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Bruderkampf

Bruderkampf

Titel: Bruderkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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schluchzte unbeherrscht.
    Sollte er etwas sagen, sich ihnen mitteilen, so daß sie begriffen? Seine Augen glitten von Herrick, der neben dem Posten stand, zu Vibart, dessen Gestalt sich an der Reling des Achterdecks gegen den Himmel abzeichnete. Einige Sekunden lang waren sie eins gewesen, verknüpft durch das Band von Leid und Verlust. Worte hätten den Augenblick verdorben. Jede Ansprache hätte billig geklungen. So war er aufs Achterdeck gegangen und am Ruder stehengeblieben.
    »Kurs Südsüdwest liegt an, Sir«, meldete der Rudergänger.
    Danach war er in die Kajüte zurückgekehrt: den einzigen Ort, an dem er allein sein konnte.
    Er schaute ärgerlich hoch, als Stockdale hereinkam. Stockdale musterte ihn eindringlich. »Ich habe Ihrer Ordonnanz gesagt, daß sie das Abendbrot bringen soll, Kapitän.« Er blickte mißbilligend auf den Stapel Seekarten und Berichte.
    »Schweinefleisch, Sir. Schön aufgeschnitten und gut gebraten.
    Ich habe mir erlaubt, dazu eine Flasche von Ihrem Rotwein aufzumachen, Sir.«
    Bolithos Spannung mußte sich Luft machen. »Was schnatterst du da, zum Teufel?« Stockdale ließ sich nicht abschrecken.
    »Wenn Sie wollen, lassen Sie mich für meine Worte auspeitschen, Sir, aber es war ein Sieg. Wir sind alle stolz auf Sie. Ich denke, Sie haben einen Schluck Wein verdient. «
    Bolitho starrte ihn an und fand keine Worte.
    Stockdale legte die Papiere zusammen. »Und mehr, denke ich, Kapitän, viel mehr.«
    Während Bolitho schweigend zusah, wie sein Bootsführer ihm den Tisch für sein einsames Mahl deckte, zog die Phalarope in der leichten Brise still unter den Sternen dahin.
    Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang hatte sie viel geleistet. Dank ihres Kapitäns lagen noch viele Tage vor ihr.

Land in Sicht
    Bolitho ging zur Steuerbordseite des Achterdecks und ließ die Hände auf den sonnenwarmen Backskästen ruhen. Er brauchte jetzt weder Karte noch Fernrohr. Es war, als käme er nach Hause.
    In der Morgendämmerung war die kleine Insel Antigua über der Kimm heraufgekommen. Nun lag sie in der Vormittagssonne vor ihnen. Bolitho spürte jene Erregung, die ihn bei jedem Landfall durchflutete, wenn das Land an der berechneten Stelle am Horizont auftauchte. Er nahm seinen Gang über das Achterdeck wieder auf. Auf den Tag vor fünf Wochen hatte die Phalarope dem Nebel und Regen Cornwalls das Heck gezeigt. Zwei Wochen lag das Gefecht mit dem Kaperschiff zurück. Stolz wallte flüchtig in ihm auf, als er über sein Schiff blickte. Die Schäden waren ausgebessert. Und die Verwundeten befanden sich auf dem Weg der Besserung.
    Gewiß, die Zahl der Toten war auf fünfunddreißig gestiegen, aber an den anderen hatten die Sonne und der frische Wind, die Nebel und tobende Stürme abgelöst hatten, Wunder gewirkt.
    Die Fregatte segelte mit Steuerbordhalsen. Das Schiff und sein Spiegelbild im dunkelblauen Wasser boten ein prachtvolles Bild. Über den sich verjüngenden Masten leuchtete wie zum Gruß ein wolkenloser Himmel, und um die Rahen segelten schreiend und erwartungsvoll die Möwen.
    Antigua, Hauptquartier und Basis des Westindien- Geschwaders, war ein Glied der zerstreuten Inselkette, die den östlichen Teil der Antillen schützte. Bolitho freute sich, wieder hier zu sein. Als er sich über die Reling beugte, um nach vorn zu spähen, erwartete er halb und halb, die Sparrow und ihre Mannschaft zu sehen. Aber die Gegenwart der Phalarope überschattete bereits die alten Erinnerungen.
    »An Deck! Linienschiff unter Land vor Anker!«
    Okes war Wachführer; er blickte schnell zum Kapitän hinüber.
    »Höchstwahrscheinlich das Flaggschiff, Mr. Okes.« Bolitho blickte kurz zur neuen Besanstenge hinauf, von wo aus der scharfäugige Ausguck die hohen Masten erspäht hatte.
    Die Fregatte rundete langsam die saftig grünen Berge und felsigen Abstürze des Vorgebirges von Cape Shirley. Die Mannschaft drängte sich in Luv und klammerte sich an Wanten und Netze, während sie das Land mit Blicken verschlang. Fast allen war es unbekannt. Hier strahlte die Sonne heller, und die dichte, grüne Vegetation hinter dem weißen Strand glich keiner der Küsten, die sie kannten. Sie wiesen sich gegenseitig auf dieses oder jenes hin und plapperten aufgeregt wie Kinder, als sie an der Landzunge vorbeiglitten und die von Land eingeschlossene Bucht von English Harbour sichtbar wurde.
    »Klar zum Halsen, Sir«, rief Proby.
    Bolitho nickte. Bis auf Bransegel und Klüver waren alle Segel aufgegeit. Von der Back blickte Herrick,

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