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Bruderkampf

Bruderkampf

Titel: Bruderkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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einige an seinen Fähigkeiten gezweifelt. Möglicherweise hatten sie ihn sogar für einen Kapitän vom Kaliber Pomfrets gehalten.
    Die Gig näherte sich dem Flaggschiff, und Bolitho drängte alle anderen Gedanken zurück. Sie brauchten ihn nicht zu lieben, sagte er sich, aber sie mußten ihm vertrauen.
    Konteradmiral Sir Robert Napier blieb hinter seinem Tisch sitzen und deutete auf einen Stuhl an der breiten Heckgalerie: ein kleiner, leicht reizbarer Mann mit gebeugten Schultern und schütterem grauem Haar. Das Gewicht seines Paraderocks schien ihn niederzudrücken. Sein schmaler Mund verriet kleinliche Mißgunst.
    »Ich habe Ihre Berichte gelesen, Bolitho.« Seine Augen huschten über das Gesicht des Jüngeren und kehrten dann zum Tisch zurück. »Über Ihr Treffen mit der Andiron bin ich mir immer noch nicht ganz im klaren.«
    Bolitho hätte sich auf dem harten Stuhl gern bequem zurechtgesetzt und entspannt, aber etwas in dem verdrossenen Ton warnte ihn.
    Am Fallreep war er mit dem üblichen Zeremoniell empfangen worden, und der Kapitän der Cassius, der so unruhig und bekümmert aussah, wie er es mit Sir Robert an Bord wohl sein mußte, hatte ihn höflich begrüßt. Man hatte ihn dann in eine Kajüte geführt und gebeten zu warten, ein erstes Zeichen, daß nicht alles zum besten stand. Man forderte ihm hastig Logbuch und Berichte ab und überließ ihn in der stickigen Kajüte gut eine Stunde lang seinen nagenden Gedanken.
    Er sagte vorsichtig: »Wir haben gute Fahrt gemacht, trotz der Begegnung, Sir. Alle Reparaturen wurden ohne Verlust an Segelzeit ausgeführt.«
    »Halten Sie das für ein Verdienst?« Der Admiral musterte den Kapitän kalt.
    »Nein, Sir«, entgegnete Bolitho. »Aber ich dachte, daß Fregatten hier noch immer dringend benötigt werden.«
    Die welke Hand des Admirals raschelte mit den Papieren. »So ist es. Aber die Andiron, Bolitho? Wie konnte sie entkommen?«
    »Entkommen, Sir?« Bolitho starrte den Admiral fassungslos an. »Sie hat uns beinahe überwältigt, wie mein Bericht ausweist.«
    »Das habe ich gelesen, verdammt.« Die Augen glühten gefährlich. »Wollen Sie mir weismachen, daß sie Fersengeld gab?«
    Durch ein Fenster sah er zur Phalarope hinüber, die wie ein geschnitztes Modell vor Anker schwoite. »An Ihrem Schiff ist kaum ein Zeichen von Kampf oder Beschädigung zu erkennen, Bolitho.«
    »Wir waren mit Ersatzspieren und Leinwand gut versorgt, Sir.
    Die Werft, die das Schiff ausrüstete, hatte solche Eventualitäten vorausgesehen.« Der Ton des Admirals reizte ihn, und er ignorierte die warnenden Zeichen in den Augen des Älteren.
    »Verstehe. Kapitän Masterman verlor die Andiron vor vier Monaten bei einem Gefecht mit zwei französischen Fregatten.
    Die Franzosen überließen das eroberte Schiff ihren neuen Verbündeten, den Amerikanern.« Nun klang offene Geringschätzung mit. »Und Sie behaupten, daß die Andiron, obwohl die Phalarope schwer beschädigt war und leichter bestückt ist, sich davonmachte, ohne ihren Vorteil zu nutzen?«
    Jetzt lag Ärger in der Stimme. »Habe ich Sie richtig verstanden?' »Völlig richtig, Sir.« Bolitho bemühte sich, so ruhig wie möglich zu antworten. »Meine Leute haben sich wacker gehalten. Ich denke, der Feind hatte genug. Wäre ich in der Lage gewesen, ihn zu verfolgen, hätte ich es getan.«
    »Das sagen Sie, Bolitho!« Der Admiral legte den Kopf schief wie ein kleiner, tückischer Vogel. »Ich weiß, was mit Ihrem Schiff los war. Ich habe Admiral Longfords Brief gelesen, alles, was er über die Vorfälle an Bord der Phalarope schreibt, als sie in der Kanalflotte Dienst tat. Ich bin nicht sonderlich beeindruckt, um es gelinde auszudrücken.«
    Bolitho wurde rot. Was der Admiral sagen wollte, lag klar auf der Hand. In seinen Augen war die Phalarope ein gezeichnetes Schiff, ganz gleich, was sie erreichte.
    »Ich habe mich nicht aus dem Staub gemacht, Sir«, sagte Bolitho kalt. »Es ereignete sich alles so, wie ich es berichtet habe. Meines Erachtens wollte das Kaperschiff weitere Schäden vermeiden.« Zwei Bilder standen ihm plötzlich wieder vor Augen: die krachende Breitseite und die Kettengeschosse, welche die Takelage der Andiron wie Spinnweben wegfegten; und dann die Toten, die dem Meer übergeben wurden. »Meine Männer hielten sich so gut, wie ich hoffen konnte, Sir. Sie hatten wenig Zeit, sich vorzubereiten.«
    »Bitte nicht diesen Ton mir gegenüber, Bolitho!« Der Admiral funkelte Bolitho an. »Ich werde entscheiden, welchen

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