sprechen, ehe er erzählte, wann und wohin das Felsenvolk Weiterreisen würde. »Ich brauche Zeit, um nachzudenken«, sagte er. »Heute Abend will ich… «
Da erblickte er ihn. Velar stand mit dem Rücken zum Feuer. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt, und seine blonden Haare standen wie eine Kapuze um seinen Kopf herum. Er beugte sich vor und spuckte auf das Fell vor Tir.
Bran traute seinen Augen nicht. Ein Mann seines eigenen Volkes verhöhnte seine Frau. Nicht einmal in den ältesten Geschichten wusste man von einem solchen Unrecht zu berichten.
»Bist du zufrieden?« Velar sprach langsam, und sein Mund kämpfte mit den Worten. »Unsere Frauen waren dir wohl nicht gut genug.« Er deutete auf Tir, beugte sich vor und fletschte die Zähne. »Sie ist ein Trollweib!«
Bran spürte, wie das Blut hinter seiner Stirn zu kochen begann. Er stellte sich vor sie und ballte die Fäuste. Velar trat einen Schritt zurück und rief den Männern zu: »Bran ist nicht länger einer von uns! Ich sollte Häuptling sein!«
Jetzt erhob sich auch Dielan. Er packte Velar am Kragen, doch dieser trat ihm ans Knie und stieß ihn weg. Da zog Bran sein Messer und sprang zu ihm vor, doch Nosser, Kaer und Kai warfen sich zwischen sie.
Turvi hinkte zu ihm vor. »Du weißt nicht, was du sagst, Velar. Du bist voll!«
Bran umklammerte den Rücken des Alten, der beinahe gestürzt wäre. Er setzte ihn zu Tir, doch er wagte es nicht, sie anzusehen. Denn er wusste Velars Herausforderung richtig einzuschätzen. Er hatte sich ihm widersetzt und sich selbst in Anwesenheit des ganzen Stammes als Häuptling ausgerufen.
Bran stellte sich, das Messer über dem Kopf, ans Feuer. Er warf einen raschen Blick auf Hagdar und Turvi. Beide bekundeten mit einem Kopfnicken ihr Einverständnis.
»Ich will den Kampf der Häuptlinge!« Bran warf seinen Pelzumhang ab. Die Tirganer murmelten. Tir rief ihm etwas zu, doch er wollte nicht hören, was sie sagte.
Die zwei wurden hinunter auf das Eis geführt, und Turvi erklärte den Tirganern den uralten Brauch des Felsenvolkes. Vare fand es falsch, dass Tirs Mann kämpfen sollte, doch nicht einmal Visikal konnte den Zweikampf verhindern. Sie versammelten sich an der Kaimauer und sahen, wie sich die zwei Männer Brust an Brust aufstellten. Dielan spannte einen Riemen um sie, so dass sie an den Hüften fest verbunden waren. Jeder der beiden umklammerte den Arm des Gegners, in dem dieser das Messer führte, und als Turvi mit der Krücke gegen die Kaimauer schlug, begann der Kampf.
Bran hatte einen leichten Sieg erwartet. Der Krieg hatte ihn zu töten gelehrt, und nach all den Kämpfen erschien ihm Velar ein lächerlicher Gegner zu sein. Er dachte, er könne sein Messer in den angetrunkenen Mann stoßen, ehe dieser überhaupt verstand, was geschah. Velar aber war stark. Er kämpfte und rang mit der ganzen Stärke seiner
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