Cathérine de Montsalvy
Kissen zurückbettete, hob er einen Augenblick den Kopf und warf der jungen Frau einen Blick zu, der von Leidenschaft und Stolz brannte.
»Laß mich dich lieben. Ich weiß, wie ich dich sogar deine Tränen vergessen machen kann. Ich werde dir so viel Liebe geben, daß …«
Er beendete seinen Satz nicht. Diesmal war es Cathérine, die, von jähem Verlangen gepackt, ihre Lippen auf die des jungen Mannes preßte und ihn an sich zog. Er war mit einem Schlag die einzige Wirklichkeit ihres Universums auf dem Höhepunkt ihrer Euphorie geworden, eine warme Wirklichkeit, an die sie sich mit aller Kraft klammern wollte. Beide rollten, eng ineinander verschlungen, auf die durchgelegene, abgenutzte alte Matratze, vergaßen den miserablen Hintergrund, dachten nur an die nahende Lust. Cathérines überanstrengte Nerven ließen sie eine totale, absolute Selbstzerstörung, eine Unterwerfung unter einen stärkeren Willen wünschen. Sie schloß mit einem leisen Stöhnen die Augen.
Was nun folgte, stürzte sie wieder brutal in die Welt der Schreckgespenste, des Wahnsinns zurück, der sie MacLaren einen Augenblick entrissen hatte.
Da waren dieser schreckliche, ungeheuerliche Schrei, der, wie es Cathérine schien, in ihrem eigenen Kopf explodierte, dann das krampfartige Aufbäumen seines ganzen Körpers, der den ihren umschlang, die aufgerissenen Augen des Schotten und das Blut, das aus seinem Mund schoß. Mit einem Schreckensruf warf sich die junge Frau zur Seite, die Decke mitreißend, in die sie sich instinktiv wickelte. Und da war Gauthier, aufrecht neben dem Bett, der sie mit den Augen eines Verrückten anstarrte. Seine Hände hingen bewegungslos an seinem riesigen Körper herab. Seine Axt steckte zwischen den Schultern MacLarens …
Einen Augenblick maßen Cathérine und der Normanne sich schweigend, als sähen sie sich zum erstenmal. Ein wahnsinniger Schreck lähmte die junge Frau vollständig. Noch nie hatte sie an Gauthier diesen Ausdruck der Gewalttätigkeit und unerbittlichen Grausamkeit gesehen. Er war außer sich, und als sie sah, daß der Riese die mächtigen Fäuste hob, glaubte sie, er wolle sie töten, rührte sich aber nicht, weil sie dazu absolut unfähig war. Ihr Verstand arbeitete, aber ihre Glieder, aus Stein wie ihr ganzer Körper, verweigerten ihr jeden Dienst. Zum erstenmal in ihrem Leben durchlebte Cathérine in der Wirklichkeit das furchtbare Gefühl, von dem man in Schreckträumen heimgesucht wird, wenn man, von tödlicher Gefahr verfolgt, vergebens zu fliehen sucht und die Füße nicht vom Boden heben kann, wenn man zu schreien versucht und kein Ton über die Lippen kommt …
Aber die Hände Gauthiers fielen kraftlos wieder an seinem Körper herab, und der lähmende Bann, der Cathérine gefangenhielt, löste sich. Sie wandte sogar die Augen ab, richtete sie auf die Leiche MacLarens mit einer Furcht, die der Verwunderung nahekam. Wie war er doch schnell und leicht, der Tod! Ein Schrei, und es gab keinen Geist mehr, keine Leidenschaft, nichts als reglose Materie. Dieser Mann, in dessen Armen sie noch einen Augenblick zuvor gelegen hatte, war plötzlich verschwunden! Er hatte gesagt: »ich werde dich vergessen lassen«, aber er hatte nicht einmal Zeit gehabt, sie seinem Willen zu unterwerfen! Sie schluckte mühsam ihren Speichel und fragte dann tonlos:
»Warum hast du das getan?«
»Das wagt Ihr zu fragen?« gab er brutal zurück. »Ist das alles, was von Eurer Liebe für Messire Arnaud übrigbleibt? Mußtet Ihr am Abend desselben Tages, an dem Ihr ihn wiedersaht, einen Geliebten haben? Ich habe Euch in meiner Achtung so hoch gestellt … höher als jede Frau, wahrhaftig! Und dann muß ich Euch wie eine läufige Katze schnurren hören!«
Eine ungestüme Zorneswelle fegte hinweg, was an Furcht noch in Cathérine war. Dieser Mann hatte getötet und maßte sich noch das Recht an, sich als ihr Richter aufzuspielen?
»Mit welchem Recht mischst du dich in mein Privatleben? Habe ich dir je das Recht gegeben, dich mit meinen Angelegenheiten zu befassen?«
Er machte einen Schritt auf sie zu, mit geballten Fäusten, bösen Augen und bitterem Mund.
»Ihr habt Euch mir anvertraut, habt Euch unter meinen Schutz begeben, und, bei Odin, ich hätte mein ganzes Blut und meinen letzten Atemzug für Euch hingegeben. Ich habe die Liebe, die ich für Euch empfand, zum Schweigen gebracht, das wahnwitzige Verlangen, das Ihr in mir erregtet, weil die Liebe, die Euch mit Eurem Gatten verband, mir eine zu schöne, zu
Weitere Kostenlose Bücher