Canard Saigon (German Edition)
Decke im Auto. Ich hol sie dir gleich.“ Sie nickte und sah ihn dankbar an.
„Und wer ist das Arschloch?“, fragte Marc.
„Sieh selbst“, antwortete Johannes.
„Bleib du bei Katharina“, sagte Marc. „Und ruf die Kavallerie. Das volle Programm. Auch unser Team soll hier antanzen. Und Fritz.“
Johannes nickte. Er setzte sich neben Katharina, schaltete sein Handy ein und alarmierte alle zuständigen Stellen.
Inzwischen war Marc aus dem Laderaum gestiegen. Er stand neben der Leiche des Serienmörders. Johannes hatte ihm die Gesichtsmaske entfernt und ihn in Seitenlage gebracht, um sich die Wunde anzuschauen. Der Kopf des Mörders lag auf seinem ausgestreckten linken Arm, in der Hand hielt er noch immer die Entenfeder. Die Kapuze verdeckte sein Gesicht. Marc drehte den Körper auf den Rücken und richtete sich auf.
Vor ihm lag die Leiche von Johann Schreudl.
Marc betrachtete den Toten und nickte mit grimmigem Blick. War ich doch auf der richtigen Fährte, dachte er. Dann fiel ihm ein, warum er den Wagen verlassen hatte. Er rannte zur Vorderseite der Werkstatt und drückte auf den roten Knopf neben dem Tor. Ächzend bewegte sich das elektrische Garagentor nach oben. Er schlüpfte durch und lief zu seinem Auto. Als er die Decke aus dem Kofferraum holte, hörte er von Weitem das Folgetonhorn eines Streifenwagens. Er lief zurück.
Wien, Dienstag, 27. April 2010, 18.15 Uhr
Die abendliche Frühlingssonne breitete einen goldenen Teppich über den Mosesbrunnen. Der Franziskanerplatz zeigte sich von seiner schönsten Seite. Der angenehmen Temperaturen wegen hatte das Personal des Kleinen Cafes einige Tische ins Freie gestellt. An einem dieser Tische saß Marc Vanhagen mit seinem Gast. Links ragte ein Teil des Franziskanerklosters in ihr Sichtfeld, dessen Renaissancefassade italienisches Flair nach Wien brachte. An das Kloster schmiegte sich das wahre Prunkstück des Platzes. Die Franziskanerkirche dominierte mit ihrer für einen Sakralbau schmalen, bläulich grauen Fassade das herrliche Ambiente.
Marc nahm einen Schluck Kaffee und zog genüsslich an seiner Zigarette.
„Und Sie wollen sicher nichts essen?“, fragte er. Sein Gast schüttelte den Kopf und trank ebenfalls.
„Der Kaffee ist einmalig“, sagte er zufrieden und legte eine kleine Pause ein. „Sie haben also den Täter geschnappt?“
„Dank Ihrer Hilfe, Herr Wegner“, sagte Marc und nickte.
„Und wer war es? Ich meine, sollte ich ihn kennen?“
„Er war damals Teilnehmer an dem Seminar, von dem Sie mir erzählten. Sein Name ist Johann Schreudl.“
Charles Wegner grübelte. „Tut mir leid, aber der Name sagt mir nichts. Und wie sind Sie ihm auf die Schliche gekommen?“
„Wie so oft im Leben durch eine Kleinigkeit. Wissen Sie, Herr Wegner, wir arbeiten mit den modernsten Ermittlungsmethoden. Wir haben Datenbanken zur Verfügung, das beste Forensische Institut für DNA-Auswertungen, modernste Überwachungstechniken und hoch spezialisierte Ermittler. Und trotzdem waren wir bei dieser Mordserie lange Zeit auf dem Holzweg. Der Täter war äußerst clever und vorsichtig. Wir hatten keinen Tatort, keine Zeugen und keine verwertbaren DNA-Spuren. Fast die ganze Zeit über hatten wir einen Arzt aus einem Spital im Visier. Er hatte kein überzeugendes Alibi, die ersten Mordopfer arbeiteten in seinem Umfeld, und seine Sexualpraktiken schienen zur Art der Morde zu passen. Wir hatten eine etwas löchrige, aber logische Indizienkette, die den Doktor zum Hauptverdächtigen machte. Aber so ist das Leben. Manchmal scheinen alle Teile zu passen, und doch liegen wir gründlich daneben.“
Der alte Herr nickte.
„Wegen einer solchen Fehleinschätzung habe ich Wien verlassen und bin zur Fremdenlegion geflüchtet“, sagte er mit nachdenklicher Miene. „Und wie sind Sie auf diesen Schreudl gekommen?“
„Er war auf der Teilnehmerliste des Seminars, die wir uns besorgt haben. Wir haben diejenigen, die altersmäßig und auch sonst ins Raster passten, herausgesucht. Unsere Profilerin war der Überzeugung, dass zwischen Ihrer Geschichte und den Morden ein Zusammenhang besteht. Wir haben die vier infrage kommenden Personen befragt und ihr Umfeld ausgeleuchtet. Und wieder hatten wir Hinweise, die auf einen anderen Täter schließen ließen. Den entscheidenden Hinweis auf Schreudl gaben die Entenfedern. Lange Zeit überlegten wir, was die unterschiedliche Anzahl der Federn bedeuten sollte. Als ich gestern in der Zentrale saß und wieder einmal grübelte,
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