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Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Titel: Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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sagte Pierres Mutter. „Doch glauben Sie, daß Ihr Vater Pierre auch so gern aufnehmen wird?“
    „Das wird er“, sagte ich mit Überzeugung.
    „Sie wissen, Pierre ist alles, was ich habe.“ Dies kam still von Madame Henriques. „Mein größter Wunsch im Leben ist, daß er glücklich wird.“
    Ich nickte.
    „Vati sagt genau dasselbe von mir. Er hat oft gesagt, daß ich sein ein und alles auf der Welt wäre.“
    „Dann ist es ja möglich, daß Ihr Vater und ich einander verstehen werden“, sagte sie mit einem kleinen Lächeln.
    Ehe ich wegging fragte ich, ob sie und Pierre uns besuchen würden, wenn Vati zurück war.
    „Ganz gewiß, kleine Britta“, sagte sie.
    Sie sprach meinen Namen so ulkig aus, daß ich lächeln mußte.
    Als ich ihr die Hand zum Abschied reichte, legte sie den Arm um mich und küßte mich auf beide Wangen.
    So war es hier Sitte. trotzdem: ich freute mich, daß sie es tat. Auf dem Heimweg in der Metro überlegte ich, wie herrlich es sein müßte, wieder eine Mutter zu haben. Ohne eine Mutter zu sein, ist nicht leicht für ein sechzehnjähriges Mädchen, selbst wenn es den
    allerreizendsten Vater und die rührendste Großmutter hat.
    In Gedanken versunken trabte ich in Colombes den Weg von der Station nach Hause. Erst dicht vor unserem Haus bemerkte ich, daß jemand auf der Treppe saß, sich erhob und mir entgegenkam.
    „Nun sag bloß, was führst du für ein ausschweifendes Leben!“ sprach dieser Jemand in waschechtem Dänisch. „Jetzt habe ich schon zwei Stunden auf der Treppe gesessen und auf dich gewartet.“
    Ich flog ihr entgegen und breitete meine Arme aus.
    „Liebe Ellen, liebe, allerliebste Ellen!.“
    „Ich wurde heute morgen aus dem Krankenhaus entlassen“, erzählte sie, nachdem ich sie ins Haus gezogen, ihr das Gepäck abgenommen hatte und den Mantel aufhängte. „Dann sprang ich in ein Taxi, fuhr nach Hause, holte den Koffer und nahm rasch den Zug nach Hamburg, dort in ein Flugzeug, und jetzt bin ich hier.“
    „Ellen, du bist ein Engel!“
    „Nein, noch nicht“, lachte Ellen. „Fast begann ich zu glauben, ich würde einer, als mein Hals wie ein Fußball geschwollen war. Doch ich habe mich anders besonnen, ich will noch ein bißchen warten. Zuallererst will ich mit dir Paris anschauen und vorher möchte ich etwas zu essen haben, falls du gegen jegliche Vermutung etwas im Haus hast.“
    „Gegen jegliche Vermutung, du Affe! Natürlich habe ich etwas im Haus.“
    Ellen ging mit mir in die Küche. Es war ein wunderbares Gefühl, Schränke und Schubladen öffnen zu können, ohne sich zu schämen. Alles war sauber und ordentlich.
    „Jetzt bin ich platt“, sagte Ellen, „du bist eine perfekte Hausfrau geworden!“
    „Ich bin dabei, es zu werden. Die Hausarbeit macht einen Mordsspaß!“
    „Und das ist Britta Dieters!“
    „Ja, sie ist es.“
    „Wenn ich an dein Zimmer zu Hause denke, wie es aussah, ehe Omi es aufgeräumt hatte!“
    „Aber jetzt habe ich keine Omi, die aufräumt, siehst du! Was möchtest du essen, Ellen? Ich habe leider kein frisches Brot im Haus, aber hier ist ein Paket deutsches Vollkornbrot von gestern. Willst du Spiegeleier haben? Käse und Obst habe ich auch. Tee oder Kaffee?“
    Ellen sah mich an und schüttelte den Kopf.
    „Ich glaubte, daß ich als rettender Engel käme. in ein vernachlässigtes Haus, zu einem unglücklichen Mädchen. Statt dessen finde ich eine strahlende kleine Hausfrau in einem tadellosen Haushalt vor. Wenn das nicht die größte Überraschung meines Lebens ist! Ich kann ja sofort zurückfahren, denn hier werde ich nicht gebraucht!“
    „Und ob du gebraucht wirst! Ich bin so überfroh, daß ich es dir gar nicht sagen kann. Du, ich richte jetzt dein Bett. Willst du ein eigenes Zimmer haben oder zu mir hereinkommen?“
    „Leg mich ruhig zu dir. Wenn dein Vater kommt, muß er das andere Zimmer haben. Wann kommt er übrigens?“
    „Wenn ich das bloß wüßte! Er glaubt ja, daß du am 20. Mai wieder zurückmußt, vor dieser Zeit wird er also bestimmt kommen.“ „Heute ist der zehnte!“
    „Vielen Dank, ich weiß! Du kannst dir vielleicht denken, wie froh ich bin, daß du endlich gekommen bist!“
    Ellen sah mich forschend an. Sie hatte scharfe Augen und einen sehr guten Instinkt.
    „Wie heißt er?“ fragte sie plötzlich.
    „Wer?“
    „Er. Der, in den du dich verliebt hast. Der, der deinen Augen diesen Glanz gegeben hat, der, dem du zu verdanken hast, daß du erwachsen bist. Oder weißt du vielleicht nicht, daß

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