Bride Trilogie 01 - Bluete der Zaertlichkeit
lang schloss sie die Augen. Ein Schatten huschte über das schöne Antlitz. »Nein«, flüsterte sie. »Es bleibt kaum noch Zeit.«
Es fiel ihm nicht leicht, seine Stimme zu beherrschen. »Zeit genug, um dich nach Hause zu bringen, so wie ich es dir versprochen habe.«
»Ja, aber ich dachte nicht, dass du es ernst meintest. Dass sich ein junger Lord dazu herablässt, seine alte Geliebte zu begleiten ... unfassbar!« Mit der freien Hand wischte sie die Tränen von ihren Wangen. »Diabolo! Ich weine jetzt viel zu schnell. Wie kann ich das alles von dir annehmen, mi corazön, mein Herz?«
Nie hatte sie begriffen, wie viel er ihr verdankte. Constancia de las Torres war noch sehr jung, als sie durch den Krieg aus ihrem Haus vertrieben und zu alldem noch vergewaltigt wurde. Sie hatte überlebt, auf dem einzig möglichen Weg, der einer jungen schönen Frau offen stand, die mittellos und allein war. Später, während des Krieges, hatte sie einen britischen Offizier als Geliebte nach England begleitet. Als die Affäre endete, wurde sie eine Londoner Kurtisane, die als La Paloma, die Taube, bekannt war.
Sie war mehr als doppelt so alt wie Kyle, als er als Achtzehnjähriger und noch jungfräulich zu ihr kam. Er war von ihrem Anblick tief beeindruckt, als er sie zum ersten Mal in einer Loge in der Oper sah, nicht nur wegen ihrer dunklen exotischen Schönheit. Er bat einen gemeinsamen Freund, ihn mit ihr bekannt zu machen, und lud sie sofort nach der Vorstellung zu einem Mitternachtssouper ein.
Obwohl er versuchte, sich weltgewandt zu geben, konnte er sie nicht eine Sekunde lang täuschen. Aber Constancia verbarg ihre Belustigung und hieß ihn in ihren Armen mit einer Großherzigkeit willkommen, die ihm das Gefühl gab, ein Mann unter Männern zu sein.
Bereits bei jenem ersten Mal hatte er gewusst, dass alles, was er bei La Paloma entdeckt hatte, weit über den Rausch der Leidenschaft hinausging. In diesem Gewerbe, das die meisten Frauen hart und kalt machte, hatte sie eine kostbare, seltene Wärme behalten. Bei ihr fand er Frieden. Sie füllte die Leere aus, die ihn nach dem Zerwürfnis mit Dominic befallen hatte. Erst viel später wurde ihm klar, dass er ihr ebenso viel gab. Trotzdem weigerte sie sich, seine Geliebte zu werden, als er sie darum bat. Sie habe ihre Blütezeit hinter sich und ein schöner junger Mann wie er verdiene ein ebenso schönes junges Mädchen.
Es stimmte, dass sie nicht mehr jung war, und eine trostlose Zukunft stand ihr bevor in einem Geschäft, in dem nur Jugend und Schönheit zählten. Sein Wunsch, sie von all dem fern zu halten, war nur ein kleinerer Anstoß zu seiner Entscheidung. Viel wichtiger war ihm das dringende Bedürfnis, sie in seiner Nähe zu wissen, denn ein Leben ohne sie konnte er sich nicht mehr vorstellen.
»Ich wollte immer schon nach Spanien reisen. Du hast mir den Grund dafür gegeben«, sagte er so unbeschwert wie möglich, um seine Gedanken zu verbergen. »Wir werden unter einem Orangenbaum liegen und den Duft der Blumen einatmen, den uns der warme spanische Wind zuweht.«
»Ja.« Trotz der Müdigkeit in ihren dunklen Augen schenkte sie ihm wieder dieses wunderbare Madonnenlächeln. »Bestimmt wird mir Gott so viel gewähren.«
Er lächelte zurück und fragte sich verzweifelt, wie er jemals ohne sie zurechtkommen würde.
Der kleine Junge tauchte aus dem Arbeitszimmer seines Vaters auf. Er war so niedergeschmettert, dass er nur noch daran dachte, jetzt auf keinen Fall die Beherrschung zu verlieren. Mit vorgestrecktem Kinn und geraden Schultern stapfte er den langen Gang entlang. Seine Schritte hallten auf den breiten Steinstufen, als ein Diener die Tür geräuschlos öffnete.
Kyle flitzte um die Ecke. Sein Gesicht war vor Aufregung gerötet. »Hast du ihn reingelegt?«
Dominic fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. »O ja. Er hat mich für dich gehalten.«
Sein Bruder grinste boshaft. »Ich hab's dir ja gesagt. Wrexham kann uns nicht auseinander halten, obwohl er unser Vater ist.«
Dominic hatte ganz vergessen, warum sie die Vorstellung, den Earl zu täuschen, so lustig gefunden hatten. »Natürlich kann er uns nicht unterscheiden. Er bekommt uns ja kaum zu Gesicht. Außerdem ist er kurzsichtig wie eine Eule.«
Kyle merkte seine Verstimmung und wurde ernst. »Was ist los? Sollte ich bestraft werden und du hast statt meiner die Prügel bekommen ? Ehrlich, Dom - ich hätte doch nie den Vorschlag gemacht, ihn auszutricksen, wenn ich geahnt hätte, dass
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