Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition)
ist lauter wie Gold und rein wie ein Jesuskind: das ist eine Perle von Mann.«
Konstanze verzichtete glattweg auf die Brillanten, von denen sie, wie alle Ladenmädchen, zuweilen geträumt hatte, sie wollte eine anständige Frau und eine gute Hausmutter sein und hatte vom Leben die gewissenhafte Auffassung der Mittelklassen. Und diese Anschauung paßte auch viel besser zu ihr, als die gefährlichen Einbildungen, die die Phantasie so vieler junger Pariserinnen verführen. Von beschränkter Intelligenz, war Konstanze der Typus der kleinen Bourgeoise, deren Tun sich nicht ohne etwas Launenhaftigkeit vollzieht, die erst verweigert, was sie selbst wünscht, und dann böse ist, wenn man sie beim Wort nimmt, deren geräuschvolle Tätigkeit sich auf die Küche und auf die Kasse erstreckt, auf die schwerwiegendsten Angelegenheiten und darauf, Ausbesserungen der Wäsche nicht sichtbar werden zu lassen, die liebt und dabei schilt, nur die einfachsten Gedanken, das geistige Kleingeld, begreift, die über alles urteilt, sich vor allem fürchtet, alles berechnet und immer an die Zukunft denkt. Ihr schönes kühles aber ehrliches Gesicht, ihr herzliches Wesen, ihre Frische ließen Birotteau keinen ihrer Mängel empfinden, die übrigens durch die den Frauen eigene feine Rechtschaffenheit, durch ungewöhnliche Ordnungsliebe, durch fanatischen Fleiß und eine geniale Begabung als Verkäuferin wettgemacht wurden. Konstanze war damals achtzehn Jahre alt und besaß elf tausend Franken. Cäsar, dessen Ehrgeiz die Liebe aufs äußerste anstachelte, kaufte die Rosenkönigin und verlegte den Laden in die Nähe des Vendômeplatzes, in ein hübsches Haus. Erst einundzwanzig Jahre alt, mit einer angebeteten Frau verheiratet, Besitzer eines Geschäfts, dessen Preis er zu drei Vierteln bezahlt hatte, sah er und mußte er in eine rosige Zukunft sehen, besonders wenn er an den Weg dachte, den er seit dem Verlassen der Heimat zurückgelegt hatte. Roguin, Ragons Notar, der den Ehekontrakt aufgesetzt hatte, gab dem neuen Parfümerieinhaber einen klugen Rat, indem er ihn hinderte, den Rest des Kaufpreises mit der Mitgift seiner Frau zu bezahlen.
»Bewahren Sie das Geld lieber für gute Unternehmungen auf, mein Junge«, hatte er zu ihm gesagt. Birotteau sah mit Bewunderung zu dem Notar auf, fragte ihn ferner ständig um Rat und machte ihn zu seinem Freunde. Wie Ragon und Pillerault hatte er ein solches Vertrauen zu einem Notar, daß er ihm ohne jeden Verdacht in alles Einblick gewährte. Dank Roguins Rat hätte Cäsar, im Besitz der elftausend Franken Konstanzes für neue Geschäfte, seine Aussichten nicht gegen die des ersten Konsuls eingetauscht, wie glänzend auch Napoleons Zukunft zu sein schien. Zuerst hielt sich Birotteau nur eine Köchin, bezog den über seinem Laden gelegenen Zwischenstock, eine Art von Rumpelkammer, die von einem Tapezierer ziemlich hübsch instand gesetzt wurde und in dem für das junge Paar ein dauernder Honigmond begann. Im Kontor erschien Frau Konstanze wie ein Wunder. Ihre berühmt gewordene Schönheit war von außerordentlichem Einfluß auf den Verkauf, und unter den jungen Elegants der Empirezeit war fortwährend die Rede von der schönen Frau Birotteau. Wenn Cäsar auch royalistischer Gesinnungen beschuldigt wurde, so erkannte man doch seine Rechtschaffenheit an, und wenn etliche benachbarte Kaufleute ihn auch um sein Glück beneideten, so hielt man ihn doch dessen für würdig. Die Verwundung, die er auf den Stufen von Saint-Roch erhalten hatte, verlieh ihm den Nimbus eines in die politischen Geheimnisse eingeweihten und eines tapferen Mannes, obwohl er weder irgend welchen militärischen Mut im Herzen, noch irgendeine politische Idee im Gehirn besaß. Auf dieser Basis wählten ihn die rechtschaffenen Leute des Arrondissements zum Kapitän der Nationalgarde; er wurde aber von Napoleon kassiert, der nach Birotteaus Ansicht ihm ihr Renkontre im Vendémiaire noch nachtrug. Cäsar wurde so um billigen Preis vom Glanze des Verfolgten umgeben, was ihn in den Augen der Opposition interessant machte und ihn eine gewisse Bedeutung gewinnen ließ.
Betrachten wir nun, wie das Schicksal dieses Ehepaars weiter verlief, dessen Gefühl gegenseitiger Zuneigung nicht nachließ, und das höchstens durch kaufmännische Sorgen beunruhigt wurde.
Im Verlauf des ersten Jahres weihte Cäsar Birotteau seine Frau in den Verkauf und die Einzelheiten der Parfümerien ein, wofür sie ein ausgezeichnetes Verständnis bewies; sie schien
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