Cäsar Birotteau (German Edition)
dir zusammenlebt, die kennt dich gründlich! Übrigens bist du der Herr im Hause. Unser Vermögen hast allein du erworben. Nicht wahr? Es gehört also dir; du kannst es auch wieder verjuxen! Und selbst wenn wir ins äußerste Elend gerieten, würde weder ich noch deine Tochter dir jemals auch nur den leisesten Vorwurf machen. Aber das sage ich dir: als du deine Sultaninnen-Creme und das Venus-Wasser erfandest, was riskiertest du dabei? Fünf- bis sechshundert Francs! Jetzt aber setzt du dein ganzes Vermögen, auf eine Karte! Du spielst nicht allein und du weißt nicht, ob deine Mitspieler nicht gerissener sind als du. Gib meinetwegen deinen Ball, laß dein Haus umbauen, gib zehntausend Francs dafür aus! Das schadet nichts, das ruiniert uns nicht. Aber deine Grundstücksspekulationen mißbillige ich ganz entschieden. Du bist Parfümhändler, bleibe das und werde kein Grundstücksmakler. Wir Frauen haben einen Instinkt, der uns nicht betrügt. Ich habe dich gewarnt. Jetzt handle nach deinem Gutdünken! Du bist Handelsrichter gewesen, also kennst du die Gesetze! Du hast deine Sache bisher gut gemacht. Ich füge mich. Aber zittern werde ich, bis ich unser Vermögen wieder gesichert und Cäsarine verheiratet sehe. Gebe Gott, daß sich mein Traum nicht erfüllt!«
Diese Nachgiebigkeit ging Birotteau gegen den Strich. Er nahm seine Zuflucht zu einer harmlosen kleinen List, wie er das bei ähnlichen Gelegenheiten immer machte.
»Weißt du, Konstanze, ich habe mich noch nicht endgültig verpflichtet, wenn auch alles so gut wie abgemacht ist.«
»Es ist schon gut, Cäsar! Reden wir nicht mehr davon! Ehre vor Reichtum! Komm, leg dich wieder schlafen, mein Lieber! Das Feuer geht aus, und es ist kein Holz mehr da. Übrigens schwatzt sich's immer besser im Bett, wenn du weiterreden willst... Ach, der häßliche Traum! Mein Gott, sich doppelt zu sehen, schrecklich! Ich werde mit Cäsarine alle Tage für den glücklichen Verlauf deines Grundstückhandels beten.«
»Gottes Hilfe kann ja nichts schaden«, sagte Birotteau ernst, »aber meine Nußessenz ist auch nicht ohne! Genau wie früher die Sultaninnen-Creme habe ich sie durch Zufall entdeckt. Damals war es ein Buch, das mir in die Hände geriet. Diesmal ein Kupferstich: Hero und Leander. Eine Frau, die Öl auf das Haupt ihres Geliebten gießt. Ist das nicht allerliebst? Die sichersten Spekulationen, sind die, die sich auf die Eitelkeit, die Eigenliebe und die Großmannssucht richten. Diese Gefühle sterben niemals aus.«
»Sehr richtig!«
»In einem gewissen Alter laufen sich die Leute die Beine ab, um Haare zu bekommen, wenn sie keine mehr haben. Die Friseure haben mir schon lange gesagt, daß nicht allein das Macassar-Öl gut geht, sondern überhaupt alle Haarfärbemittel und Tinkturen, die angeblich das Wachsen des Haares fördern sollen. Seitdem Frieden im Lande herrscht, haben die Männer mehr Zeit für die Frauen übrig, und die lieben die Kahlköpfe nicht. Nicht wahr, Liebchen? Die Nachfrage nach diesen Artikeln erklärt sich also aus der politischen Lage. Ein Haarkonservierungsmittel würde also wie warme Semmeln abgehen, und zwar um so mehr, als meine Essenz von einer wissenschaftlichen Autorität unbedingt für gut erklärt werden wird. Der gute alte Professor Vauquelin muß mir da noch mal beispringen! Morgen will ich ihm meine Idee zur Prüfung unterbreiten. Ich werde ihm den seltenen alten Kupferstich dedizieren, den ich nach zweijährigem Suchen endlich in Deutschland auf getrieben habe: die Sixtinische Madonna! Er beschäftigt sich gerade mit Haaruntersuchungen. Chiffreville, sein Assistent im chemischen Laboratorium, hat mir's gesagt. Wenn sich meine Erfindung mit seinen Ansichten deckt, wird sie allgemein gekauft werden. Meine Idee ist bares Geld; ich wiederhole dir's. Ich kann schon nicht mehr schlafen. Glücklicherweise hat der kleine Popinot wundervolles Haar. Wenn dazu irgendeine Ladenfee, deren Haar bis auf die Erde reicht, bezeugt, daß sie das unserm Öl verdankt, dann werden die Grauköpfe drangehen wie die Mäuse an den Speck. Und was deinen Ball anbelangt, Kindchen: du weißt, ich bin nicht bösartig, aber dem Gauner, dem du Tillet, der sich auf sein Geld wer weiß was einbildet und mich an der Börse schneidet, dem möchte ich zu gerne mal eins auswischen. Er weiß, daß ich eine seiner Sünden kenne, die nicht besonders schön war. Vielleicht war ich damals zu gutmütig mit ihm. Ist's nicht komisch, daß man gerade für seine guten Taten leiden
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