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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Brantenberg
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Direktorin Bram und ihre Familie: Kristoffer, Petronius und Ba

    „Schließlich sind es noch immer die Männer, die die Kinder bekommen“, sagte Direktorin Bram und blickte über den Rand der Egalsunder Zeitung zurechtweisend auf ihren Sohn. Es war ihr anzusehen, daß sie gleich die Befrauschung verlor. „Außerdem lese ich Zeitung.“ Verärgert setzte sie ihre Lektüre fort, bei der sie unterbrochen worden war.
    „Aber ich will Seefrau werden! Ich nehme die Kinder einfach mit“, sagte Petronius erfinderisch.
    „Und was glaubst du wohl, wird die Mutter des Kindes dazu sagen? Nein, mein Lieber. Es gibt gewisse Dinge im Leben, mit denen du dich abfinden mußt. Du wirst allmählich lernen, auch das zu mögen, womit du dich abfinden mußt. Selbst in einer egalitären Gesellschaft wie der unseren können es nicht alle Wibschen gleichhaben. Es wäre zudem tödlich langweilig. Grau und trist.“
    „Es ist viel grauer und trister, nicht werden zu dürfen, was dam will.“
    „Wer hat denn gesagt, daß du nicht werden darfst, was du willst? Ich sage nur, du sollst realistischer sein. Kerne kann das Ei essen und zugleich das Küken haben wollen. Bekommst du Kinder, so bekommst du Kinder. Hör mal zu, Petronius. In meiner Jungmädchenzeit hatte ich auch eine Menge hochfliegender Träume von dem, was ich werden wollte. Seefrauenromantik. Daran leidest du. Du solltest aufhören, all die abenteuerlichen Erzählungen über die Taten von Frauen zu lesen, und dich lieber in Jünglingsromane vertiefen. Dabei bekommst du viel realistischere Vorstellungen. Außerdem ist das kein richtiger Mann, der zur See fahren will.“
    „Aber die meisten Seefrauen, die ich kenne, haben doch auch Kinder!“
    „Das ist doch etwas ganz anderes! Eine Mutter, Petronius, kann nie Vaterstelle bei einem Kind vertreten.“
    Seine Schwester lachte gemein. Sie war anderthalb Jahre jünger als er und ärgerte ihn immer. „Haha! Ein Mann soll Seefrau werden? Denkste!“ Neunmalklug fügte sie noch hinzu, daß der Widersinn doch schon in den Wörtern liege. „Eine männliche Seefrau! Der blödeste Ausdruck seit Wibschengedenken. Ho, ho! Vielleicht solltest du Schiffs junge werden? Oder Zimmer mann ? Oder Steuer mann ?! . Ich lach’ mich tot. Alle Männer, die zur See gehen, sind entweder Prostis oder Fallüster.“
    „Fallüster?“
    „Fallüster, ja! Sicher! Und in jedem Hafen stehen die Prostis in Reih mit Glied, um die Seefrauen zu empfangen!“ Sie zog ihn an den Haaren. „Papa, Ba ziept mich!“
    „Meine Göttin noch mal! Gibt es denn nie Frieden hier?“ Der Gatte der Direktorin Bram kam aus dem Badezimmer gestürzt, den Bart auf Lockenwickler gerollt. „Befrauscht euch endlich, Kinder! Ba, merk dir, Petronius ist haarempfindlich.“
    „Empfindlich an den Haaren und empfindlich überall. Merk dir, Petronius gehört dem empfindsamen Geschlecht an!“ Das klang wie ein Refrain. Kess fuhr Ba fort: „Papa, muß Petronius nicht bald einen PH tragen?“ Petronius wurde puterrot.
    „Ruhe! Ich lese!“ brummte die Direktorin.
    „Noch etwas Kaffee, Rut?“ fragte der Direktorinnengatte ablenkend und freundlich.
    „Hmmmmmm“, kam es geistesabwesend, „heilige Luzia! Nun fordern die jüngeren Jahrgänge schon wieder höhere Gehälter. Vielleicht sollte ich mich aber dennoch befruchten lassen, Kristoffer. Der war übrigens viel zu stark.“
    „Wir haben doch schon zwei.“
    „Der Kaffee war zu stark, sage ich.“
    „Soll ich neuen machen?“
    „Dafür ist es viel zu spät! Ich habe nicht die Zeit zu warten, bis du dich bequemst, neuen zu machen“, sagte sie beleidigt und schluckte den Rest mit verzogenem Gesicht herunter.
    „Ich will Taucher werden!“
    „Hohoho! Taucher! Es gibt ja gar keine Taucheranzüge für Männer! Eine männliche Froschfrau!“ Ba schlug sich auf die Schenkel, zeigte auf den Bruder und amüsierte sich drohnenmütterlich.
    „Gibt es denn schon Taucheranzüge für Männer, Mama?“
    Die Direktorin antwortete nicht.
    „Vielleicht könnte Papa einen machen“, sagte Petronius.
    „Machen? Was könnte ich machen? Mehr Kinder?“
    „Nee, einen Taucheranzug für Männer.“
    „Toller Einfall! Hier, meine Herren und Damen, zum ersten Mal: ein Taucheranzug für Männer! Absolut reißfeste Isolierung! Was für eine Sensation! Daß ich darauf nicht eher gekommen bin!“ Die Direktorin jubelte. „Ich bin die erste Frau, die mit Klischeevorstellungen und landläufigen Konventionen bricht. Jawohl, denn eigentlich,

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