Brüder der Drachen
es zu erfahren, ob seine Hoffnung ihn nicht getrogen hatte. Denn wenn Loridan wirklich im Drachenland war, dann hätte er zweifellos hier Station gemacht.
Der felsige Spalt verengte sich immer weiter, und Deryns Reittier zerrte unwillig am Zügel, als sie in die kühle Dunkelheit eintauchten. Noch hatte er keinen Menschen gesehen, und die Besorgnis keimte in ihm, dass das Rasthaus inzwischen verlassen sein könnte, doch schon einen Moment später erkannte er eine Bewegung in der Dunkelheit vor sich. Eine magere Gestalt, gehüllt in zerschlissene Kleidung, tauchte plötzlich aus den Schatten auf. Als sich der Fremde näherte, sah Deryn, dass dieser fast noch ein Knabe war. Der Junge lächelte scheu und streckte eine Hand nach dem Zügel der Echse aus.
»Sei gegrüßt, junger Freund«, sagte Deryn. »Willst du dich um meinen Craith kümmern?«
Der Junge sagte nichts, nickte jedoch lebhaft und lächelte weiterhin. Mit einem Stirnrunzeln ließ Deryn ihn gewähren und beobachtete anerkennend, wie der Junge geschickt der forschend hervorschnellenden Zunge der Echse auswich und liebevoll die Flanke des Reittieres tätschelte. Der königliche Bote zog eine Kupfermünze hervor, die er dem Jungen zuwarf.
»Vielleicht kannst du mir weiterhelfen«, sagte er. »Ich suche jemanden.«
Das Lächeln wich nicht aus dem Gesicht des Jungen, während er mit seinem Arm zu einem schmalen Durchgang zeigte, der von dem Felsspalt abzweigte. Verwundert über den seltsamen Burschen folgte Deryn dem gewiesenen Gang, tiefer hinein in den Fels. Bald versperrte ein Vorhang aus braunem Stoff seinen Weg, dahinter waren leise Stimmen zu hören. Als Deryn das grob gewebte Tuch entschlossen zur Seite schob, wehte ein Hauch wärmerer Luft in sein Gesicht. Die Gaststube war nicht groß, und das kleine Feuer, das in einem offenen Kamin brannte, sorgte für Gemütlichkeit. Im rückwärtigen Bereich des höhlenartigen Raumes war eine Bretterwand mit einer Tür darin errichtet. Es schien eine gute Belüftung zu geben, denn der Rauch des Feuers war kaum zu riechen. In dem Raum standen zwei lange Tische, und an einem von diesen saßen drei Männer. Alle blickten dem Ankömmling neugierig entgegen, doch nur einer erhob sich, um Deryn zu begrüßen. Es war ein fetter Mann mit einem ungepflegten Bart, und sein Blick erschien nicht sonderlich freundlich.
»Ich bin Quildon«, sagte er. »Was kann ich für Euch tun?«
»Deryn ist mein Name. Ich bin auf der Suche nach jemandem – vielleicht habt Ihr ihn gesehen.«
Ohne etwas zu sagen, nickte der Wirt seinen Gefährten zu, wobei die Furche auf seiner Stirn tiefer wurde. Die beiden Männer erhoben sich, und Deryn sah lange Dolche an ihren Gürteln baumeln. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er einen Fehler gemacht hatte. Sein rostroter Umhang mochte in dem spärlichen Licht der Höhle vielleicht mit den Schatten verschmelzen, unverkennbar jedoch war das aufgestickte Wappen mit dem leuchtend roten Kopf des Narvi. Die Menschen, die hier in dieser Wildnis lebten, hatten sich diesen ungewöhnlichen Wohnort zumeist deshalb ausgesucht, weil sie in irgendeinem Konflikt mit den Gesetzen des Reiches standen. Und für die meisten von ihnen war es keine gute Nachricht, von einem Gesandten des Königs gesucht zu werden.
»Seid Ihr alleine hier, Bote des Königs?« Ein lauernder Unterton lag in der Stimme des Wirtes. Einer der beiden Gäste – ein vierschrötiger Geselle mit einem buschigen Vollbart – ging durch den Vorhang nach draußen. In seiner Hand war ein Bogen, der zuvor neben dem Tisch an der Wand gelehnt hatte.
»Ja, das bin ich.« Trotz der angespannten Stimmung wagte Deryn ein offenes Lächeln und trat an einen der Tische heran. »Wollt Ihr mir nicht ein Bier bringen, während Euer Freund sich davon überzeugt, dass meine Worte wahr sind?«
Quildon gab nur ein Grunzen von sich, und sein Blick blieb finster, aber er schlurfte davon und kehrte wenig später mit einem Krug zurück. Er stellte das Getränk vor Deryn, der sich mittlerweile auf einen der roh gezimmerten Stühle gesetzt hatte. In diesem Moment trat auch der Bärtige wieder durch den Vorhang und zuckte zu dem Wirt gewandt mit den Schultern. Die Anspannung, die den Raum erfüllt hatte, ließ ein wenig nach, und Quildon stützte sich dem Gesandten gegenüber mit seinen großen haarigen Händen auf die zerschundene Tischplatte.
»Also, wer ist es, den Ihr sucht?«, fragte er, immer noch mit einer Spur von Misstrauen in der Stimme.
»Der Mann, dem
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