Cathérine de Montsalvy
seine scharlachroten Beinkleider. Der trübe Schein der an einer Eisenstrebe des Wagens hängenden Ölfunzel ließ seine braune Haut und seine langen schwarzen, nach hinten zurückgeworfenen Haare aufglänzen. Sein Blick lag unverwandt auf Cathérine, die am Eingang stehengeblieben war. Er hatte ein neues Lächeln an sich, träge, ein wenig spöttisch.
»Ich glaube wirklich, du fürchtest dich nicht vor vielem, da du ja hier bist … Weißt du, warum ich dich kommen ließ?«
»Ich denke, du wirst mich unterrichten.«
»Das stimmt. Ich wollte dir sagen, daß fünf meiner Männer dich schon zur Frau begehrt haben! Sie sind bereit, sich für dich zu schlagen. Du wirst dann den auswählen müssen, mit dem du das Brot brichst, das Salz nimmst und den Krug der Neuvermählten teilst.«
Cathérine zuckte zusammen und gab sofort das ›Du‹ ihrer Rolle auf.
»Mir scheint, Ihr verliert den Kopf. Vergeßt Ihr, wer ich bin und weshalb ich hier bin? Ich will ins Schloß hinauf, und damit Punktum!«
Eine grausame Flamme blitzte in den Augen des Zigeunerführers auf, und er hob die Schultern.
»Ich vergesse nichts. Du bist eine große Dame, ich weiß! Aber du hast unter uns leben wollen, und ob du willst oder nicht, wirst du dich unseren Bräuchen unterwerfen müssen. Wenn mehrere Männer eine freie Frau begehren, muß sie unter ihnen wählen, wenn sie nicht den Kampf vorzieht, den sie sich liefern werden und der über ihren Besitz entscheidet. Alle meine Männer sind tapfer, und du bist schön: Der Kampf wird heiß sein.«
Zornesröte stieg in Cathérines Gesicht. Dieser unverschämte Bursche, halbnackt vor ihr ausgestreckt, verfügte mit empörendem Zynismus über ihre Person.
»Ihr könnt mich nicht zu dieser Wahl nötigen! Messire l'Hermite …«
»Dein Gefährte? Er wird nicht wagen, sich in die Bräuche meines Volkes einzumischen. Wenn du hierbleiben willst, mußt du wie eine echte Zigeunerin leben oder es zumindest vorgeben. Keiner der Meinen würde es verstehen, wenn eine meiner Untertaninnen gegen das Gesetz verstieße.«
»Aber ich will nicht!« stöhnte Cathérine mit erstickter Stimme, während sich ein Schluchzen ihrer Kehle entrang. »Könnt Ihr mir's nicht ersparen? Ich werde Euch Gold geben … soviel Ihr wollt! Ich kann keinem dieser Männer angehören, ich will nicht, daß sie sich meinetwegen schlagen, ich will nicht!«
Unbewußt hatte sie ihre Hände in einer bittenden Geste gefaltet, und ihre großen, tränenerfüllten Augen flehten ihn an. Etwas milderte sich in der harten Miene des Anführers.
»Komm her!« sagte er sanft.
Sie rührte sich nicht, starrte ihn weiter verständnislos an. Er wiederholte fester:
»Komm her!«
Und als sie wie erstarrt stehenblieb, richtete er sich halb auf, packte Cathérine am Arm und zwang sie vor sich auf die Knie. Sie stieß einen Schmerzensschrei aus, aber er lachte:
»Für jemand, der sich nie fürchtet, benimmst du dich höchst seltsam! Aber ich will dir nichts antun. Hör mir nur zu, schöne Dame, edle Dame … ich bin auch edel! Ich bin Herzog von Ägypten und trage in mir das Blut des Herrn der Welt, des Eroberers, der selbst die Könige unterworfen hat.«
Seine Hand fuhr langsam den nackten Arm Cathérines hinauf, suchte die Rundung ihrer Schulter. Die junge Frau sah ihn jetzt ganz nahe und war über die Zartheit dieser braunen Haut, über das Blitzen dieser funkelnden Augen, die sie faszinierten, erstaunt. Die Hand auf ihrer Haut war warm und schien schlagartig ihr Blut zu erregen … Ein Nebel verschleierte Cathérines Augen, während Hitzewellen durch ihren Körper strömten. Plötzlich wünschte sie, daß die Hand, die ihre Schulter liebkoste, sich weiterwagte …
Vor diesem Liebesverlangen, das herrisch und primitiv in ihr aufstieg, zuckte sie zusammen und versuchte, der Hand zu entschlüpfen, die sie festhielt, doch vergeblich.
»Was wollt Ihr?« murmelte sie mit kurzem Atem.
Von neuem glitt die Hand über ihren Arm, preßte ihn, um sie näher heranzuziehen. Der heiße Atem des Anführers strich über Cathérines Lippen.
»Es gibt für dich ein Mittel, meinen Männern zu entgehen, ein einziges! Man begehrt nicht das Eigentum des Anführers …«
Sie versuchte, verächtlich zu lachen, stellte aber zornig fest, daß ihr Lachen falsch klang.
»Darauf wollt Ihr also hinaus?«
»Warum nicht? Aber die Forderung meiner Männer bleibt bestehen. Ich darf hinzufügen, daß ich mich, wenn du auf dem Kampf bestehst, ebenfalls schlagen werde, um
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