Castle, R: Derrick Storm 1: A Brewing Storm - Ein Sturm zieh
wirkten fast wie zwei Schuljungen, die sich in der Pause auf dem Schulhof belauern.
Windslow war groß und schlank, etwa Anfang siebzig und hatte einen hohen Wiedererkennungswert. Sein Gesicht war ständig in den Talkshows am Sonntagmorgen und auch in den Abendnachrichten zu sehen. Doch es waren sein Haarschnitt und seine Stimme, die einen bleibenden Eindruck hinterließen. Er hatte weißes Haar, das er zu einer altmodischen Föhnwelle frisiert trug, die von seiner Stirn aus nach hinten wogte und von glänzendem Haarlack in Form gehalten wurde. Er sprach langsam und mit betontem Südstaatenakzent, in den er immer wieder heimatliche Redewendungen einfließen ließ, um seine Wähler daran zu erinnern, dass er einer von ihnen war, ein waschechter Demokrat. In Texas, dem Staat, den er mehr als dreißig Jahre lang repräsentiert hatte, galt er als unbesiegbar.
„Das ist also Ihr Mann“, sagte Windslow.
„Senator Windslow“, begann Jones, „das ist Steve Mason. Er arbeitet nicht direkt für mich, doch er erledigt hin und wieder etwas in meinem Auftrag. Er ist Privatdetektiv.“
„Sie sind derjenige, der alles in Ordnung bringt?“, fragte Windslow frei heraus. „Sie sind der Mann, der alles erledigt, egal was – ist das richtig?“
Storm war beunruhigt, da sich noch drei weitere Personen im Raum befanden. Er hatte die FBI-Agentin April Showers schon beim Betreten des Büros erkannt. Die auffällige Ausbeulung unter ihrem Mantel hatte sie verraten. Die Frau des Senators kannte er aus Presseberichten. Doch er wusste nicht, wer die Mittzwanzigerin war, die in der Nähe saß.
„Ich bin hier, um Ihnen zur Hand zu gehen“, sagte Storm und wich der Frage des Senators aus.
„Es gibt schon genügend hilfreiche Hände in diesem Fall“, entgegnete Windslow. „Das gesamte FBI geht mir zur Hand, und bis jetzt hat es rein gar nichts genutzt. Was ich brauche ist jemand mit einer Faust.“
Einen Moment lang sprach niemand, doch dann sagte die Frau des Senators leise: „Mein Mann scheint seine Manieren vergessen zu haben. Mein Name ist Gloria Windslow.“ Sie erhob sich grazil aus ihrem Lehnstuhl und legte eine emotionale Kontrolle an den Tag, die man von der erfahrenen Ehefrau eines Politikers erwartete. Ihr war bewusst, dass sie auch unter großem emotionalem Stress die Contenance wahren musste.
Ihr Händedruck war sanft, ihre Fingernägel manikürt. Sie war mindestens dreißig Jahre jünger als ihr Ehemann und in ein teures New Yorker Designeroutfit gekleidet, das offensichtlich maßgeschneidert war und ihre Figur zur Geltung brachte.
Storm hatte in den Medien von ihr gelesen. Gloria Windslow war gleich nach dem Highschool-Abschluss aus ihrer armen ländlichen Heimatstadt im Staate Texas geflüchtet. Ihr Ticket zum Erfolg waren ihr gutes Aussehen und ihr unbändiger Ehrgeiz, beides zusammen hatte ihr einen Platz in den Reihen der Cheerleader der Dallas Cowboys eingebracht. Sie wurde schwanger und heiratete einen Star-Quarterback der NFL. Nur zwei Jahre darauf ließ sie sich von ihm scheiden und behauptete, er habe sie misshandelt. Sie und ihr kleines Kind schafften es sowohl aufs Cover des
People
- als auch des
Us
-Magazins, und in beiden wurde sie als willensstarke Single-Mutter dargestellt, die sich weigerte, sich von ihrem berühmten Ehemann herumschubsen zu lassen. Gloria und der Senator waren sich zwei Jahre später auf einer politischen Spendengala in Dallas begegnet, wo seine Unterstützer dreitausend Dollar pro Gedeck bezahlten, um ihn sprechen zu hören. Sie kam als Begleitung eines der begehrtesten Junggesellen der Stadt, einem berühmten Anwalt. Doch sie fand eine bessere Partie und verließ die Veranstaltung mit Windslow. Einen Monat später stellte er sie als persönliche Sekretärin für sein Büro in Washington an. Ein Jahr später beantragte er die Scheidung von seiner Frau, mit der er dreißig Jahre lang verheiratet gewesen war, was zu Hause für einiges Aufsehen sorgte. Der Altersunterschied des neuen Traumpaars sorgte für Verwunderung, doch Windslow heuerte eine PR-Firma aus Manhattan an, um seinen sorgfältig aufgebauten Ruf als guter Christ und Familienvater zu retten. Als die Experten mit dem Verbiegen der Wahrheit fertig waren, warf man Gloria nicht länger vor, eine glückliche Ehe zerstört zu haben. Nun war sie eine selbstbewusste und vertrauenswürdige Beraterin ihres Mannes mit einer Vorliebe für Bildung, Bibliotheken und Frauenangelegenheiten. Zu Weihnachten lud sie behinderte
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