Brennendheiße Sehnsucht
Bräutigams musste für Aufregung sorgen, auch wenn sie sich untadelig verhielt. Die Nachricht, sie habe die öffentliche Demütigung nicht verwunden und halte sich im Dschungel Neuguineas versteckt, war nur ein Gerücht gewesen. Sie trat frei und unbefangen auf – in einem eleganten zart pinkfarbenen Designerkostüm. Ein extravaganter Hut, dessen breite Krempe auf einer Seite von mehreren Blüten blassgelber Seidenrosen beschwert wurde, schützte ihr Gesicht vor der glühenden Sonne und ließ seine Schönheit nur ahnen. Allein die klassisch geschnittene Nase trat etwas hervor. Der Versuch, sie in ihrer Vollkommenheit nachzubilden, hätte jedem Schönheitschirurgen ein Vermögen eingebracht.
Die meisten Menschen kannten dieses Gesicht, aber Callum MacFarlane, dessen Ranch Jingala weit weg im fernen Channel Country lag, war es fremd. Es erschien jeden Abend im Fernsehen, wenn Miss Wyatt die Sechsuhrnachrichten vortrug – zusammen mit Jack Matthews, der hinter den Kulissen gegen sie intrigierte.
„Es ist diese schreckliche Amber Wyatt“, zischte Rosemary mit verzerrtem Gesicht, was keinen guten Eindruck machte. Normalerweise flößte sie ihrer Umgebung gewaltigen Respekt ein.
Callum blieb nichts anderes übrig, als sich von den Bildern zu trennen, die ihm seine Fantasie über eine so außergewöhnliche Frau vorgaukelte. Trotz aller aufgebauten Abwehrmechanismen verspürte er plötzlich ein heftiges Verlangen, das er schleunigst unterdrückte. Mehr als ein paar Minuten Ekstase kamen sowieso nie dabei heraus.
„Herrgott, Cal!“ Ein Verwandter, der in der Nähe stand, kam Rosemary zu Hilfe. „Jeder weiß, wer sie ist. Sie …“
„Schon gut, schon gut. Ich habe verstanden.“
Diese berückende Person mit den schönsten Beinen von ganz Australien war also die Frau, der Sean Sinclair wegen Georgette den Laufpass gegeben hatte. Wunder über Wunder! Dahinter konnte nur reine Geldgier stecken. Miss Amber Wyatt sitzenzulassen! Callum wusste, was das bedeutete. Man musste es nur einmal erlebt haben, um es nie wieder zu vergessen. Brooke Rowlands hatte ihn mindestens so schlecht behandelt, aber er hatte es ihr durchgehen lassen und nur die Verlobung gelöst. Während er mit einer Wirtschaftsdelegation in Japan Gespräche führte, war sie mit einem Polofreund zu einem Kurzurlaub nach Bangkok abgedüst. Ade, Verlobte, ade, Polofreund! Inzwischen war er aus dem Tief heraus, aber über Frauen machte er sich keine Illusionen mehr.
Über Sean Sinclair allerdings auch nicht. Er war ein typischer Mitgiftjäger. Callum hatte Georgette gern, doch ihr Charme reichte bei Weitem nicht aus, um einen Mann von Amber Wyatt wegzulocken. Seine Cousine war nicht der Typ, der es sich hätte leisten können, einen Antrag von George Clooney abzulehnen!
Beim Familiendinner am Vorabend hatte Callum gehört, dass Miss Wyatt kürzlich für eine Sendung über Straßenkinder ausgezeichnet worden war. Das hatte ihr Selbstbewusstsein zweifellos gestärkt, aber mit ihrem heutigen Erscheinen verletzte sie alle Regeln der Hochzeitsetikette. War das Absicht? Immerhin hatte sie seine lieben Verwandten aus ihrer eitlen Selbstgefälligkeit aufgeschreckt. Alles war so angenehm glatt verlaufen – und jetzt das!
Wie konnte er mir das antun? Im ersten Augenblick wollte Amber am liebsten kehrtmachen und weglaufen. Die neidischen Götter, die mit den Menschen spielten, hätten das zweifellos gern gesehen, aber sie würde ihnen den Gefallen nicht tun. Sie würde sich beherrschen, obwohl sie nie etwas Dümmeres und – ehrlich zugegeben – Unmöglicheres getan hatte. In eine Hochzeit hineinzuplatzen war unverzeihlich, selbst für eine verlassene Verlobte. Am besten schob sie alles auf ein verspätetes Trauma. Das kam heutzutage gut an. Sogar die Richter nahmen solche Fälle ernst.
Ohne sich etwas anmerken zu lassen, stieg Amber die letzten Stufen hinauf. In dieser Kirche hatten Sean und sie heiraten wollen. Welche Gefühllosigkeit! Er durfte einfach nicht ungestraft davonkommen. Jedes Verbrechen musste gesühnt werden. Und die Braut? Georgette Erskine wurde offensichtlich nicht von Gewissensbissen geplagt, weil sie einer anderen Frau den Mann wegnahm. Das machte sie ebenso strafwürdig.
Amber trug keinen Ring mehr. Sie hatte Sean den Verlobungsring mit Kurier zurückgeschickt. Hätte sie den Stein prüfen lassen, wäre der Diamant vermutlich als Zirkon entlarvt worden. Halt suchend griff sie nach dem Träger ihrer Chanel-Umhängetasche. Vor allem durfte
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