Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord
verfolgen.«
So viele Erfahrungen er auch vor seinem Eintritt in das Kloster gesammelt hatte - die Ehe war ein Abenteuer, auf das er sich nie eingelassen hatte. Nur einmal wäre es fast dazu gekommen, und mehr als einmal hatte er es verstanden, diesem Schicksal aus dem Weg zu gehen. Bei der Erinnerung daran überkam ihn Verwunderung.
»Dieser Baron trägt einen berühmten Namen, aber sonst weiß ich nicht viel über ihn, außer daß er, wie man sagt, beim König in gutem Ruf steht. Ich glaube, ich bin einmal einem älteren Verwandten der Braut begegnet. Allerdings weiß ich nicht, ob sie aus derselben Linie ist wie er.«
»Ich hoffe, sie ist schön«, sagte Mark.
»Prior Robert wäre gewiß erstaunt, ein solches Wort aus deinem Mund zu hören«, bemerkte Cadfael trocken und schloß die Schranktür.
»Schönheit ist eine starke Medizin«, sagte Bruder Mark ernst und unbefangen. »Wenn sie jung und schön ist, wenn sie ihnen im Vorbereiten zulächelt und ihren Kopf neigt, wenn sie bei ihrem Anblick nicht zurückschreckt, wird sie für diese Aussätzigen mehr Gutes bewirken als ich mit meinen Salben und Breiumschlägen. Ich bekomme hier eine Ahnung davon, daß jedes Ereignis zum Segen gereichen kann und daß es einerlei ist, welcher Art dieses Ereignis ist.« Mißbilligend fügte er hinzu: »Natürlich muß es sich dabei nicht gerade um eine Hochzeit handeln. Aber sollten wir eine solche Gelegenheit auslassen, wenn sie sich schon bietet?«
Cadfael legte seinen Arm um Marks schmale, schmächtige Schultern und zog ihn aus dem düsteren Zwielicht der Halle hinaus ins helle Licht des Tages. Eine große Aufregung hatte sich der Aussätzigen bemächtigt. »Laß uns hoffen und beten«, sagte Cadfael frohgemut, »daß diese Hochzeit allen, sogar dem Brautpaar, zum Segen gereichen wird. Es hört sich so an, als würde einer von beiden gleich hier sein. Komm - laß uns zusehen!«
Der Bräutigam und sein Gefolge näherten sich in prächtigen Farben, mit Fanfarenklängen und begleitet vom unablässigen leisen Klingen der Glöckchen, die am Geschirr der Pferde befestigt waren. Der Zug, zu dem auch von Dienern geführte Packpferde und zwei Paar Hetzhunde an Leinen gehörten, war fünfzig Meter lang. Um die herrlichen Stoffe, die für sie immer unerreichbar bleiben würden, besser bewundern zu können, traten die Aussätzigen so weit an die Straße heran, wie sie es wagten, und als der Zug sie erreicht hatte, erhob sich ein gedämpftes, ehrfürchtiges Gemurmel.
Auf einem großen Rappen an der Spitze ritt ein kräftiger, untersetzter Mann mit einem groben Gesicht. Er saß nicht elegant, aber sicher im Sattel. Wie die Satteldecke seines Pferdes war seine Kleidung in Scharlachrot und Gold gehalten, und seine Position so weit vor dem Gefolge war darauf angelegt, keinen Zweifel an seiner herausragenden Stellung aufkommen zu lassen. Hinter ihm ritten nebeneinander drei Knappen, die ihren Herrn vorsichtig und aufmerksam nicht aus den Augen ließen, so als fürchteten sie, er könne sich jeden Augenblick zu ihnen umwenden und ihnen irgendeine gefährliche Bewährungsprobe abverlangen. Dieselbe an Furcht grenzende Gespanntheit lag auch über dem Rest des Gefolges - angefangen beim Haushofmeister über die Kammerdiener, Stallknechte und Falkner bis zu den halbwüchsigen Jungen, die von den großen Hunden vorwärtsgezerrt wurden. Nur die Tiere - die Pferde, die Hunde, die Falken auf den Gestellen, die die Falkner trugen - sahen gepflegt und zufrieden aus und schienen keine Furcht vor ihrem Herrn zu haben.
Bruder Cadfael stand mit Mark am Tor des Zaunes und betrachtete den Zug mit wachsender Aufmerksamkeit. Jeder der drei Knappen hätte einen guten Bräutigam abgegeben, aber es war nur zu deutlich, daß keiner von ihnen Huon de Domville war. Bis zu diesem Augenblick hatte Cadfael nicht daran gedacht, daß dieser Baron seine besten Jahre bereits hinter sich haben und kein junger Mann mehr sein könnte, der im richtigen Alter für eine Eheschließung war. Nun sah er, daß in Domvilles kurzem, vollen Bart das Grau überwog und daß an den Schläfen, wo die verwegen halb zurückgeschlagene, reich bestickte Kapuze den Kopf entblößte, nur kurze, graue Locken und darüber ein kahler Schädel zu sehen waren. Gewiß, er war noch immer kräftig und muskulös, aber deutlich über fünfzig, und wahrscheinlich eher sechzig Jahre alt. Cadfael vermutete, daß dieser Mann bereits mindestens eine, wenn nicht gar zwei Frauen überlebt hatte. Die Braut
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