Losing it - Alles nicht so einfach (German Edition)
1
Ich holte tief Luft.
Du bist fantastisch.
Ich konnte es nicht so recht glauben, deshalb dachte ich es noch mal.
Fantastisch! Du bist so fantastisch.
Wenn meine Mutter meine Gedanken hören könnte, würde sie mich ermahnen, bescheiden zu sein, aber Bescheidenheit hatte mich noch nirgendwohin gebracht.
Bliss Edwards, du bist eine verdammt gute Partie.
Wie kam es dann, dass ich zweiundzwanzig Jahre alt und der einzige Mensch auf der Welt war, der noch nie Sex gehabt hatte? Irgendwo zwischen
Saved by the Bell
und
Gossip Girl
war es für ein Mädchen undenkbar geworden, das College abzuschließen und noch immer Jungfrau zu sein. Und jetzt stand ich in meinem Zimmer und bereute, dass ich meinen ganzen Mut zusammengenommen hatte, um dies meiner Freundin Kelsey zu beichten. Sie sah mich an, als wäre mir soeben ein zweiter Kopf gewachsen. Und noch bevor ihr der Kiefer ganz herunterklappen konnte, wurde mir klar, dass es eine schlechte Idee gewesen war.
»Im
Ernst?
Wegen Jesus? Sparst du dich irgendwie für ihn auf oder was?« Für Kelsey schien Sex einfacher zu sein. Sie hatte den Körper einer Barbie und den sexuell aufgeladenen Verstand eines Jungen im Teenageralter.
»Nein, Kelsey«, erwiderte ich. »Es wäre ein wenig schwierig, mich für jemanden aufzusparen, der vor zweitausend Jahren gestorben ist.«
Kelsey riss sich das Oberteil vom Leib und warf es auf den Fußboden. Ich musste wohl ein komisches Gesicht gemacht haben, denn sie blickte mich an und lachte. »Entspann dich, Prinzessin Keuschheit, ich ziehe mich nur um.« Sie ging zu meinem Schrank und sah meine Klamotten durch.
»Warum?«
»Weil wir unbedingt dafür sorgen müssen, dass dich jemand flachlegt, Bliss.« Sie sagte das Wort »flachlegt« mit einem Zungenschlag, der mich an die nächtlichen Werbungen für Sexhotlines erinnerte.
»Großer Gott, Kelsey.«
Sie zog ein Oberteil heraus, das bei mir schon eng saß und an ihrer kurvenreichen Figur regelrecht skandalös aussehen würde. »Was ist? Ich dachte, um den geht es nicht.«
Ich widerstand dem Bedürfnis, mir mit der flachen Hand auf die Stirn zu schlagen. »Tut es auch nicht, ich glaube kaum … ich meine, ich gehe in die Kirche und alles, manchmal zumindest. Es ist nur … ich weiß es nicht. Ich hatte nie so großes Interesse daran.«
Sie hatte sich ihr neues T-Shirt gerade halb über den Kopf gezogen, als sie innehielt. »Kein großes Interesse? An Typen? Bist du lesbisch?«
Zufällig hatte ich mal mitbekommen, wie meine Mutter, die nicht verstehen kann, dass ich das College ohne einen Ring am Finger abschließen werde, meinem Vater genau diese Frage gestellt hatte. »Nein, Kelsey, ich bin nicht lesbisch, du kannst also dein Oberteil ruhig weiter anziehen. Keine Panik, ich gucke dir nichts weg.«
»Wenn du nicht lesbisch bist und Jesus nichts damit zu tun hat, dann geht es nur darum, den richtigen Kerl zu finden mit dem richtigen gewissen Etwas.«
Genervt verdrehte ich die Augen. »Ach nee! Das ist schon alles? Den richtigen Kerl finden? Warum hat mir das noch keiner gesagt?«
Sie fasste ihr blondes Haar zu einem hohen Pferdeschwanz zusammen, was ihre Brust sogar irgendwie noch mehr betonte. »Ich meine damit nicht den richtigen Kerl zum Heiraten. Ich meine den richtigen, um dein Blut in Wallung zu bringen. Einer, der es schafft, dass du deinen analytischen, voreingenommenen, hyperaktiven Kopf abschaltest und stattdessen mit dem Körper denkst.«
»Körper können nicht denken.«
»
Siehst du!«,
sagte sie. »Analytisch. Voreingenommen.«
»Schön! Schön. In welche Bar gehen wir also heute Abend?«
»Ins Stumble Inn natürlich.«
Ich stöhnte. »Sehr edel.«
»Was?« Kelsey sah mich an, als hätte ich eine vollkommen eindeutige Frage falsch beantwortet. »Das ist eine gute Bar. Was noch wichtiger ist – es ist eine Bar, die Männer mögen. Und da wir Männer mögen, ist es auch eine Bar, die
uns
gefällt.«
Es hätte schlimmer kommen können. Sie hätte mich auch in einen Club schleifen können. »Schön. Dann mal los.«
Ich stand auf und ging zu dem Vorhang, der mein Schlafzimmer vom übrigen Teil des Lofts abtrennte.
»
Halt!
Langsam.« Kelsey packte mich am Ellbogen und zog so heftig an mir, dass ich rückwärts auf mein Bett fiel. »So kannst du nicht gehen.«
Ich blickte auf mein Outfit hinunter – einen ausgestellten Rock mit Blumenmuster und ein schlichtes Tanktop, das ein vernünftiges Maß an Dekolleté zeigte. Ich sah süß darin aus. So könnte ich ohne
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