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Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See

Titel: Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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unterwerfen.«
    Madrun, die zuvor gewarnt worden war, schloss die Augen. Argante schluckte. Der nächste Teil widerstrebte ihr zutiefst, doch sie hatte gelernt, ihn zu erfüllen. Die hohen Götter verlangten keine Opfer, doch die Macht, die in dem Schwert lebte, stammte aus einer älteren Zeit. In einem Korbkäfig am Fuße des Steinaltars wartete ein roter Gockel, Sieger zahlreicher Wettstreite gegen andere Kampfhähne, die von den Männern gezüchtet wurden, deren Väter den Hadrianswall verteidigt hatten. Murmelnd bückte die Priesterin sich und öffnete den Verschlag des Käfigs.
    Der Vogel glarte wild um sich, wehrte sich jedoch in keiner Weise, als sie ihn herauszog und emporhob. Ein gutes Zeichen, denn der zerzauste Kamm zeugte vom Kampfgeist des Gockels, und die Männer, die sonst mit diesen Vögeln arbeiteten, waren gewohnt, Handschuhe zu tragen, um sich vor den scharfen Schnäbeln und Krallen zu schützen.
    »Nun denn, mein Krieger, halt still«, flüsterte sie, streichelte das Gefieder und spürte das heftige Pochen des Herzens unter ihrer Hand. »Dies ist ein edlerer Tod, als in der Hahnenkampfarena zu sterben. Du sollst unbesiegt vor den Gott treten.«
    Die wachen Äuglein des Gockels hefteten sich auf die ihren, dann, ganz langsam, schlossen sie sich. Argantes eigene Augen brannten vor vermischtem Hochgefühl und Mitleid, und einen Lidschlag lang konnte sie sich nicht bewegen. Es käme einem Sakrileg gleich, hierbei zu versagen, aber schließlich hatte der Koch sie so lange Hühner für den Suppentopf töten lassen, bis sie es gnadenreich kurz und schmerzlos beherrschte, da er der Meinung war, niemand sollte Fleisch essen dürfen, der nicht bereit war, die Verantwortung für die Tat zu übernehmen, durch die sich lebendes Fleisch in Nahrung verwandelte. Argante holte kurz Luft, dann drehte sie dem Tier den Kragen um und hielt den zuckenden Leib fest, als das heiße Blut auf den grauen Stein spritzte.
    Während das Blut floss, spürte sie, wie das Leben entwich, zunächst das Bewusstsein, danach die Kraft des Leibes, und schließlich setzte eine namenlose Veränderung ein, die den Hahn um mehr als das Gewicht seines Blutes leichter wirken ließ. Als der Vogel sich in ihren Händen in eine leblose Hülle verwandelte, begann der Steinaltar vor ihr zu pulsieren.
    Sie legte den toten Hahn an den Fuß des Steins, richtete sich auf und hob die Hände. Madrun, die das Pulsieren der Macht spürte, schlug die Augen auf und tat es ihr gleich.
    »Gott des Schwertes, Gott des Krieges, Gott der Gerechtigkeit, wir rufen dich an. Als Cocidius, den roten Fürsten, rufen wir dich an und als strahlenden Belutacadros, wie das Volk dieses Landes dich nannte, bevor die Römer kamen. Mars der Soldaten, erhöre uns, und vergib uns, dass wir deine weiteren Namen nicht kennen.« Sie streckte die Hände aus und schloss sie um den Griff des Schwertes; Madrun legte die ihren darüber.
    Zwar hatte man Argante den geheimen Dreh beigebracht, mit dem man das Schwert zu ziehen vermochte, doch während eine Frau die Klinge hüten durfte, stand es ihr nicht zu, sie zu schwingen. Und fürwahr, als sie fühlte, wie die im Schwert gebündelte Kraft anschwoll, hätte sie es nicht gewagt. Allein es zu halten schien schwierig genug, und sie war froh über die Stärke von Madruns Händen, welche die ihren umschlossen.
    »Erhöre uns!«, rief sie. »So wie du deine Diener in uralten Zeiten erhört hast. Gewähre uns eine Offenbarung! Zeig uns den Verteidiger, der diesem Land wieder Frieden bescheren wird!«
    Sie spürte, wie Madruns Griff sich lockerte, löste eine Hand und hielt jene ihrer Base über der ihren fest. Die jüngere Frau hatte die Augen geschlossen; sie wankte, Krämpfe durchzuckten ihren Leib. Argante rang aufkeimende Panik nieder. Dies sollte nicht geschehen! Madruns Rolle bestand darin, sie zu unterstützen, ihre Kraft und ihr Verlangen dem Bewusstsein der Priesterin beizugeben, an die der Gott seine Worte richten würde.
    Argante war närrisch gewesen zu glauben, ihre Base besäße keine Gabe, weil sie ungeschult war. Sie teilten dasselbe Blut, dieselben Fähigkeiten – und ohne das Wissen einer Priesterin besaß Madrun keinen Schutz gegen die Kraft, die in dem Schwert lebte.
    Abermals bewegte sie sich; diesmal versuchte sie, Madruns Finger vom Griff der Waffe zu lösen. Doch das andere Mädchen umklammerte ihn nun so fest, dass es ihr misslang. Argante richtete sich auf und bemühte sich, gleichmäßig zu atmen, während Madrun

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