Cash Out (German Edition)
Wunden verheilt sein, sondern meine erste Tranche Aktienoptionen wird fällig, und ich werde sie sofort in Cash verwandeln. Gewinn: über eine Million Dollar. Ich hatte mir nie die Möglichkeit vorgestellt, in so kurzer Zeit ein solches Vermögen zu machen; noch vor zwei Jahren hätte
absolut niemand
geahnt, dass der Kurs der FlowBid-Aktie dermaßen durch die Decke gehen würde. Jedenfalls stehe ich jetzt hier, nur noch drei Tage entfernt von einem völlig neuen Leben.
In drei Tagen kann ich meine erste Ladung Aktienoptionen ausüben – alles in allem 5300 . Es ist die erste von zwei Tranchen über insgesamt 10600 Optionen, die ich 2005 bekommen habe, aber ich werde nicht zwei weitere Jahre bleiben, um die komplette Zuteilung einzusacken. Genau genommen werde ich nicht mal mehr eine weitere Woche bleiben.
Sobald die Optionen fällig sind, werde ich Smith Barney anrufen und noch am selben Tag verkaufen – ich werde meine Optionen zum garantierten Preis von je 8 Dollar erwerben, um sie unmittelbar darauf zum aktuellen Marktpreis von 216 Dollar zu verkaufen. Das Geld wird auf mein von FlowBid eingerichtetes Konto bei Smith Barney überwiesen werden, die dann dafür sorgen, dass der Scheck zwei Tage später in ihrer Filiale in Menlo Park in der Nähe der Sand Hill Road bereitliegt, dem Epizentrum der Venturekapitalwelt. Ich werde mit meinem Corolla dort vorfahren, den Scheck abholen und schnurstracks nach Mountain View weiterfahren, um ihn auf unser Girokonto einziehen zu lassen.
Am nächsten Tag werde ich bei FlowBid mit der zweiwöchigen Frist meine Kündigung einreichen. Ich bin sicher, man wird total sprachlos sein. Hier in der Gegend ist man allgemein der Ansicht, dass nur ein absoluter Schwachkopf mit 1 , 1 Millionen abziehen würde, wenn er eine weitere Million einsacken kann – oder sogar erheblich mehr, vorausgesetzt, die Aktie klettert weiter, vorausgesetzt, der Kurs bricht nicht ein –, wenn er nur zwei Jahre länger bleibt. Aber das ist eben der Unterschied zwischen diesen Leuten und mir.
Ich will raus.
Wir werden unseren Immobilienmakler anrufen, damit er unser kleines Häuschen auf der Halbinsel zum Verkauf anbietet, womit wir ebenfalls todsicher einen beachtlichen Gewinn machen werden. Vor sieben Jahren haben wir das 111 qm kleine 3 -Zimmer-Häuschen für 589000 Dollar gekauft; es wird garantiert zu einem Bieterkrieg kommen und praktisch zwangsläufig mindestens eine Million bringen. Auf der Halbinsel ist das nicht anders zu erwarten.
An diesem Abend werden wir Mexikanisch essen gehen, in ein gemütliches, kleines Lokal, das wir sehr mögen, voller Stammgäste und sagenhafter Margaritas. Am nächsten Tag werden wir aufstehen, den Wagen beladen und über den Berg weiter die Küste entlang Richtung Süden fahren, schnurstracks zu den Gemeinden zwischen Santa Cruz und Monterey, wo wir mit der Suche nach der perfekten Strandhütte beginnen werden. «Willst du wirklich den ganzen Tag barfuß rumlaufen?», wird Kate sagen. Und ich werde ihr einen Blick zuwerfen, während sich ein breites Grinsen auf meinem Gesicht ausbreitet, und einfach nur nicken.
Wir werden vielleicht einen Monat verstreichen lassen, bis der Staub sich gelegt hat, aber spätestens dann werden wir Besitzer einer Immobilie mit großartigem Ausblick aufs Meer sein und direktem Strandzugang. Luxuriös muss es nicht sein, einfach nur zweckmäßig und solide gebaut. Wir werden bloß eine winzige Hypothek am Hals haben oder vielleicht sogar gar keine, und der Gewinn durch den Verkauf unseres Häuschens liegt derweil gut und sicher auf dem Sparbuch.
Schluss mit den 12 -Stunden-Arbeitstagen, dem endlosen Gequatsche über die Notwendigkeit von mehr Server-Kapazität, dem permanenten Gefasel über Aktienoptionen und anwachsende Vermögen, den spätabendlichen Powerpoint-Marathons mit einem zappeligen VP , der gerade mal drei Jahre vom College weg ist, Schluss mit der zermürbenden Erschöpfung, die bewirkt, dass man jeden Blickkontakt vermeidet, nur damit man nicht angequatscht wird und endlich nach Hause kann. Schluss mit all diesen San-Francisco-Dinnerpartys, diesem nur dürftig kaschierten Rumgeprotze, bei dem alle versuchen, sich zu übertrumpfen mit ihrem Geprahle von Häusern, Nannys und hochbegabten Kindern. Schluss mit den Range Rovers und SUV s von Mercedes und BMW . Schluss mit Janice aus der Finanzabteilung.
Schluss mit dem ganzen Krempel.
Und los geht’s mit Hondas und Sandalen und Fords und alten VW -Bussen mit
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