Caitlin, du bist zauberhaft
Partner sind daran interessiert, dich kennen zu lernen. Und jetzt ist der ideale Zeitpunkt da.“
„Tom, ich habe dir doch schon gesagt, dass ich erst nach Neujahr zu euch kommen kann. Selbst wenn bei euch jetzt etwas frei wäre, müsste ich ablehnen, weil ich hier noch einige Verpflichtungen habe, zum Beispiel zwei große eigene Fälle.“
„Was denn? Scheidung? Insolvenz? Typen mit Nackenstützen, die einen Laden verklagen, weil sie angeblich ausgerutscht sind?“
Sein herablassendes Getue gefiel Caitlin nicht, obwohl sie früher ähnlich gedacht hatte. „Ich habe einige Fälle, die ich durchaus als Herausforderung bezeichnen würde“, erwiderte sie spröde.
„Na ja, für mich sind hier alle Fälle eine Herausforderung“, prahlte Tom. „Du kannst dir bestimmt einige Tage freinehmen. Ich sage dir, jetzt ist der beste Zeitpunkt dafür. Eine Juniorpartnerin bekommt Zwillinge, und man wird sie ersetzen.“
„Sie verlässt die Firma?“
„Offiziell nicht“, erklärte Tom. „Aber sie arbeitet im Moment schon weniger, weil ihr oft schlecht wird. Außerdem redet sie davon, dass sie im ersten Jahr viel Zeit mit den Kindern verbringen will.
Selbstverständlich wird man sie nicht entlassen, weil man sich sonst eine Klage einhandeln würde, aber die volle Partnerschaft kann sie vergessen. Von nun an muss sie sich mit hässlichen Scheidungen und Kämpfen um die Vormundschaft abrinden.“
„Es gibt in eurer Firma doch bestimmt auch in höheren Positionen Frauen mit Kindern.“
„Mag sein, aber die zeigen nicht überall Bilder herum, sondern haben Kindermädchen und konzentrieren sich auf die Arbeit. Von den Seniorpartnern nimmt sich hier nur selten einer einen Tag für sich frei.“
„Und du arbeitest gern da?“ fragte Caitlin skeptisch.
„Katie, es ist traumhaft! Man steht ständig unter Hochspannung. Morgens stehe ich voll Energie und kampfbereit auf. Jeder Sieg ist ein neuer Höhepunkt, und jede Niederlage macht mich nur umso entschlossener, beim nächsten Mal wieder zu gewinnen. Dir wird es auch bei uns gefallen. So etwas hast du dir doch immer erträumt. Ich mache für dich einen Termin aus.“
„Tom, vielen Dank, aber ich kann jetzt nicht. Vielleicht schaffe ich es, Ende Januar für ein verlängertes Wochenende herüberzukommen, vielleicht auch erst im Februar, aber nicht jetzt. Du weißt doch, dass ich Verpflichtungen ernst nehme. Deshalb willst du mich auch für eure Firma gewinnen, nicht wahr?“
Tom seufzte laut. „Genau deshalb, aber ich dachte, du wüsstest, was wirklich wichtig ist. Wenn du auf eine solche Gelegenheit verzichtest, wegen eines Falles, den jeder Jurist vom Land bearbeiten könnte, frage ich mich, ob du wirklich ehrgeizig bist. Aus unserer Studienzeit kenne ich etliche, die das Sterbebett ihrer Mutter verlassen würden, um diese Chance zu ergreifen.“ Der Vergleich stieß Caitlin ab. Es gefiel ihr nicht, wie Tom sich in den letzten zwei Jahren entwickelt hatte. Oder war er schon immer so gewesen? Wäre sie beinahe wie er geworden? „Tut mir Leid, dass du so denkst.“
„Katie, du weißt, was ich von dir halte. Du warst dir schon immer zu gut für eine kleine Kanzlei in Mississippi. Paulas Zwillinge kommen Ende März auf die Welt. Anfang des Jahres rufe ich dich wieder an.“
„Dann reden wir weiter“, bestätigte Caitlin, weil sie niemals Brücken hinter sich abbrach.
„Sehr gut. Überleg dir bis dahin, wo du in einigen Jahren sein willst. Vergleiche, was du in Honesty hast und was wir dir hier bieten können. Ich glaube, wir wissen beide schon, was sich wirklich lohnt.“ Nachdem sie aufgelegt hatte, wandte Caitlin sich wieder dem Computer zu und erblickte plötzlich Nathan. Er stand mit verschränkten Armen in der Tür und betrachtete sie finster.
„Lauschst du neuerdings?“ fragte sie scharf.
„Offenbar erfahre ich nur so, ob sich hier etwas Wichtiges tut. Zum Beispiel wusste ich gar nicht, dass meine Partnerin mit einer Kanzlei in Los Angeles in Kontakt steht, weil sie sich dort bewerben möchte.“
„Darüber habe ich nicht gesprochen, weil es nicht viel zu sagen gibt. Man ist an mich herangetreten, aber nur indirekt, und es ist nichts entschieden. Ein alter Freund dachte, ich könnte mich für die Firma interessieren, in der er arbeitet.“
„Und du meinst, ich würde über so ein Angebot an dich nicht Bescheid wissen wollen? Selbst wenn du mit mir als deinem Geschäftspartner nicht darüber sprechen wolltest, hätte ich es dann nicht wenigstens
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