Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)
»Wir müssen sie zumindest irgendwo hinbringen, wo sie gut aufgehoben ist. Vielleicht finden wir ja andere Ausgestoßene, die ihr zu essen abgeben.«
Da dreht sich Alina um und schaut erst die alte Frauund dann mich an. In ihren Augen liegt nicht mehr ganz so viel Wut.
»Wenn ihr mich hierlasst, brüll ich wie am Spieß, sobald der nächste BREATHE-Konvoi vorbeikommt«, warnt Maude, aber niemand antwortet. Die Drohung ist nicht wirklich ernst zu nehmen.
»Die wird unterwegs garantiert wieder aggressiv. Sorry, das ist mir zu riskant.«
»Nicht, wenn wir dich begleiten«, schlägt Quinn vor. »Wir würden dir gern helfen.«
Ich habe zwar nicht das geringste Interesse, Alina zu helfen, aber wie kann ich umkehren, wenn es so viele Dinge gibt, die ich nicht weiß? Jetzt will ich alles erfahren. Haarklein. Über die Kuppel. Über das Ministerium. Und über die Alternativen zu all dem.
»Ja, wir begleiten dich. Ob du willst oder nicht.« Trotzig strecke ich mein Kinn vor und versuche, tough auszusehen. Zumindest tougher, als ich mich fühle. »Und Maude Blue nehmen wir auch mit.«
QUINN
Wir sind schon über zwei Stunden gelaufen, wovon ich die erste Stunde auf Alinas Hintern geglotzt und die andere Stunde versucht habe, ihr nicht auf den Hintern zu glotzen. Ich muss echt aufpassen, dass sie mich nicht ertappt, wenn sie sich umdreht. Sie ist garantiert nicht der Typ Mädchen, der bei so was lange fackelt. Bestimmt schlägt sie sofort zu.
Old Maude Blue mit ihrem entsetzlichen Gestank und ihrem zotteligen Haar keucht nur so hinter ihrer Atemmaske, aber Alina denkt gar nicht daran, das Tempo zu drosseln. Und so muss Maude wohl oder übel hinter ihr herrennen, denn die Sauerstoffflasche, die sie jetzt trägt – meine Ersatzflasche –, ist an Alinas Handgelenk befestigt. Ich war ziemlich beeindruckt von Bea, als sie mit dieser Idee ankam: Auf diese Weise hat die alte Frau keine Möglichkeit abzuhauen und uns dann irgendwann hinterrücks zu überfallen. Im Vergleich zu der modrigen Luft, die sie die ganzen Jahre geatmet hat, fühlt sich die Luft aus meinem Ersatztank wahrscheinlich an wie flüssiges Gold, aber das nützt ihr offenbarauch nicht viel: Sie ist alt und klapprig und sicher gar nicht mehr daran gewöhnt, größere Strecken zu laufen. Irgendwie tut sie mir leid.
Aber noch mehr leid tut mir natürlich Bea, denn die ist so viel Bewegung auch nicht gewöhnt. Ich dagegen schon, denn mein Vater kann es sich leisten, mich zum Sport zu schicken.
»Alles klar?«, frage ich und klopfe Bea auf die Schulter. Sie nickt, während sie über eine umgestürzte Parkuhr steigt. Der Regen hat etwas nachgelassen, aber Bea hat die Kapuze ihrer Regenjacke immer noch aufgesetzt, wahrscheinlich zum Schutz vor dem schneidenden Wind.
Sie scheint mich gar nicht richtig wahrzunehmen. Stattdessen wendet sie sich an Alina: »Also kann man sagen, dass wir alle Gefangene sind?«, fragt sie.
Ich weiß, dass ich Alina antworten lassen sollte, wenn ich mir nicht sofort alle Chancen bei ihr verderben will, aber ich lasse sie trotzdem nicht zu Wort kommen. »Blödsinn«, beeile ich mich zu sagen, obwohl ich die Korruption in der Kuppel gerade eben erst am eigenen Leib erlebt habe und mir vorstellen kann, dass das Ministerium noch zu ganz anderen Mitteln greift, um seine Macht zu erhalten. Dennoch werfe ich mich für BREATHE in die Bresche. »Wenn mein Vater von diesen Dingen wüsste, würde er was dagegen unternehmen. Vielleicht sollten wir zurückgehen und es ihm erzählen? Er kennt den Präsidenten. Du solltest dich mit deiner Sache ganz nach oben wenden, anstatt wegzulaufen.«
Maude kichert, Alina schnaubt und Bea zuckt dieAchseln. Sie glauben das nicht. Und ich selbst glaube es ebenso wenig. Trotzdem frage ich: »Warum sollten sie chemisch hergestellte Luft einatmen, wenn sie echte Luft haben könnten?«
»Weil BREATHE dann überflüssig wäre. Alle Bewohner würden die Kuppel sofort verlassen und sich draußen ein neues Leben aufbauen. Und was, bitte schön, sollen die ganzen Verwaltungsbonzen und Politiker dann machen?«, fragt Alina. »Ihr bequemes Leben fußt doch darauf, dass wir ohne sie nicht überleben können. Und um sicherzustellen, dass wir niemals abhauen, pumpen sie mehr Sauerstoff in die Kuppel, als benötigt wird.«
»Also, das stimmt ja nun nicht«, widerspreche ich. »Sie berechnen doch jeden zusätzlichen Sauerstoffverbrauch haarklein. Sauerstoff ist teuer.«
»Das stimmt. Ist er. Aber sie geben uns genügend
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