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Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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sich zur Arena. Er bemerkte Cadfael, der ein wenig abseits stand. Die schwarzen Augen in seinem ernsten, angespannten Gesicht lächelten.
    »Ich wußte doch, daß Ihr mich nicht im Stich lassen würdet«, sagte er.
    »Seht lieber zu«, erwiderte Cadfael, »daß Ihr mich nicht im Stich laßt!«
    »Keine Sorge«, sagte Hugh selbstsicher und gelassen. »Meine Seele ist so rein wie die eines Lammes. Ich bin bereit, und Euer Arm wird mir beistehen.«
    ›Ja, bei jedem Streich‹, dachte Cadfael hilflos. Er bezweifelte, daß all die Jahre des ruhigen Klosterlebens wirklich eine Veränderung an seinem schon einst so sprunghaften und widerspenstigen Charakter bewirkt hatten. Er fühlte sein Herz klopfen, als sei er es, der diesen Kampf austragen sollte.
    Auch Courcelle war niedergekniet und folgte jetzt seinem Herausforderer auf den Kampfplatz. Sie nahmen in gegenüberliegenden Ecken Aufstellung; Prestcote stand, seinen Marschallstab erhoben, zwischen ihnen und wartete auf das Zeichen des Königs. Der Name des Herausforderers, seine Anklage sowie ihre Zurückweisung durch den Beschuldigten wurden verlesen. Ein Murmeln ging durch die Menge – es klang wie ein langer, tiefer Seufzer. Cadfael konnte Beringars blasses Gesicht sehen. Kein Muskel regte sich darin, und seine Augen, die jetzt nicht mehr lächelten, waren auf seinen Gegner gerichtet.
    Der König hob seine Hand. Prestcote senkte den Marschallsstab und verließ den Kampfplatz, während Beringar und Courcelle aufeinander zugingen.
    Auf den ersten Blick schienen die Kräfte ungleich verteilt.
    Courcelle war erheblich größer und älter, er konnte mehr Wucht hinter seine Schläge setzen und war zweifellos ein erfahrener Kämpfer. Im Vergleich dazu sah Beringar nur wie ein schmaler, leichtgewichtiger Jüngling aus, und wenn ihm sein geringes Gewicht auch Wendigkeit und Flinkheit verlieh, so stellte sich doch nach wenigen Sekunden schon heraus, daß auch Courcelle sehr behende war. Als zum erstenmal Stahl auf Stahl schlug, führten Cadfaels Arm und Körper unwillkürlich dieselbe Abwehrbewegung aus, die Beringar machte; der Schwung zog ihn herum, so daß er auf das Stadttor sah.
    Durch das Tor kam eine junge Frau auf den Kampfplatz zugelaufen. Sie hatte ihre Röcke bis fast zu den Knien geschürzt, und weit hinter ihr rannte eine zweite junge Frau, so schnell sie konnte. Constance verschwendete ihren Atem mit beschwörenden Rufen, ihre Herrin solle stehenbleiben, nicht dorthin gehen sondern mit nach Hause kommen; aber Aline ließ sich nicht aufhalten und rannte weiter auf den Kampfplatz zu, wo die beiden Männer in der erklärten Absicht aufeinandertrafen, sich umzubringen. Cadfael trat ihr entgegen.
    Schwer atmend warf sie sich ihm in die Arme.
    »Bruder Cadfael, was hat das zu bedeuten? Was hat er getan?
    Ihr wußtet es – Ihr wußtet es, und habt mir nichts gesagt! Wenn Constance nicht zufällig davon erfahren hätte...«
    »Ihr hättet nicht hierherkommen sollen«, sagte Cadfael und hielt sie fest. Sie zitterte am ganzen Körper. »Was könnt Ihr schon tun? Ich habe ihm versprechen müssen, Euch nichts zu sagen, er hat es verboten. Ihr solltet das hier nicht mitansehen.«
    »Aber ich will es sehen!« rief sie mit leidenschaftlicher Entschlossenheit. »Glaubt Ihr, ich würde jetzt fügsam nach Hause gehen und ihn im Stich lassen? Sagt mir nur: Ist es wahr, was man erzählt – daß er Adam des Mordes an dem jungen Mann beschuldigt? Und daß Giles’ Dolch der Beweis ist?«
    »Ja, das ist wahr«, antwortete Cadfael. Sie sah über seine Schulter auf den Kampfplatz, wo die Schwerter zischend durch die Luft fuhren und mit einem hellen Klingen wieder und wieder aufeinanderschlugen. Ihre großen blauen Augen blickten verwirrt.
    »Und die Beschuldigung – ist sie auch wahr?«
    »Ja, auch sie ist wahr.«
    »Oh, mein Gott! Und er ist so schmächtig... wie kann er das überleben? Nur halb so groß wie der andere... und doch hat er es gewagt, diesen Weg zu gehen! Bruder Cadfael, wie konntet Ihr das zulassen?«
    ›Wenigstens weiß ich jetzt‹, dachte Cadfael merkwürdig erleichtert, ›wer er ist, auch wenn sie keinen Namen genannt hat. Bis jetzt war ich mir nicht sicher, und sie sich vielleicht auch nicht.‹ – »Wenn es Euch je gelingt«, sagte er, »Hugh Beringar von etwas abzuhalten, das er sich in den Kopf gesetzt hat, dann müßt Ihr kommen und mir erzählen, wie Ihr das angestellt habt. Er hat seine Entscheidung getroffen, und es gab gute Gründe, die dafür sprachen.

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