Brown, Dale - Feuerflug
musste.
Jadallah Salem Zuwayy, der neue Präsident des Vereinigten Königreichs Libyen, schlenderte zu Fazani hinüber, würdigte ihn kaum eines Blicks und nickte ihm knapp zu, um dem General zu befehlen, ihm zu folgen. Zuwayy war ein großer, hellhäutiger Mann Ende dreißig mit schwarzen Augen, einem schmalen Schnurrbart und einem schwarzen Kinnbart, der vor seinem langen, dünnen Hals spitz auslief. Er war ein ehemaliger Heeresoffizier, der angeblich den Militärputsch geplant hatte, durch den Gaddhafi gestürzt worden war. Wie Gaddhafi vor ihm hatte Zuwayy eine Vorliebe dafür, sich je nach Anlass und Publikum unterschiedlich zu kleiden: Heute trug er traditionelle Beduinenkleidung, kostbar aussehende Seiden- und Musselinstoffe, die ans Luxuriöse grenzten. Meistens erschien Zuwayy jedoch im Wüstentarnanzug, zu dem er oft Springerstiefel und alle möglichen Waffen trug, die von uralten krummen Kavalleriesäbeln bis zu scharfen Handgranaten reichen konnten.
»Was gibt’s, Fazani?«, fragte Zuwayy streng.
»Er verlangt Auskunft über den Stand der Vorbereitungen«, antwortete der Generalstabschef und hielt ihm sein abhörsicheres Handy hin.
Zuwayy hatte gute Lust, Fazani aufzufordern, das Handy auf den Müll zu werfen, aber das wagte er nicht. Der Mann am anderen Ende der abhörsicheren Verbindung hatte sehr lange Finger -mehr wie sehr lange Krallen.
»Ist alles bereit?«, fragte der hagere Mann mit leiser, monotoner Stimme.
»Ja, Hoheit«, meldete Fazani. »Seit gestern. Alle Einheiten stehen in Bereitschaft.« Er übergab Zuwayy das Handy mit einer Verbeugung.
Zuwayy lächelte, dann drückte er die Verbindungstaste am Handy. »Hoffentlich haben Sie gute Nachrichten für mich, Zuwayy«, sagte eine zornige Stimme. »Sie haben mich lange genug warten lassen.«
»Die Vorbereitungen sind abgeschlossen«, sagte Zuwayy. »Meine Truppen sind in Stellung, alle Einheiten stehen in voller Bereitschaft.«
»Das hat lange genug gedauert, Zuwayy«, sagte die Telefonstimme warnend. »Die Einheiten hätten schon vor Tagen bereit sein sollen.«
»Kommen Sie her und versuchen Sie, diese Dinger durch die Wüste zu schleppen, mein Freund«, sagte Zuwayy. »Dann sehen Sie, wie einfach das ist.«
»Ich habe Ihnen reichlich Zeit und Geld gegeben, damit Sie diese Einheiten in Stellung bringen, Zuwayy«, sagte die Stimme. Ihr drohender Unterton war unüberhörbar. »Machen Sie bloß keinen Mist, sonst gehören Sie mit zu den ersten Toten dieses Krieges.« Und damit wurde das Gespräch abrupt beendet.
Zuwayy machte sich nicht die Mühe, seine Verachtung zu verbergen, als er General Fazani das Handy zurückgab. »Ich freue mich schon darauf, ihn persönlich kennen zu lernen«, murmelte er. »Bin wirklich gespannt, was für ein Schurke der Kerl wirklich ist.« Er setzte hastig ein gelassenes Lächeln auf, als er einen Mann mit seinem Gefolge auf sich zukommen sah. »Jetzt muss ich diesen Lakaien ertragen.«
»Friede sei mit Ihnen, Herr Präsident«, sagte der Gastgeber dieser Veranstaltung herzlich. Präsident Kamal Ismail Salaam war der vierte gewählte ägyptische Präsident seit General Nassers Staatsstreich im Jahr 1952. Salaam, ein großer, schlanker, lebhafter Mann, der eher wie ein Italiener als ein Nordafrikaner wirkte, war unter seinem Vorgänger Muhammad Hosni Mubarak Finanzminister gewesen und hatte nach Mubaraks Rückzug aus der Politik die Führung der Nationalen Demokratischen Partei übernommen. Wie Mubarak war auch Salaam ein ehemaliger General, der die Luftstreitkräfte seines Landes befehligt hatte.
»Es salem aleikum! Friede sei mit Ihnen, Bruder!«, sagte Zuwayy so laut, dass alle Anwesenden ihn hören konnten, und breitete die Arme aus. Er schritt über den dick mit Teppichen ausgelegten Boden auf Salaam zu. Im vorgeschriebenen Abstand von drei Schritten folgte ihm Juma Mahmud Hijazi, als libyscher Minister für Arabische Einheit eine Art Ersatz für einen Außenminister, den es in Libyen nicht gab.
Zwei von Präsident Zuwayys Leibwächtern traten rasch vor Präsident Salaam und sein Gefolge und hielten Ausschau nach gezogenen Waffen. Das war etwas irritierend, aber Salaam sah darüber hinweg. Die Säulenhalle der Al-Ashar-Moschee in Kairo war voller Würdenträger, Diplomaten und Berühmtheiten aus aller Welt, die hier den Geburtstag des Propheten Mohammed feierten. Zum Schutz der Gäste waren umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen getroffen worden – alle Ein- und Ausgänge wurden von je zwei
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