Byrne & Balzano 1: Crucifix
das Leben ging weiter, musste weitergehen.
Sie setzte sich auf einen Stuhl in Byrnes Krankenzimmer, das voller Blumensträuße war, und blätterte in einer Zeitschrift, ohne zu wissen, was für eine Zeitschrift es eigentlich war.
Ab und zu blickte sie zu Byrne. Er hatte sehr abgenommen. Seine Haut war grau. Sein Haar wuchs allmählich nach.
Er trug das Kreuz, das Althea Pettigrew ihm geschenkt hatte. Jessica trug den Schutzengel, den sie von Frank Wells bekommen hatte. Nun hatten sie beide einen Talisman und waren gegen alle Andrew Chases in dieser Welt gefeit.
Es gab vieles, das Jessica Kevin Byrne gern gesagt hätte. Es hätte ihn sicher brennend interessiert, dass Colleen zur Abschiedsrednerin der Gehörlosenschule gewählt worden war und dass Andrew Chase nicht mehr lebte. Sie hätte ihm auch gern erzählt, dass das FBI vor einer Woche ein Fax geschickt hatte, in dem stand, dass Miguel Duarte – der Mann, der gestanden hatte, den Doppelmord an Robert und Helen Blanchard begangen zu haben – unter einem falschen Namen ein Konto bei einer Bank in New Jersey hatte. Sie hatten das Geld einer bargeldlosen Überweisung zurückverfolgt, das er von einem Offshore-Konto erhalten hatte, das Morris Blanchard gehörte. Morris Blanchard hatte Duarte zehntausend Dollar gezahlt.
Kevin Byrne hatte Recht gehabt.
Jessica blätterte wieder in der Zeitschrift.
»Hi«, sagte Byrne.
Jessica zuckte zusammen, als sie den leisen, krächzenden Laut hörte. Byrnes Stimme war schwach, aber dennoch unüberhörbar.
Jessica stand auf und beugte sich über das Bett. »Ich bin hier«, sagte sie. »Ich bin hier.«
Byrne schlug die Augen auf und schloss sie sofort wieder. Einen schrecklichen Moment fürchtete Jessica, er würde sie nie mehr öffnen. Aber nach ein paar Sekunden tat er es doch. »Ich habe eine Frage«, sagte er.
»Okay«, sagte Jessica. Ihr Herz klopfte. »Sicher.«
»Hab ich dir je gesagt, warum ich Riff Raff genannt werde?«
»Nein«, erwiderte Jessica leise. Sie würde nicht weinen. Auf gar keinen Fall.
Die Andeutung eines Lächelns umspielte seine rissigen Lippen.
»Es ist eine gute Geschichte, Partner«, sagte er.
Jessica hielt seine Hand.
Und drückte sie leicht.
Partner.
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