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Buch des Todes

Buch des Todes

Titel: Buch des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Brekke
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auf die Leiche zu. Die keine Leiche war.Vatten bewegte sich. Entblößte Muskeln zogen sich zusammen, und die Sehnen streckten sich, als er ganz langsam den Arm hob und auf ihn zeigte. War das eine stille Anklage? Überall tropfte Blut. Die Tropfen rannen an Armen und Hals entlang, liefen über sein Gesicht, sammelten sich in den Haaren, die rot-schwarz glänzten, tropften von dort schwer auf den Boden, auf dem sich eine große, rote Lache gebildet hatte.Aber es waren nur Rinnsale, es waren keine größeren Adern verletzt. Dort, wo die Haut am Hals endete, sah er eine dicke Ader, die sich ausweitete und zusammenzog, der Körper wurde also noch immer mit Blut versorgt, wenn auch mit immer weniger.
    Vatten ließ den Arm wieder zum Boden sinken. Seine Lippen bewegten sich. Er flüsterte etwas, das Singsaker nicht hören konnte. Seine matten Augen waren aber ohne Zweifel auf ihn gerichtet. Er trat dicht an Vatten heran und hockte sich so hin, dass ihre Gesichter dicht voreinander waren. Er versuchte, sich nur aufVattens Gesicht zu konzentrieren, das noch von Haut überzogen war.Vorsichtig legte er ihm die Hand in den Nacken. Er fühlte sich heiß und verschwitzt an.
    »Es tut mir so leid«, sagte Singsaker. Seine Worte hörten sich hohl an.
    »Das ist seine Schuld, nicht Ihre«, flüsterte Vatten. Es gurgelte in seinem Hals. Singsaker hörte trotzdem, was Vatten sagte. Jon Vatten hustete röchelnd, bevor er fortfuhr:
    »Versprechen Sie mir eins. Machen Sie kein mythenumwobenes Monster aus ihm. Er darf nicht … prominent werden. Er ist einfach nur krank, ein sehr kranker Mensch. Nicht mehr. Er ist es nicht wert, dass man öffentlich über ihn berichtet oder … Bücher schreibt.Wir hatten einfach nur Pech, ihm zu begegnen.« Er sprach langsam, mit großen Pausen, als wäre jeder Punkt der Start eines neuen Marathons.
    »Sie und Gunn Brita?«
    »Ich und Hedda und Edvard«, sagte Vatten.
    »Ihre Familie? War das auch er?«, fragte Singsaker, obwohl er eigentlich nicht mehr daran zweifelte. Mit einem Mal wusste er, was ihn an diesem Fall die ganze Zeit gestört hatte und warum er sich so unwohl gefühlt hatte. Jon Vatten war mit all seinen inneren Widersprüchen und den fast paradoxen Gegensätzen auf merkwürdige Weise einer der glaubwürdigsten Menschen, denen er je begegnet war. Er war aufgrund einer Verkettung höchst unglücklicher Zufälle ins Visier der Polizei geraten. Trotzdem hatte irgendetwas in ihm Vatten vertraut. Er wollte ihm das sagen, aber Vatten kam ihm zuvor:
    »Versprechen Sie mir noch eine Sache?«, sagte er.
    »Was?«
    Vatten letzter Wunsch war überraschend, machte auf sonderbare Weise aber auch Sinn.
    »Übernehmen Sie … mein Fahrrad? Das war ein Ge schenk von Hedda, und ich habe es schändlich verkommen lassen.«
    Ein flüchtiges, mattes Lächeln glitt über seine Lippen. Dann hustete er, aus dem Mundwinkel rann Blut in sein Nasenloch, und er hing ganz still.
    Singsaker wollte noch etwas sagen.Aber was? Dass er seinem Mörder geglaubt hatte und nicht ihm? Was nützte das jetzt noch? Ihm fehlten die Worte, und er blieb einfach sitzen und sah Jon Vatten an. Ein Schleier legte sich über seine Augen. Dann hörte er auf zu atmen. Die winzigen, kaum spürbaren Bewegungen, die einen Menschen in absoluter Ruhe von einem Toten unterschieden, setzten aus.
    Er hörte Felicia hinter sich atmen.
    »Odd, wir sollten hier raus«, sagte sie leise. »Die Tür war nicht verschlossen, als wir kamen. Du weißt, was das bedeutet.«
    Das Geräusch von schnellen Schritten ließ sie verstummen, Singsaker hörte einen dumpfen Laut. Er schwang herum und sah Felicia mit einem Messer im Rücken zu Boden gehen, als jemand eine Brechstange gegen seine Schläfe schlug.
    »Edgar Allan Poe starb im Delirium, völlig umnachtet.« Jens Dahle lachte schnarrend. Singsaker blinzelte drei Mal und bemerkte, dass die Welt wieder scharf wurde.Aber alles war verkehrt herum. Er hing an den Füßen. Neben ihm baumelte die Leiche von Jon Vatten. Jetzt war der Kopf entfernt. Der süßliche, metallische Geruch von Fleisch und Blut lag in der Luft. Er wandte sein Gesicht der Gestalt vor sich zu. Dahle hatte seinen Oberkörper entblößt. Er war nicht nur groß, sondern auch muskulös und durchtrainiert. Er hatte sich die Maske einer Frau mit langen, blonden Haaren über das Gesicht gezogen. Hedda Vatten, dachte Singsaker. Er hat eine Maske aus ihrer Haut gemacht.
    Es gab keinen Zweifel mehr.Auch damals hatten sie nach ihm gesucht, aber immer

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