Cathérine und die Zeit der Liebe
ärgerlichen Schrei plötzlich splitternackt da, mit der einzigen Ausnahme ihrer blauen Seidenstrumpfe. »Arnaud! Bist du verrückt geworden? … Ein solches Gewand zu zerreißen!«
»Genau. Du darfst eine Robe, in der du solche Triumphe gefeiert hast, nicht zweimal tragen. Das ist ein Andenken … Und außerdem«, fügte er, sie lachend in die Arme schließend und seine Lippen auf die ihren drückend, hinzu, »dauert es viel zu lange, es auszuziehen!«
Das ›Andenken‹ lag auf dem Boden, während Cathérine sich mit einem glücklichen Seufzer hingab …
Arnauds Mund war heiß und roch ein wenig nach Wein, aber er hatte nichts von seiner Fähigkeit verloren, zügellose Gefühle in Cathérine wachzurufen. Er küßte sie bedächtig, bewußt, suchte in der jungen Frau das Verlangen zu wecken, das eine Bacchantin ohne Scham und Zurückhaltung aus ihr machte. Mit einer Hand hielt er sie an sich, mit der anderen liebkoste er langsam ihren Rücken, ihre Weiche, strich an ihrer Brust empor und dann über die süße Kurve des Bauches. Und Cathérine vibriere schon wie eine Harfensaite.
»Arnaud …«, stammelte sie an seinem Mund, »ich bitte dich …«
Mit beiden Händen nahm er ihren Kopf, grub seine Finger in die seidenen Wellen ihres Haares, zog es nach hinten, um ihr Gesicht im vollen Licht zu sehen.
»Um was bittest du mich, meine Süße? Dich zu lieben? Aber das will ich doch gerade tun. Ich werde dich lieben, Cathérine, ma mie, bis dir der Atem ausgeht, bis du um Gnade bittest … Ich hungere nach dir, als hättest du mir nicht schon zwei Kinder geschenkt …«
Gleichzeitig bog er sie zurück, bis ihre Knie einknickten, bis sie mit ihm auf das große Bärenfell vor dem Kamin sank, dann ließ er sich auf sie fallen und schloß sie in die Arme.
»So! Jetzt bist du meine Gefangene und wirst mir nicht mehr entwischen!«
Aber schon umklammerte sie mit den Armen seinen Hals und suchte nun seinen Mund. »Ich habe gar keine Lust, dir zu entwischen, Liebster. Liebe mich, liebe mich, bis ich vergesse, daß ich nicht du bin, bis wir nur noch eins sind.«
Sie sah, wie sein braunes Gesicht sich verzerrte. Sie kannte diesen fast schmerzhaften Ausdruck gut, den er in der Begierde hatte, und drückte sich an ihn, so daß es keinen Zoll ihres Körpers gab, den er nicht fühlte. Jetzt war es an Arnaud, sich zu verlieren, und lange Minuten gab es nichts mehr in dem großen, warmen Gemach als die süßen Seufzer einer liebenden Frau. Während Arnaud etwas später, in einer stillen Pause ihres Vergnügens, ruhig lag, fragte Cathérine plötzlich:
»Was hat La Hire auf dem Ball zu dir gesagt? Ist es wahr, daß du im Frühling wieder fort mußt, zurück in den Kampf?« Er öffnete halb ein Auge, zuckte die Schultern, hob eine Ecke des Bärenfelles, auf dem sie noch lagen, umwickelte sich damit und deckte gleichzeitig den etwas fröstelnden Körper der jungen Frau zu.
»Der Engländer hält noch einige feste Plätze. Solange er da ist, muß man kämpfen …«
Sofort wurde sie kopflos, wurde wieder von den alten Ängsten gepackt, die sie einst so sehr gequält hatten. Sollte alles wieder von vorn beginnen?
»Ich will nicht, daß du fortgehst, ich will nicht, daß du mich noch einmal verläßt! Ich habe dich wiedergewonnen, ich behalte dich …«
Sie umschlang ihn mit einer kindlichen Gebärde, als fürchte sie, er könnte plötzlich verschwinden. Mit sanfter Hand strich er ihr liebkosend über die Wange und küßte sie behutsam. Im Schatten sah sie seine weißen Zähne blitzen und merkte, daß er lächelte.
»Glaubst du, ich habe Lust, dich zu verlassen, wieder Nächte um Nächte ohne dich zu verbringen, ohne deine Augen, ohne deinen Körper? Ich bin Soldat und muß meinen Beruf ausüben. Wenn ich gehen werde, wirst du mir folgen … Die Feldzüge dauern nur ein halbes Jahr, und es gibt immer Schlösser hinter der Kampflinie. Dort wirst du auf mich warten, und wir verlassen uns nicht mehr … nie mehr. Die Zeit der Tränen, des Kummers und des Leidens ist zu Ende. Von jetzt an ist für uns die Zeit der Liebe gekommen. Und wir werden keinen einzigen Augenblick mehr vergeuden.«
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