Brautraub (German Edition)
hätte er ihr längst eine Sklavenfessel um den Hals gelegt und sie Tarl vergessen lassen. Sein Schwager Brock hatte ihn schon wegen seiner Schwäche für die Menschenfrau aufgezogen. Vielleicht sollte Hor sie sich aus dem Kopf schlagen. Der Zeitpunkt, sich zu verlieben, hätte nicht ungünstiger fallen können. Hor war ein Urielle-Krieger und Urielle liefen keinen Frauen hinterher. Er tat besser daran, seine Aufmerksamkeit auf die feindlichen Kromis-Vorposten zu richten, die seinen Heimatplaneten bedrohten.
Aber derzeit gab es für ihn nicht viel zu tun. Der Patarinrat der ul`chanischen Freibeutergilde, zu der der Planet Urielle gehörte, ließ sich Zeit mit seiner Entscheidung, was gegen die Kromis unternommen werden sollte. Ohne Unterstützung anderer Verbündeter war ein Erstschlag gegen die Insekten ein unwägbares Risiko. Bisher hatte die Gildeführung aber keine der anderen Machtgruppen der ul`chanischen Konföderation für ihre Sache interessieren können, obwohl sie fieberhaft bei ihren Bündnispartnern um Beistand rang.
Einige ul`chanische Machtgruppen gönnten es der Gilde sogar, von den Kromis einen Dämpfer verpasst zu bekommen. Solange die Konföderation selbst nicht gefährdet war, würden sie keinen Finger für die Gilde bei der Verteidigung einiger unwichtiger Grenzwelten rühren. Deshalb hielten sich sogar die stets kampfbereiten Urielle mit vorschnellen Kriegsforderungen zurück.
Hor ging zu einem der Bücherregale. Vergeblich suchte er nach dem Roman, der gestern noch dort gestanden hatte. Er hätte das Buch doch in sein Quartier mitnehmen sollen. Missmutig verließ Hor die Bibliothek und schlug wohl oder übel ohne Lesestoff den Weg zum Badehaus ein.
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"Das menschliche Mädchen scheint nicht zu wissen, dass zur Stunde der Schatten Frauen im Badehaus nicht erwünscht sind", bemerkte Patarin Brock, der neben Hor seinen Tee einnahm.
"Sie steht etwas unschlüssig da", schmunzelte Hor. Er knotete sein Handtuch um die nur von einem Lendentuch bedeckten Hüften und eilte zu Annett.
Neugierig sah Brock ihm hinterher.
Schüchtern raffte Annett ihr großes Handtuch enger um ihren Körper. Sie hatte das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. Das Badehaus war nur von Männern und wenigen Kriegerinnen belegt. Kein Kindergeschrei störte die ruhige Zurückgezogenheit der Männer, keine zivile Frau lenkte sie von ihren Tätigkeiten ab. Die Männer tranken Tee, spielten Karten, lasen oder massierten einander die Körper. Manche trainierten an Geräten. Die Atmosphäre im Raum wirkte auf Annett fast friedlich. Aber der Anblick der fremdartig wirkenden nackten ul`chanischen Männerkörper, an mehreren Stellen mit bunten Hornschuppen versehen, macht ihr schlagartig klar, dass sie sich allein unter Männern einer gefürchteten Kriegerspezies befand. Schon wollte sie sich in ihre Kabine zurückziehen, als ein großer, bezopfter Krieger ihr den Weg versperrte. Er stemmte seinen Arm gegen die Wand und stellte sich dicht vor sie. "Annett!", raunte er mit seiner tiefen Stimme.
"Bitte!", murmelte sie erschreckt. Er rückte gnädig etwas von ihr ab.
"Um diese Zeit solltest du nicht in das Badehaus gehen, Menschenfrau."
"Ja", hauchte sie.
"Aber jetzt, wo du schon einmal hier bist, kannst du einen Tee mit mir nehmen."
Annett wand sich. Einige Male hatte er sie in den vergangenen Tagen auffällig lange angestarrt, aber es war ihr immer gelungen, ihm aus dem Weg zu gehen.
"Nun?!", fragte er provozierend.
"Ich kenne dich doch überhaupt nicht!"
"Ich bin Hor, Darmon vom Volk der Urielle.
"Lieber nicht!", meinte sie und schlüpfte schnell in ihre Kabine.
Hor kehrte zu seinem Platz zurück.
"Die Menschenfrau scheint sich nicht für dich begeistern zu können", lachte Brock.
"Ach!"
"Sie wird bald zur Planetenliga zurückkehren, ihr Praktikum bei Lady Qara ist abgelaufen."
"Dann wird es Zeit, zu handeln", knurrte Hor.
"Menschen sind zart", wandte Brock ein.
"Sie gebären kräftige Kinder mit ausreichend vielen imperialen Körperzeichen. Sieh dir Qara an, sie ist halb Mensch. Niemand würde ihre Zugehörigkeit zu den Kindern Uls bezweifeln."
Brock beugte sich vor. "Was hast du vor?"
"Gestatten Sie mir eine Brautentführung, Patarin?", fragte Hor förmlich.
"Diese menschliche Frau steht unter dem Schutz des Hauses Nga`Vron", wandte Brock stirnrunzelnd ein.
" Um so größer ist der Ruhm, den man durch eine Entführung erringen kann", beharrte Hor. "Ein Brautraub ist nichts Ehrenrühriges."
"Lady Qara hat einen neuen
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