Cäsar Birotteau (German Edition)
schämen müssen. Ich will ihnen, meinen Feinden, zeigen, daß Frankreich lieben den König lieben heißt!«
»Du bildest dir also ein, Feinde zu haben, du Ärmster ?«
»Na freilich haben wir Feinde, liebe Frau! Und die Hälfte, unserer Freunde im Stadtviertel sind auch unsere Feinde. Sie sagen alle: ,Birotteau kommt fabelhaft vorwärts! Er hat mit nichts angefangen, jetzt ist er Stadtverordneter! Ihm gelingt alles.' Ich sage dir, sie werden Maul und Nase aufsperren! Ich teile dir hierdurch mit, daß ich Ritter der Ehrenlegion geworden bin! Du bist die erste, die es erfährt. Majestät hat gestern die Kabinettsorder unterschrieben.«
»Dann müssen wir freilich einen Ball geben«, versetzte Frau Birotteau ganz gerührt; »aber sag mir mal, was hast du bloß Großes vollbracht, um den Orden zu kriegen?«
»Als mich Herr de la Billardière, unser Oberbürgermeister, gestern davon benachrichtigte«, erwiderte Birotteau ein wenig verlegen, »habe ich mich genau wie du gefragt, wie ich wohl zu dieser allerhöchsten Auszeichnung käme. Auf dem Heimwege aber habe ich die Berechtigung doch erkannt und Majestät beigestimmt. Erstens einmal bin ich Royalist und im Vendémiaire auf den Stufen von Saint-Roch verwundet worden! Ist das etwa nichts, damals für die gute Sache gekämpft zu haben? Ferner habe ich, wie mir die angesehensten Kaufherren versichert haben, mein Amt als Handelsrichter zur allgemeinen Zufriedenheit geführt. Endlich bin ich Stadtverordneter. Der König hat der Stadtverwaltung von Paris vier Orden zur Verfügung gestellt. Nach reiflicher Überlegung, wer dekoriert werden könnte, hat unser Herr Oberbürgermeister meinen Namen als ersten auf die Liste gesetzt. Übrigens muß mich Majestät kennen. Ich liefere nämlich den einzigen Puder, den Majestät mag. Die Firma Birotteau, Ragons Nachfolger, besitzt einzig und allein das Puderrezept der hochseligen Königin. Unser Herr Oberbürgermeister hat sich sehr für mich ins Zeug gelegt. Siehst du, Konstanze, da mir Majestät sozusagen aus freien Stücken den Orden verleiht, so wäre es einfach unanständig, wenn ich ihn ausschlüge. War es mit meiner Stadtverordnetenwürde nicht genau so? Ich mußte sie annehmen! Da es uns also mordsmäßig gut geht – wie dein Onkel Pillerault zu sagen pflegt, wenn er gute Laune hat –, so habe ich die Absicht, alles bei uns zu Hause unsern glücklichen Erfolgen gemäß zuzuschneiden. Wenn ich nun schon etwas geworden bin, so habe ich das Gottvertrauen, auch noch mehr zu werden, sogar Stadtrat, wenn das Schicksal es will. Du bist kolossal im Irrtum, liebe Frau, wenn du dir einbildest, ein Bürger erfülle seine Pflichten gegen das Vaterland, wenn er zwanzig Jahre lang Parfümerien an die verkauft, die solches Zeug lieben. Nimmt der Staat unsern Verstand in Anspruch, so müssen wir ihm den zur Verfügung stellen, und zwar ganz ebenso prompt, wie wir ihm unsere Steuern zahlen. Hast du denn Lust, ewig in deinem Kontor zu hocken? Du steckst leider Gottes schon viel zu lange darin. Der Ball soll einmal ein Fest für uns werden. Schluß mit dem Detailverkauf – für dich nämlich! Ich stecke unser altes Ladenschild ,Zur Rosenkönigin‘ in den Ofen, lasse unsere Firma ,Cäsar Birotteau, Ragons Nachfolger, Parfümhändler‘ überstreichen und dafür kurz und bündig in dicken Riesenbuchstaben draufmalen: PARFÜMERIEN. Ich verlege das Kontor, die Kasse und ein hübsches Zimmerchen für dich in den Zwischenstock. Das Hinterstübchen, das jetzige Eßzimmer und die Küche werden Lagerräume. Ich miete den ersten Stock des Nachbarhauses dazu, breche eine Tür durch die Mauer und lasse unsere Treppe nach hinten verlegen, so daß wir unmittelbar von einem Hause ins andere gehen können. Dadurch bekommen wir ein großes Zimmer, das wir neu ausstatten. Ich richte dir auch dein Zimmer neu vor. Du bekommst einen kleinen Salon für dich, und Cäsarine erhält ebenfalls ein hübsches Stübchen. Die Buchhalterin, die wir nunmehr engagieren, der erste Kommis und dein Kammermädchen – ja, ja, liebe Frau, du sollst eins haben! – werden im zweiten Stock wohnen. In den dritten kommen die Küche und die Kammern für Köchin und Lehrling. In dem vierten wollen wir unser Flaschen-, Kristall- und Porzellanhauptlager unterbringen, und in den Giebel kommt unsere Werkstatt. Die Leute können dann nicht mehr von der Straße zusehen, wie die Etiketten aufgeklebt, die Fläschchen ausgesucht, die Tüten gedreht und die Phiolen zugepfropft werden. In der
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