0057 - Die Zombies
Der alte McBowen schob die Flasche über den Holztisch. »Hier, Junge, trink einen Schluck. Nur so kann man das beschissene Leben ertragen.«
Er selbst hatte sich ein Wasserglas zur Hälfte mit Whisky voll geschenkt und umklammerte es mit beiden Händen, während er Bob McClure dabei beobachtete.
Der Student schüttelte den Kopf. »Ich trinke nichts«, erwiderte er. »Wer weiß, was noch alles auf uns zukommt.«
»Schlimmer kann es gar nicht mehr werden.« Der Alte beugte sich vor. »Ich sag’ dir was, Junge«, flüsterte er. »Das ist der Anfang vom Ende. Das ist der Weltuntergang, glaub mir. Schon in der Bibel steht: Wenn die Gräber sich öffnen und die Toten heraussteigen, ist das Ende nah. Die Toten sind da. Du und ich, wir haben sie mit eigenen Augen gesehen. Lebende Leichen – Zombies…«
»Hör auf.«
»Nein, Junge, ich höre nicht auf. Ich will dir meine Meinung sagen. Ich glaube nicht, daß es dieser Mann aus London schaffen wird, den Kampf zu gewinnen. Die anderen sind stärker. Wer von uns Menschen besitzt schon die Kraft und die Macht, um gegen die Herrscher der Hölle anzugehen?«
»Sinclair schafft es.«
»Ach.« Der Alte machte eine wegwerfende Handbewegung. »Glaub das nur nicht. Da können zehn Sinclairs und hundert Conollys kommen. Sie haben beide einen Nachteil. Sie sind nur Menschen. Wären sie selbst mit dem Teufel im Bunde, dann hätten sie noch eine Chance. Aber so…«
»Du vergißt, daß John Sinclair schon ungeheure Erfolge erzielt hat«, sagte Bob McClure. »Bill Conolly hat es mir selbst erzählt.«
Der Alte grinste und nahm einen Schluck. »Das mag schon sein, Junge, aber hast du nicht selbst erlebt, wieviel Mühe er mit dem einen Zombie hatte? Als der ihn angriff und unter Wasser drückte, war Sinclair schon verloren.«
»Aber er hat es geschafft.«
»Nur mit Hilfe seines Freundes.«
»Das spielt keine Rolle.«
Der Alte winkte ab. »Ihr jungen Leute nehmt alles viel zu leicht. Aber vielleicht ist es euer Vorrecht. Wer weiß…« Er nahm wieder einen Schluck.
Bob McClure wollte nichts trinken. Er stand auf und trat an das schmale Fenster. Die Hütte stand dicht am See, trotzdem konnte Bob die Wasserfläche nicht sehen, weil ein Busch- und Unterholzgürtel ihm die Sicht verwehrte.
Aber sein Blick glitt sowieso ins Leere. Bob beschäftigte sich mit etwas anderem.
Zombies – Untote – lebende Leichen… gelesen hatte er bereits davon in Romanen und Erzählungen. Auch hatte er vor Jahren einen Film gesehen, in dem Zombies mitspielten. Allerdings hatten die Filmemacher die Handlung auf die Westindischen Inseln verlegt. Nach einer Voodoo-Beschwörung gelang es dann, Tote aus der Erde zu holen. Deutlich erinnerte sich der junge Mann an den Film. Aber das war Kino, und Bob hatte hinterher den Maskenbildner bewundert, der Personen so echt schminken konnte, daß sie wirklich aussahen wie Leichen.
Sollte Bob diesen Alptraum jetzt in der Wirklichkeit erleben, mit ihm als Hauptperson?
Im Film war der Held am Schluß gestorben…
Bob McClure ballte die Hände zu Fäusten. Sein Gesicht wurde kantig. Er spürte, wie sein Puls sich beschleunigte.
Ja, er hatte Angst, und Bob war ehrlich gegen sich selbst, um dies auch einzugestehen.
Der alte McBowen saß hinter ihm am Tisch und trank seinen Whisky. Manchmal brabbelte er unverständliches Zeug in seinen nicht vorhandenen Bart, dann wieder schlürfte er an seinem Schnaps.
John Sinclair und Bill Conolly waren unterwegs auf dem Loch Morar. Und es war die Frage, ob sie zurückkamen.
McBowen und Bob wollten in der Hütte warten. So war es ausgemacht. Der junge Student dachte an seine Bekannte Marion Mitchell. Mit ihrem und auch seinem Freund Dan Dryer hatte eigentlich alles begonnen.
Die beiden jungen Männer wollten den See in einem Einbaum überqueren. Wie es schon die Vorfahren getan hatten. Auf halber Strecke etwa wurden sie von lebenden Leichen angegriffen. Der Einbaum kenterte, und Dan wurde von den Ungeheuern in die Tiefe gezogen, während sich Bob wie durch ein Wunder retten konnte.
Aber Dan war nicht tot. Er kam wieder.
Als Zombie…
Und er besuchte seine Freundin Marion.
Bob hatte inzwischen Bill Conolly kennen gelernt. In einer dramatischen Rettungsaktion gelang es dem Reporter, das Mädchen aus den Klauen des Zombies zu befreien.
»Da ist jemand an der Tür.« Die ängstliche Stimme des Alten unterbrach Bobs Gedanken.
Der Student drehte sich um.
Sein und McBowens Blick trafen sich.
Jeder dachte wohl das gleiche,
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