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Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Titel: Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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bewenden zu lassen. Hake nie nach, verlange keine Klarstellung. Laß sie einfach reden, bis ihnen die Worte ausgehen und sie nichts weiter zu sagen haben: Das war dann der Moment, in dem man anfing, Fragen zu stellen.
    »Es ist dieses Käsegeschäft, das dem Typen mit dem schütteren Haar gehörte, der nie ohne Hut ging. Netter Mensch; als wir noch drüben wohnten, hat meine Mutter immer bei seinem Vater eingekauft. Jedenfalls, letztes Jahr haben sie seine Miete verdreifacht, worauf er sich entschloß, in Rente zu gehen, und da habe ich die buonuscita gezahlt und den Mietvertrag übernommen.« Er sah Brunetti an, um sich zu vergewissern, ob der ihm folgen könne. »Nun will ich dort Masken und Souvenirs verkaufen, und dafür brauche ich Schaufenster, damit die Leute meine Waren auch sehen. Mein Vorgänger hatte nur eines auf der rechten Seite, wo er seinen Provolone und Scamorza ausstellte, aber links vom Eingang gab's ursprünglich noch ein zweites, das hat sein Vater bloß vor gut vierzig Jahren dichtgemacht und zugemauert. Auf den Bauplänen ist es aber noch verzeichnet, kann also wieder freigelegt werden. Und ich brauche es. Ich muß zwei Schaufenster haben, denn nur, wenn den Touristen der ganze Plunder ins Auge springt, lassen sie sich verführen und nehmen eine Maske mit heim nach Düsseldorf oder Liverpool.«
    Er und Brunetti brauchten sich nicht eigens über die Torheit der Souvenirjäger zu verständigen oder darüber, daß vieles von dem, was Marco in seinem Laden als »Original venezianische Handarbeit« anbieten würde, aus Drittweltländern stammte, wo der einzige Kanal, mit dem die Hersteller je in Berührung kamen, der Abwassergraben hinter ihren Häusern war.
    »Jedenfalls, ich habe den Mietvertrag übernommen, und mein Architekt hat die Pläne gezeichnet. Das heißt, die hatte er längst fertig, schon seit ich mit dem früheren Besitzer einig geworden bin, aber einreichen konnte er sie erst, als der Mietvertrag auf meinen Namen umgeschrieben war.« Wieder sah er Brunetti an. »Das war im März.« Marco hob die zur Faust geballte Rechte, reckte den Daumen hoch, wiederholte »März« und zählte dann die Monate an den Fingern ab. »Das ist sieben Monate her, Guido. Sieben Monate haben die Scheißkerle mich schmoren lassen. Ich zahle die Miete, mein Architekt geht einmal im Monat aufs Planungsbüro und erkundigt sich nach der Baugenehmigung, und jedesmal erzählen sie ihm, daß die Papiere noch nicht fertig sind oder daß irgendwas überprüft werden muß, bevor man mir die Bewilligung erteilen kann.«
    Marco öffnete die Faust, ließ die flache Hand auf den Tisch sinken und legte die andere mit gespreizten Fingern daneben. »Du weißt, was dahintersteckt, oder?« fragte er.
    »Ja«, sagte Brunetti.
    »Also habe ich letzte Woche zu meinem Architekten gesagt, er soll die Brüder endlich fragen, wieviel sie verlangen.« Marco spähte über den Tisch, gespannt, ob der Commissario sich überrascht, vielleicht sogar schockiert zeigen würde, aber Brunettis Miene blieb gelassen.
    »Dreißig Millionen.« Marco machte eine lange Pause, aber Brunetti sagte immer noch nichts. »Wenn ich ihnen dreißig Millionen zahle, dann kriege ich nächste Woche die Genehmigung, und die Arbeiter können loslegen und mit der Renovierung anfangen.«
    »Und wenn du nicht zahlst?« fragte Brunetti.
    »Weiß der Himmel«, sagte Marco kopfschüttelnd.
    »Wahrscheinlich können sie mich dann noch mal sieben Monate zappeln lassen.«
    »Warum hast du ihnen denn nicht schon früher ein Angebot gemacht?« fragte Brunetti.
    »Weil mein Architekt dauernd sagte, das sei nicht nötig, er kenne die Herren von der Planungskommission, und es seien eben nur eine Menge Aufträge vor mir dran. Und ich habe im übrigen ganz andere Probleme.« Einen Moment lang glaubte Brunetti, Marco würde ihm auch davon erzählen, aber der sagte nur: »Nein, nein, das gehört nicht hierher.«
    Brunetti erinnerte sich, wie vor ein paar Jahren eine Fast-food-Kette in vier verschiedenen Vierteln Lokale übernommen und im großen Stil renoviert hatte. Die Bauarbeiter waren Tag und Nacht im Einsatz gewesen. Ehe man sich's versah und lange bevor irgend jemand mit der Eröffnung rechnete, waren sie bereits auf dem Markt, und der Geruch ihrer verschiedenen Hamburger-Kreationen verpestete die Luft wie ein Schlachthaus auf Sumatra zur Sommerzeit.
    »Und bist du entschlossen zu zahlen?«
    »Mir bleibt ja kaum eine andere Wahl, oder?« fragte Marco resigniert. »Ich zahle

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