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065 - Rendezvous mit dem Sensenmann

065 - Rendezvous mit dem Sensenmann

Titel: 065 - Rendezvous mit dem Sensenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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Im Kamin brannte ein Feuer, obwohl Mitte Juli an der Côte d'Azur Temperaturen von weit über 30 Grad im Schatten herrschten. Nachts war es kühler, doch man konnte mit einer dünnen Decke ohne zu frieren im Freien schlafen.
    Die vier altertümlich gekleideten alten Frauen standen um das Telefon neben der Tür herum. Eine hielt den Hörer ans Ohr gepreßt. Ihr Gesicht war eine Grimasse der Mißbilligung und Empörung „Skandalös", flüsterte sie ab und zu. „Oh, oh, pfui, dieses schamlose Ding! Wie kann man nur so etwas aussprechen! Nie hätten wir das zu unserer Zeit gewagt."
    „Was hat sie gesagt, Lucia?" fragten die drei anderen Alten, die vor Neugier fast platzten.
    Lucia machte abwehrende Gesten.
    „Seid still, ich kann sonst nichts verstehen." Sie kreischte auf. „Nein, wie anstößig! Alma, mein Riechfläschchen! Mir wird übel."
    „Dann gib mir den Hörer."
    „Nein, ich will das Gespräch abhören, das diese - diese Dirne mit ihrem Liebhaber führt. Monsieur Beaufort will es so. Wenn er das erfährt, wird Ednas Schicksal besiegelt sein."
    Die vier nickten eifrig. Sie blickten zu dem Lehnstuhl, der am prasselnden Kaminfeuer stand. Eine Gestalt saß darin, doch die hohe Rückenlehne verdeckte sie, und man sah nur eine runzlige dunkle Hand an der Seite herabhängen. Ein prächtiger Ring mit einem schwarzen Stein, an dessen vier Ecken große Brillanten funkelten, steckte am Ringfinger.
    In den Stein war eine sich windende Schlange mit kleinen Rubinaugen ein gemeißelt. Es war ein schweres, wuchtiges Schmuckstück, aber äußerst kunstvoll.
    Lucia legte nun auf. „Sie hat das Gespräch beendet. Entsetzlich, welche Sachen dieser schamlose Mensch, mit dem sie sich eingelassen hat, gesagt hat. Und Edna hat noch darüber gelacht und in der gleichen Weise geantwortet. Die heutige Jugend ist völlig verdorben."
    Die drei anderen Frauen stimmten Lucia zu.
    „Wir dürfen dieses Flittchen nicht mehr länger unter unserem Dach dulden", sagte Camilla, die Energischste der vier. „Das sind wir Monsieur Beaufort schuldig."
    Die alten Frauen sahen zu dem Lehnstuhl. Der darin saß antwortete nicht. „Monsieur", sagte Lucia schließlich schüchtern und leise, „es ist wieder soweit. Edna Bengtsson hat gegen die Regeln des Hauses verstoßen. Wir jagen sie fort."
    „Ihre Vogelscheuche ist gestern fertig geworden, Monsieur", sagte die alte Sabrina im gleichen ehrerbietigen Ton. Sie warteten, aber es kam keine Antwort. Die Luft im Zimmer war trocken und heiß, doch den Frauen war plötzlich, als spürten sie einen kalten Hauch. Triumphierend sahen sie sich an und nickten.
    Die alte Lucia trippelte zum Lehnstuhl, ergriff die runzlige Hand und küßte den Schlangenring. „Verlassen Sie sich ganz auf uns, Monsieur“, flüsterte sie.
    Eilig verließen die vier nun das Zimmer. Es gab viel zu tun. Die Hand mit dem auffälligen Ring bewegte sich nicht, aber es schien, als winde sich die Schlange, als funkelte Leben aus ihren Rubinaugen.

    Edna Bengtsson war wütend wie schon lange nicht mehr. Sie knallte die Eingangstür der Villa hinter sich zu, hob ihren Rucksack auf den Rücken und ging eilig davon.
    Es war unerhört. Diese vier alten Schrullen hatten sie mitten in der Nacht hinausgeworfen, nur weil sie am Strand einen jungen Mann kennengelernt hatte. Natürlich hatten sie geküßt und geschmust, und sie war einmal mit in seinen Bungalow gegangen. Aber war das ein Verbrechen?
    Schließlich war sie zwanzig Jahre alt, ungebunden und ein hübsches Mädchen. Sie war nicht an die Côte d'Azur gekommen, um hier wie eine Nonne zu leben.
    Aber diese bigotten Schachteln hatten sich angestellt, als ginge die Welt unter wegen eines Beischlafs. Ihr Telefongespräch mit Paul hatten sie abgehört und so getan, als habe sie etwas Fürchterliches verbrochen.
    Auf der Stelle hatte sie gehen müssen. Um elf Uhr abends.
    Edna zitterte vor Wut. Jetzt erst fiel ihr ein, was sie den vier Alten hätte sagen sollen. Worte mit Widerhaken und Dornen kamen ihr in den Sinn. Aber dazu war es jetzt zu spät.
    Sie drehte sich noch einmal zu der weißen Villa um. Das Mondlicht beschien den Prunkbau und ließ ihn fast wie ein Märchenschloß erscheinen.
    „Ich bin froh, daß ich endlich weg bin aus diesem - diesem Zuchthaus", schimpfte die blonde Edna. „Ich frage mich, wie die anderen Mädchen das überhaupt aushalten. Auf Schritt und Tritt wird man bevormundet. Diese Runzelweiber neiden uns unsere Jugend und Schönheit. Ach, was rege ich mich denn

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