Caitlin, du bist zauberhaft
Deborah.
„So dumm bin ich nun auch wieder nicht“, wehrte Nathan ab.
„Wenn die Familienkonferenz jetzt beendet ist, verschwinde ich.“ Gideon holte die Schlüssel aus der Tasche.
„Und ich gehe wieder hinein“, sagte Deborah. „Jetzt muss ich erst mal etwas trinken.“ Nathan bot ihr seine Begleitung nicht an, weil sie vermutlich vorerst genug von ihm hatte. Auf dem Parkplatz konnte ihr sowieso nichts passieren. In Honesty gab es so gut wie keine Kriminalität, und Dylan Smith wachte schließlich vor dem Eingang.
Nathan sah noch Gideons Wagen nach, als Caitlin hinter ihm sagte: „Alles in Ordnung mit Ihnen?“ Sie stand keine zwei Meter von ihm entfernt. „Ich habe nicht gelauscht“, versicherte sie hastig. „Ich wollte gerade zu meinem Wagen und habe nur die Verabschiedung mitbekommen. Sie sehen erschöpft aus.“ Genauso fühlte er sich auch, erschöpft und alt, obwohl er knapp einunddreißig war. Und er war traurig, weil er seinen Vater verloren hatte, Bruder und Schwester sich noch weiter von ihm entfernten und er nun auch die Bindung an seine kleine Halbschwester lösen musste.
Was hatte Stuart bloß dieser Familie angetan! Ließ sich der Schaden jemals beheben?
Caitlin kam einen Schritt näher. „Nathan?“
„Alles in Ordnung. Ich bin müde, wie Sie richtig erkannt haben. Vorhin habe ich Gideon und Deborah über die Entscheidung informiert, die ich heute Nacht treffen muss.“
„Das ist wohl nicht besonders gut gelaufen.“
Sofort war Nathan bereit, seine Familie zu verteidigen. „Das kann ich keinem verübeln. Alle leiden noch unter dem Verhalten meines Dads und seinem Tod. Jetzt kommt alles wieder hoch.“ Caitlin deutete zu ihrem Wagen. „Ich wollte nach Hause und habe nichts mehr vor, falls Sie irgendwo mit mir reden möchten. Ich kann Ihnen wahrscheinlich keinen Rat geben, aber ich bin eine gute Zuhörerin.“
„Das ist ein verlockendes Angebot, aber nicht heute Abend. Ich muss morgen früh nach San Diego und habe schon meine entsprechenden Termine abgesagt. Hoffentlich bin ich am Montag wieder hier, spätestens am Dienstag. Und falls es doch noch länger dauert, kann unsere unheimliche Büroleiterin das bestimmt deichseln.“
„Irene wird mit allem fertig. Und was wollen Sie in San Diego?“
„Ich möchte Mrs. Houston besuchen. Vielleicht kann ich etwas für sie tun. Und ich möchte Isabelle noch einmal sehen, bevor… na ja, Sie wissen schon.“
Caitlin legte ihm die Hand auf den Arm. „Dann haben Sie sich also für die Adoption entschieden?“ Es gelang ihm nicht, seinen Vater und Kimberly aus seinen Gedanken zu verdrängen. Zwar hatte es wegen ihrer Beziehung einen Skandal gegeben, aber sie waren glücklich miteinander gewesen und hatten ihre Tochter geliebt. Während des Urlaubs in Mexiko waren sie das erste Mal von Isabelle getrennt gewesen.
„Die Adoption scheint mir die beste Lösung für alle zu sein“, erwiderte Nathan und legte seine Hand auf ihre. „Mrs. Houston und ihre Angehörigen können sich dann auf die Krebsbehandlung konzentrieren, und Isabelle findet über die Jugendfürsorge zu einem Elternpaar.“ Caitlin nickte. „Nehmen Sie sich in Kalifornien die nötige Zeit. Ich kümmere mich bis zu Ihrer Rückkehr zusammen mit Irene um die Kanzlei.“
„Vielen Dank, Caitlin, Sie waren heute wirklich großartig.“
„Ich weiß, wie schwierig Verpflichtungen der Familie gegenüber werden können“, erwiderte sie mit einem bitteren Lächeln.
Das glaubte er gern, weil ihre verwitwete Mutter in einem Pflegeheim in Jackson untergebracht war.
Sie hatte in relativ jungen Jahren einen schweren Schlaganfall erlitten, und Caitlin besuchte sie mindestens zwei Mal im Monat. Dabei erkannte ihre Mutter sie seit einem Jahr nicht mehr. Doch Caitlin war ihr einziges Kind.
Nathan warf einen Blick zum Countryclub, den die Gäste bereits verließen. Eigentlich wollte er nur noch weg, aber er hatte seiner Mutter versprochen, sich vorher zu verabschieden.
„Gute Reise, Nathan“, wünschte Caitlin. „Hoffentlich geht es für alle gut aus.“ Gern hätte er sie jetzt geküsst, um seine Dankbarkeit zu zeigen, schon ein flüchtiger Wangenkuss hätte ihm genügt. Doch das wäre das erste Mal gewesen, und im Moment erschien es ihm unangebracht.
„Gute Nacht, Caitlin“, sagte er daher nur und gab widerstrebend ihre Hand frei.
Er wartete, bis sie losfuhr, und ging danach zum Club. Ein Versprechen war schließlich ein Versprechen. Das allerdings erinnerte ihn an das
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