Brückenorakel Bd 2 - Weltenwanderer (German Edition)
ausgestattet. Das Flattern unzähliger Flügelpaare ließ das Sonnenlicht blau flirren. Wie ein Schwarm Stare sammelten sich die Elfen über den Goblins.
Und dann stürzten sie sich auf ihre Gegner herab. Winzigen Düsenjägern gleich gingen sie, begleitet von schrillem Kriegsgeschrei, in den Tiefflug und fielen zu dritt, viert oder fünft über Kobolde und Goblins her. Zwar sausten Krummsäbel durch die Luft, um sie abzuwehren, doch die Elfen waren zu flink und außerdem in der Überzahl. Avi beobachtete, wie Levi sich duckte und vor einem angreifenden Elf die Flucht ergriff.
Einem Goblin gelang es, einen Elf niederzuschlagen, aber sofort packten ihn zwei andere an den Schultern und zerrten ihn zu Boden. Drei weitere sprangen ihm auf die Brust. Während einer ihm das Gesicht zerkratzte, stieß ihm ein anderer seinen Dolch in die Kehle.
Bald tobte ein schreckliches Gemetzel. Jeder Widerstand war zwecklos, denn die Elfen waren zwar klein, aber zwanzigmal so viele wie Kellens Goblins. Und sie kannten keine Gnade. Einige benutzten ihre winzigen Dolche, doch viele machten sich einfach mit Zähnen und Klauen über ihre Opfer her. Avi hörte einen Schrei und sah, wie ein Goblin von mehreren Elfen bis auf halbe Höhe der Mauer in die Luft getragen wurde. Seine Schreie verwandelten sich in Angstgeheul, als sie ihn fallen ließen. Begleitet vom widerwärtigen Knacken brechender Knochen und dem Schmatzen aufplatzender Haut, landete er in der Halle.
Die Goblins, die zu fliehen versuchten, wurden verfolgt und entweder in einem Gewirr zuckender Gliedmaßen auf dem Boden getötet oder in die Luft gehoben, wo man den Rest der Schwerkraft überließ.
Nach kurzer Zeit waren nur noch wenige von Kellens Truppen übrig, die sich in dem verzweifelten Versuch, den König der Goblins zu schützen, um ihren Gebieter scharten. Einer nach dem anderen musste sich dem unerbittlichen Ansturm der Elfen geschlagen geben. Rings um sie herum lagen ihre Kameraden tot oder sterbend in ihrem Blut. Kellen jedoch wirkte eher wütend als verängstigt. Scheinbar kümmerte es ihn nicht, dass nun sein letztes Stündlein geschlagen hatte. Langsam wich er an die Mauer zurück. Aber wo war Levi? Avi konnte seine Leiche nicht unter den vielen Toten entdecken.
Schließlich wurde der letzte Goblin von den tobenden Elfen niedergemäht und lag, die Hände ausgestreckt, Kellen zu Füßen. Aus unerklärlichen Gründen hatten die Elfen den König der Goblins bis jetzt verschont. Nun landeten sie und umzingelten ihn. Es waren Hunderte, denen die Mordlust noch immer ins Gesicht geschrieben stand. Kellen stieß ein Knurren aus, das an einen von der Meute gestellten Bären erinnerte.
»Avi!«, rief Kensington aus der Mitte des Elfenschwarms. »Was sollen wir mit ihm machen?«
Als Kellen Avi mit einem abfälligen Blick bedachte, ging der mit Hannah zu ihm hinüber. Sein Feind stand, hoch aufgerichtet und stolz wie immer, mit verschränkten Armen da. Nun war er Avi auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Aber konnte Avi wirklich gutheißen, dass Kellen in Stücke gerissen wurde? Hätte das nicht bedeutet, dass er auch nicht besser war als er? Er sah Hannah an, die den Kopf schüttelte.
»Ich weiß nicht«, sagte er.
Kensington zog die Augenbrauen hoch. »Noch irgendwelche letzten Worte?«, fragte er Kellen.
Kellen ließ die Hände auf Taillenhöhe sinken. »Nur das hier«, erwiderte er und griff an seinen Gürtel.
»Vorsicht!«, rief Hannah.
Im nächsten Moment wurde Kellens verächtliche Miene von einem Blick abgelöst, in dem Todesangst stand.
Hastig tasteten seine langen Finger den Gürtel nach einem offenbar verschwundenen Gegenstand ab.
»Suchst du das hier, Vater?«, erklang da eine Stimme.
Avi und die anderen drehten sich um. Levi kroch unter der Plane hervor, nahm lässig einen Schluck aus einem Fläschchen und hielt es dann hoch. Avi erkannte es sofort. Kellens Elfenextrakt.
»Gib es mir!«, knurrte Kellen. Als er einen Schritt vorwärts machen wollte, erhoben sich die Elfen in die Luft und drängten ihn zurück. »Sofort her damit!«
»Oh, ich glaube nicht, Vater«, entgegnete Levi. »Weißt du, der Bastard, der zufällig mein Bruder ist, hat mich nämlich auf einen Gedanken gebracht. Er sagte, so lange du am Leben seist, hätte ich keine Chance auf den Thron. Und weißt du noch etwas? Ich finde, er hat recht.«
»Wehe dir!«, drohte Kellen.
»Mäßige dich, Vater«, wiederholte Levi Kellens Befehl von vorhin. Er nahm noch einen Schluck aus der
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