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Britannien-Zyklus 02 - Die Herrin der Raben

Titel: Britannien-Zyklus 02 - Die Herrin der Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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wollte zurückweichen, als ihm bewusst wurde, dass die Menschen ihn ebenso anstarrten wie seinen Vater, doch Octhas Griff war unnachgiebig.
    Er benützt mich, um ihnen zu zeigen, dass er kein Feind ist, begriff der Knabe plötzlich, und er ließ sich vorwärts ziehen. Die meiste Zeit seines kurzen Lebens war er für die Verwandtschaft seiner Mutter bestenfalls eine Schande gewesen; es fühlte sich ausgesprochen seltsam an, vor den Leuten zu stehen als jemand, der ein Recht auf Ehrerbietung hatte. Zum ersten Mal kam ihm der Gedanke, dass vielleicht auch er eines Tages ein König sein würde.
    »Männer der Myrginge!«, rief Octha. »Und auch ihr alle, ob Juten, Sachsen oder Franken, die ihr durch Heirat oder Bündnis Teil dieses Stammes geworden seid. Ich komme zu euch als Verbündeter, denn es war eine Prinzessin eures Volkes, die mir meinen Sohn geschenkt hat!«
    Jemand stimmte Jubel an, und Oesc fühlte, wie ihm Röte in die Wangen stieg.
    »Warum habt Ihr bis jetzt damit gewartet, ihn zu holen?«, ertönte eine andere Stimme.
    »Es gibt viele Männer, die kinderlos in den Krieg ziehen und bei der Rückkehr erfahren, dass sie einen Erben haben. Zehn Winter habe ich in Britannien gekämpft; ich habe zahlreiche Fürsten der Briten getötet und jene gemetzelt, die sich für die Erben Roms hielten. Zuerst kämpften wir um Beute, nun aber kämpfen wir um Land. Die Briten haben kaum noch Kraft, sich uns zu widersetzen; ihr König ist ein kranker Mann und hat keinen Sohn. Das Land liegt unverteidigt da und wartet nur darauf, eingenommen zu werden. Um jene Erde zu halten, muss sie bestellt werden, und deshalb wende ich mich an euch.
    Folgt mir nach Britannien, nehmt eure Frauen und Kinder mit! Und eure Äxte und Pflüge!«
    »Warum sollten wir die Herde unserer Mütter verlassen und die Täler, in denen unsere Väter begraben liegen?«, rief jemand.
    »Weil dieses Land ertrinkt«, erwiderte Octha. »Seht euch doch um: Die Felder sind von schlechtem Wetter verwüstet, und eure Rinder verenden. Jedes Jahr verschlingt die See ein Stück mehr von euren Ufern. In Britannien gibt es riesige Felder, fruchtbar und blühend, gute Ernten an Hafer und Gerste, Äcker mit goldenem Weizen und alles andere, was in Mittelerde wächst.«
    »Aber es sind nicht unsere Felder. Werden sie auch für uns Früchte tragen, wenn wir die Namen der Götter nicht kennen, die dort wohnen?«
    »Diese Felder haben allen Stämmen Früchte getragen, die von den Römern in jenem Land angesiedelt wurden«, entgegnete Octha. »Krieger aus Iberien, Sarmatien und Gallien, die zu Bauern wurden, nachdem ihre Zeit in der Legion vorüber war. Unsere Vettern, die Franken, erzielen reiche Ernten in dem Land, das sie in Gallien errungen haben. Bestellt die Felder, und bringt Opfer dar, und lasst eure Leiber in jener Erde begraben, wenn eure Zeit gekommen ist. Durch Blut und Schweiß werden wir Anspruch auf Britannien erheben und es uns zu Eigen machen.«
    »Wir gehen mit dir!«, rief einer der jütischen Häuptlinge, ein Mann namens Haesta. »Männer meines Blutes dienen bereits in Hengests Heer. Sie sagen, Cantuware sei ein Land fruchtbarer Erde und üppigen Grases, in dem die Kühe um diese Jahreszeit dreimal am Tag Milch geben.«
    »Und es bringt wackere Kämpfer hervor«, ergriff ein greiser Mann das Wort und hob seinen Arm, den eine alte Verletzung zernarbt und verkrüppelt hatte. »In meiner Jugend war auch ich in Britannien, doch alles, was ich dort fand, war scharfer Stahl. Krieger sollen ein solches Wagnis meinetwegen eingehen, aber ich setze meine Familie nicht in einem Land aufs Spiel, in dem die Einheimischen irgendwann erwachen und sich fest entschlossen zeigen, ihr Eigentum zurückzuerobern.«
    »Besser durch Stahl zu sterben als an Hunger zugrunde gehen!«, rief ein anderer, und plötzlich brachen ringsum Streitgespräche aus.
    »Was meint Eadguth?«, wollte schließlich jemand wissen. »Wie lautet das Wort des Königs der Myrginge?«
    Langsam kehrte Ruhe ein. Nachdem es völlig still war, half der Leibeigene Cubba, der noch älter war als der König, Eadguth dabei, seinen ausgezehrten Leib aus dem Stuhl zu erheben. Auf seinen Stock gestützt, trat der König vor. Eine Weile schaute er sich um, und jenen, die am lautesten nach Auswanderung geschrien hatten, fiel es schwer, seinem Blick zu begegnen.
    »Die Götter haben mich mit einem langen Leben gesegnet. Seit mehr als vierzig Wintern bin ich euer König…«
    Seine Stimme tönte nicht laut, war aber

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