Bruderschaft der Unsterblichen
der an mir vorbeig e rauscht war, in jener Nacht in Chikago. Ich hörte das schrille Lachen wieder aus dem A b grund aufsteigen, und ich fragte mich, ob mir jetzt wieder so ein Moment ve r heerender Zweifel bevorstand. Glaubst du wirklich, daß du hier etwas gewonnen hast? Plötzlich spähte Dr. Nic o lescu auf mich herunter, ein graues Gesicht, traurige Augen, kopfschüttelnd beschuldigte er mich in seiner milden, bescheidenen Art, daß ich ihn so wenig freun d lich beha n delt hatte. Ich machte keine Ausflüchte, noch wimmerte ich oder wandte meinen Blick ab, denn die Schuld war von mir genommen. Ich hielt meine müden Augen auf und starrte ihn an, bis er verschwunden war. Wie sicher bist du dir, daß es möglich ist, das zu erla n gen, wonach du suchst? Neds Gesicht tauchte auf. Tim o thys wieder. Olivers. Und dann mein e i genes, das eigene Gesicht von Eli, dem eigentlichen Ansti f ter der Reise, dem hilflosen Führer des Fruchtbodens. Glaubst du wir k lich, daß du hier etwas gewonnen hast? Ich studierte mein Gesicht, mißbilligte die unschönen Stellen, ve r suchte die Kontrolle darüber zu erlangen, es zum plu m pen, teigigen Gesicht der Kindheit zurückzuentwickeln – dann ließ ich es sich wieder nach vorn in der Zeit verä n dern bis zur Gegenwart, zum neuen, ungewohnten Eli aus dem Schädelhaus, und ging noch darüber hinaus bis zu einem Eli, den ich noch nie z u vor gesehen hatte; ein Eli, der noch kommen würde, zeitlos, stumpf, phlegmatisch, ein Eli, der zum Bruder geworden war, ein Gesicht aus feinem Leder, ein Gesicht aus Stein. Während ich diesen Eli begutachtete, hörte ich den Versucher wieder behar r lich seine Fragen stellen: Wie kannst du dir dessen sicher sein? Wie kannst du dir dessen sicher sein? Wie kannst du dir dessen sicher sein? Er fragte immer wieder, hä m merte mir die Fragen ein, bis ihre Echos in ein einziges formloses Brummen z u sammenflossen. Ich hatte keine Antwort für ihn und fand mich selbst allein auf einem dunklen, polaren Plateau wi e der, klammerte mich an ein Universum, aus dem die Götter geflohen waren. Und ich dachte: Ich habe das Blut meiner Freunde vergo s sen, doch wozu? Doch wozu? Aber dann kehrte die Stärke zu mir zurück, und ich brüllte Ihm meine Antwort in Se i nen brummenden Spott hinein, schrie, daß ich wieder zum Glauben gefunden hätte. Ich trat sicher auf, weil ich wu ß te, daß ich mir ganz sicher war. „Ich glaube! Ich glaube! Ich mache Dir Deinen Sieg streitig!“ Und ich zeigte mir in meiner Vorstellung, wie ich durch die stra h lenden Straßen weit entfernter Morgen ging, auf dem B o den fremder We l ten schritt, zeigte mir selbst einen ewigen Eli, der den Strom der Jahre umschloß. Und ich lachte, und Er lachte auch. Und Sein Lachen drohte mein L a chen zu verschli n gen. Aber mein Glaube geriet nicht ins Wanken, und schließlich schwieg Er und erlaubte mir damit, als let z ter zu lachen.
Dann fand ich mich vor dem vertrauten Mosaikschädel sitzend wieder, mit krächzender Kehle und zitternd. Es gab keine weiteren Metamorphosen. Die Zeit der Vision war vorüber. Ich stand auf, verließ mein Zimmer und lief eilig den Korridor hinunter, bis zu jenem Teil des G e bäudes, wo die nackten Balken allein gegen den offenen Himmel standen. Als ich aufsah, entdeckte ich einen ri e sigen Falken über mir, der in weiter Ferne seine Kreise zog. Dunkel hob er sich gegen die grelle, unvermischte Blauheit des Hi m mels ab. Falke, du wirst sterben, und ich werde leben. Da r an zweifle ich keine Sekunde. Ich lief weiter um eine Ecke, bis ich in den Raum kam, wo unsere Treffen mit Bruder Antony stattfanden. Der Br u der und Ned waren bereits a n wesend, und offensichtlich warteten sie auf mich; denn der Anhänger des Bruders hing noch um seinen Hals. Ned l ä chelte mich an, und Bruder Antony nickte. Ich verstehe, schien jeder von i h nen zu sagen. Ich verstehe. Solche Stü r me kommen vor. Ich kniete mich n e ben Ned hin. Bruder Antony zog den Anhänger ab und legte den kleinen Jad e schädel vor uns auf den Boden. Das ewige Leben gewähren wir dir. „Laßt uns die innere Vision auf das Symbol ric h ten, das wir hier sehen“, sagte Bruder Antony sanft. Ja. Ja. Fre u dig, erwartungsvoll und ohne Zweifel ergab ich mich erneut dem Schädel und seinen Hütern.
Nachwort
Nur wenige Autoren in der Science-Fiction-Literatur h a ben eine derart erstaunliche Karriere gemacht wie Robert Silverberg. Ganz ohne Zweifel gehört er heute in die kleine Gruppe jener
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