Cäsar Birotteau (German Edition)
aus. Ohne daß ich mir's anmerken lasse, ziehe ich bei der Behörde, bei Baumeistern und Unternehmern Erkundigungen über das Bauen ein. Grindot, der junge Architekt, der unser Haus umbauen soll, ist in Verzweiflung, daß er kein Geld hat, um auch an der Spekulation teilzunehmen.«
»Was? Du willst Häuser bauen! Man will euch mit diesen Spekulationen nur hineinlegen.«
»Kann man Leute wie Pillerault, Claparon, Roguin hineinlegen? Der Gewinn ist so sicher wie bei unserer Sultaninnen-Creme, das kannst du glauben!«
»Sag mal, mein lieber Freund, warum will Roguin spekulieren, wo man ihm sein Notariat abkaufen will und er dann sein Schäfchen im Trocknen hat? Hm! Das gibt einem zu denken! Ich habe ihn schon ein paarmal sorgenvoller als einen Staatsminister vorübergehen sehen, mit niedergeschlagenem Blick, wie ich ihn gar nicht leiden kann. Seit fünf Jahren sieht er mir gar nicht vertrauenerweckend aus. Er muß heimliche Sorgen haben. Wer garantiert dir, daß er sich nicht aus dem Staube macht, sobald er euer Geld in den Klauen hat? Kennen wir ihn denn wirklich ? Und wenn er auch seit fünfzehn Jahren bei uns verkehrt, so möchte ich doch meine Hand nicht für ihn ins Feuer legen. Weißt du, er hat einen schlechten Ruf und lebt mit seiner Frau in Unfrieden. Sicherlich hat er Weiber, die ihn ruinieren. Manchmal, wenn ich mich früh anziehe, blicke ich durch die Jalousien und sehe, wie er im Morgengrauen wer weiß woher gerade erst drüben in sein Haus hineingeht. Er kommt mir vor wie einer, der irgendwo noch ein zweites Leben führt. Mann wie Frau machen beide, was sie wollen! Ist das eines Notars würdig? Sein Busenfreund ist du Tillet, der Gauner, unser ehemaliger Kommis. Aus dieser Freundschaft sehe ich auch nichts Gutes kommen. Wenn er ihn richtig kennt, dann begreife ich nicht, warum er so dicke Freundschaft mit ihm hält. Merkt er aber nicht, was an du Tillet ist, dann ist er geradezu mit Blindheit geschlagen. Du wirst mir vorhalten, seine Frau habe eine Liebelei mit du Tillet. Na ja! Ich halte von einem Manne nicht viel, der auf die Ehre seiner Frau nicht ebensoviel hält wie auf seine eigene. Schließlich müssen auch die jetzigen Besitzer eurer Grundstücke tüchtige Esel sein, wenn sie für einen Taler etwas weggeben, was dreißig wert ist. Wenn dir ein Kind begegnet, das nicht weiß, was ein Zwanzigfrancsstück wert ist, dann belehrst du es doch. Kurz und gut: euer Geschäft kommt mir nicht sauber vor. Das ist meine Ansicht. Ich sage dir das, ohne dich beleidigen zu wollen.«
»Mein Gott, die Weiber sind doch zuweilen zu närrisch. Sie werfen alles durcheinander. Nähme Roguin nicht an dem Geschäfte teil, würdest du zu mir sagen: ,Hör mal, Cäsar, du läßt dich da in eine Sache ein, an der sich Roguin nicht beteiligt; sie wird also nicht viel wert sein!' Nun ist er gleichsam eine Bürgschaft für uns. Und du sagst mir ...«
»Aber du hast mir doch erzählt, er beteilige sich nur unter dem Namen Claparon ?«
»Natürlich! Ein Notar darf sich offiziell doch nicht an einer Spekulation beteiligen!«
»Warum tut er's denn überhaupt, wenn es ihm das Gesetz verbietet? Was kannst du darauf antworten, du, der du am Buchstaben der Gesetze hängst?«
»Laß mich doch nur ausreden! Roguin nimmt also an der Sache teil. Erst hast du gesagt, das Geschäft tauge nichts. Ist das vernünftig? Und jetzt sagst du, er handle gegen das Gesetz. Wo es erforderlich ist, wird er schon ans Licht treten. Dann sagst du, er sei reich. Kann man das nicht auch von mir sagen? Wären Ragon und Pillerault wohl zu mir gekommen und hätten mir gesagt: ,Warum beteiligen Sie sich denn an der Sache, da Sie doch reich sind wie ein Schweinehändler?'«
»Bei Kaufleuten ist das was anderes als bei Notaren.«
»Na, kurz und gut: mein Gewissen ist rein. Die Leute, die ihre Grundstücke verkaufen, geben sie nur aus Not her. Wir bestehlen sie nicht mehr als die, denen wir Renten zu fünfundsiebzig abkaufen. Heute kaufen wir die Grundstücke zu ihrem heutigen Wert, in zwei Jahren wird er ein anderer sein, ganz wie bei den Renten. Weißt du, liebe Konstanze, daß man Cäsar Birotteau niemals auf einer Tat ertappen wird, die im geringsten gegen die strengste Rechtlichkeit, gegen das Gesetz, gegen das gute Gewissen, gegen die nötige Rücksichtnahme verstößt. Wie kann man einen Mann, der seit achtzehn Jahren Kaufmann ist, in seinem eigenen Hause verdächtigen?«
»Na, beruhige dich nur, Cäsar! Eine Frau, die genau diese achtzehn Jahre mit
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