Caitlin, du bist zauberhaft
mich noch mehr in Ihre Angelegenheiten einmische. Aber wozu besitzt man die Weisheit des Alters, wenn man nicht verwirrten jungen Leuten damit hilft?“
„Sie reden ja schon wie meine Mutter.“
„Das verstehe ich jetzt als Kompliment“, erwiderte sie lächelnd. „Gute Nacht, Mr. McCloud. Bis Montag, es sei denn, Sie brauchen mich vorher.“
„Danke, Mrs. Tuckerman, ich werde über Ihre weisen Worte nachdenken.“ Nathan blieb in der Küche zurück und überlegte, wie unterschiedlich wohl seine und Caitlins Wünsche waren.
Lindsey saß Caitlin an dem Tisch im Restaurant gegenüber und betrachtete sie eingehend. „Hast du dich inzwischen entschieden, was du machen wirst?“
Caitlin las die Speisekarte. „Ich überlege noch, was ich essen soll. Ich glaube, ich nehme Kalb.“
„Das habe ich nicht gemeint.“ *
„Aber ich, weil ich Hunger habe.“ Das stimmte nicht. Seit Nathan das Büro verlassen hatte, war ihr der Appetit vergangen.
Lindsey wandte sich an den Kellner, der gerade an ihren Tisch kam. „Ich nehme die Scampi.“ Caitlin schluckte heftig. Lindsey hatte ahnungslos Nathans Lieblingsessen bestellt. Schnell bestellte auch sie.
„Willst du nun darüber reden?“ fragte Lindsey.
„Was soll ich dazu sagen? Dass du Recht hattest? ja, du hast mal wieder Recht gehabt. Ich hätte Nathan von Toms Angebot erzählen sollen.“
„Er war wütend auf dich, weil du es ihm verschwiegen hast?“
„Ganz schön.“
„Hast du mit ihm darüber geredet?“
„Er hat mir keine Gelegenheit dazu gegeben, sondern sich wie ein betrogener Liebhaber aufgeführt.“
„Interessant. Ist er etwa eifersüchtig auf Tom?“ fragte Lindsey.
„Das weiß ich nicht.“
- „Bring ihn dazu, dir zuzuhören“, riet Lindsey. „Erkläre ihm deine Gedanken und Gefühle, was die Arbeit und ihn angeht.“
„Ich komme aber nie so weit, dass er mir zuhört.“
„Ach was, das schaffst du schon. Männer sind wie Kinder. Gelegentlich muss man ihnen die Regeln erklären, sonst walzen sie einen platt.“
„Seit wann bist du eigentlich Expertin für Männer?“ fragte Caitlin.
„Ich habe vier ziemlich dämliche Brüder. Hätten sie keine guten Frauen gefunden, wäre nichts aus ihnen geworden.“
„Das trifft aber nicht auf Nathan zu, und ich werde ihn bestimmt nicht wie ein Kind behandeln. Er hat durchaus Grund, sich wegen Toms Brief zu ärgern.“
„Jetzt verteidigst du ihn auch noch. Was willst du eigentlich, Caitlin?“
„Ich will, dass alle aufhören, mich zu fragen, was ich will!“ Lindsey griff nach ihrem Weinglas. „Das ist der springende Punkt. Solange du nicht selbst herausfindest, was genau du eigentlich willst, und es auch aussprichst, bekommst du es nicht.“ Caitlin sah ihre Freundin gequält an. „Weißt du denn, was du willst?“
„Noch nicht“, gab Lindsey zu, „aber ich arbeite daran. Auf uns beide, damit wir herausfinden, was wir haben wollen, und es auch kriegen.“
Caitlin stieß mit ihr an, aber der ausgezeichnete Wein schmeckte für sie wie Essig. Lindsey hatte natürlich Recht: Wenn sie selbst nicht wusste, was sie zu ihrem Glück brauchte, würde sie es auch nicht bekommen. Oder hatte sie es vielleicht schon längst bekommen und riskierte nun, alles wieder zu verlieren?
Im Vergleich zu ihrem Privatleben war der komplizierteste Rechtsstreit sehr einfach.
Mit einem kleinen gelben Rosenstrauß betrat Caitlin das Zimmer in dem Pflegeheim und lächelte –
wie zu jedem Besuch bei ihrer Mutter. Eine Hilfskraft sang leise vor sich hin, während sie das Bett machte, verstummte dann und begrüßte Caitlin fröhlich.
„Guten Morgen, Ms. Briley. Wie geht es Ihnen?“
„Danke, gut, India, und Ihnen?“
„Ich kann nicht klagen.“ Die Hilfekraft sammelte die Bettwäsche ein und deutete zum Sessel am Fenster. „Heute geht es ihr auch gut. Sie hat das ganze Frühstück gegessen.“ Sylvia Briley musste gefuttert werden, und manchmal brauchte sie sogar eine sanfte Halsmassage, um zu schlucken. Caitlin hatte das oft selbst übernommen. „Freut mich zu hören.“ Sie stellte die Rosen in eine Kunststoffvase, während India hinausging, und griff nach einem Foto, ehe sie zu ihrer Mutter trat und sich auf den Besucherstuhl setzte.
„Erinnerst du dich an diesen Tag, Mom?“ Sie zeigte ihr das Bild. „Mein Abschluss am College. Ich kam mir albern vor mit dem Umhang und der seltsamen Kopfbedeckung, aber du hattest dein schönstes Kleid an. Hier ist Daddy. Er war so stolz, dass ich schon
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