Cathérine de Montsalvy
solche Geschichten, Cathérine. Die Schönheit kann nicht unheilvoll sein, und dieser Diamant repräsentiert die reine Schönheit. Wenn Ihr mir ihn anvertraut, werde ich den Wohlstand des gesamten Königreichs daraus ziehen. Ich werde Karavellen über See schicken, werde Kontore errichten, werde diesem verwüsteten Boden seine Reichtümer entreißen und sie ihm in Hülle und Fülle wiedergeben. Ich werde Euch, mir und dem König obendrein ein Vermögen schaffen.«
Er reichte ihn Cathérine von neuem hin, aber sie schob ihn mit einer gleichermaßen sanften und entschlossenen Bewegung zurück.
»Nein, Jacques, behaltet ihn! Er gehört Euch! Ich hoffe, Ihr könnt ihm wirklich seinen bösen Zauber entreißen und ihn dem Wohl aller dienstbar machen. Wenn Ihr keinen Erfolg mit ihm habt, dann bedauert es nicht. Ich gebe ihn Euch.«
»Ich nehme ihn nur in Kommission, Cathérine, oder als Darlehen, wenn Euch das lieber ist. Ich werde Euch das Hundertfache zurückzahlen. Ihr werdet Montsalvy wiederaufbauen, und Euer Sohn wird zu den Größten dieser Welt zählen, deren klangvolle Namen zwangsläufig mit einem großen Vermögen verbunden sind. Aber … dieser Wirt läßt uns ja Hungers sterben! Hallo, Meister Amable, wie steht's mit dem Abendessen?«
Aus seinen Träumen gerissen, lief der würdige Gastwirt eilig in seine Küche, um die zuvor angekündigte Kräutersuppe zu holen. Jacques Coeur erhob sich und bot Cathérine die Hand.
»Kommt zum Souper, meine liebe Teilhaberin, und Gott sei gesegnet, daß er Euch mir über den Weg geführt hat. Wir werden es weit bringen, Ihr und ich, oder ich müßte nicht Jacques Coeur heißen.«
Er half ihr, am Tisch Platz zu nehmen, und nachdem er sich vergewissert hatte, daß Amable und seine Bedienstete sich entfernt hatten, flüsterte er: »Es war leichtsinnig von Euch, diesen Stein in einer Herberge vorzuzeigen. Amable ist ein anständiger Mann, aber zweifellos überseht Ihr, daß La Trémoille diesen schwarzen Diamanten haben will. Sein Vetter Gilles de Rais war so unvorsichtig, ihm davon zu erzählen, und er träumt nur davon, ihn sich anzueignen. Ihr werdet sehr vorsichtig sein müssen, meine Teure, wenn Ihr an den Hof kommt.«
»Gut, gut, aber das ist ja ausgezeichnet! Verkauft ihm den Diamanten.«
Jacques Coeur lachte trocken auf und hob die Schultern.
»Seid Ihr noch immer so naiv? Wenn der Kämmerer erführe, daß ich diesen Stein besitze, würde ich nicht mehr viel für meinen Kopf geben. Warum soll er ihn bezahlen, wenn er ihn sich so leicht nehmen … und mich notfalls umbringen lassen kann?«
»Das ist also der Grund, weshalb der Kastilier Villa-Andrado mich mit dem Segen La Trémoilles heiraten will. Die Liegenschaften von Montsalvy würden zweifellos dem Spanier übergeben werden, während der Diamant La Trémoille für seine Hilfe belohnte.«
»Ihr macht Euch zu klein, meine Teure. Der Kastilier ist wirklich in Euch verliebt, glaube ich. Euch will er haben, aber natürlich verschmäht er auch Eure Ländereien nicht. Der König hat sie konfisziert und würde sie ihm ohne Zweifel übereignen.«
»Auf jeden Fall«, mischte Bruder Etienne sich ein, »nehme ich an, daß der Diamant sich schon morgen mit Euch von Dame Cathérine trennen wird.«
»Nachdem der Handel hier abgeschlossen ist, reise ich nach Beaucaire weiter. Die jüdische Gemeinde da unten ist reich und mächtig. Ich kenne einen Rabbiner, Isaac Abrabanel, dessen Bruder einer der Judenältesten von Toledo ist, und die Familie ist ungeheuer reich. Ich werde bei ihm jeden Goldbetrag auf diesen Diamanten bekommen, den ich haben möchte …«
Um ihn zu warnen, daß der Wirt zurückkam, hüstelte Bruder Etienne, kreuzte die Finger, steckte die Nase in seinen Napf und begann dann fromm das Tischgebet, dem jeder andächtig lauschte, worauf man sich daranmachte, die von der Reise so schwer mitgenommenen Kräfte wieder aufzufrischen. Cathérine fühlte sich außerordentlich erleichtert, seitdem sie den schwarzen Diamanten in Jacques Coeurs Geldkatze hatte verschwinden sehen. Es war ein guter Einfall von ihr gewesen, denn dies war ein wichtiger, auf die Zukunft gezogener Wechsel. Auf jeden Fall würde Michel eines Tages reich sein, und selbst wenn seinen Eltern die königliche Begnadigung nie gewährt würde, könnte er außerhalb der Grenzen Frankreichs frei und im Überfluß leben. Aber Cathérine wollte mehr, Cathérine wollte etwas Besseres. Das Vermögen war nur ein Teil ihres Plans. Was sie dem Schicksal
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