Cato 01 - Im Zeichen des Adlers
übergeben. Die Truhe durfte unter keinen Umständen geöffnet werden. Der darin befindliche Schatz würde möglicherweise die Begehrlichkeit einfacher Legionäre wecken. Nicht genug, dass er die Neugier seiner Männer würde eindämmen müssen; anschließend musste er feindliches Gebiet durchqueren und sich höchstwahrscheinlich gegen Einheimische und Leute von der eigenen Seite wehren, die in schwer durchschaubare politische Intrigen verwickelt waren.
»Möchtest du noch etwas wissen, Zenturio?«
»Nur eines, Herr. Was geschieht, wenn wir den Wagen nicht finden können?«
»Daran solltest du nicht einmal denken«, erwiderte Vespasian.
»Gut, dann weiß ich Bescheid.« Macro nickte.
Der Legat war froh, dass Macro keineswegs verstand, worum es ging. Sollte die Unternehmung scheitern, würde die Truhe im Moor verbleiben und auf den nächsten Finder warten. Es gab keine Garantie dafür, dass die Originalkarte, die Narcissus ihm gegeben hatte, die einzige war, und jetzt, da er dem Zenturio eine Kopie ausgehändigt hatte, war nicht auszuschließen, dass weitere Kopien angefertigt werden würden. Sollte die Unternehmung scheitern, wäre es ganz praktisch, eine Hand voll Soldaten in der Nähe zu haben, die keine Ahnung hatten, was dort im Moor verborgen war. Doch für diesen Fall war bereits Vorsorge getroffen.
»War das alles, Zenturio?«, fragte Vespasian, und Macro nickte. »Dann solltest du deine Männer jetzt vorbereiten. Wir sprechen uns erst wieder, wenn du mit der Truhe zur Legion zurückgekehrt bist.«
»Jawohl, Herr.«
»Viel Glück. Und auf Wiedersehen.«
Als Macro das Zelt verlassen hatte, faltete er die Karte sorgfältig zusammen und steckte sie unter seine Rüstung; die Endgültigkeit, mit der der Legat ihn verabschiedet hatte, verursachte ihm Unbehagen. Jedenfalls war die Sache auf den Weg gebracht, und es gab kein Zurück mehr.
Der Kapitän des Transportschiffs befahl der Mannschaft, die Schoten zu fieren, dann wurde das Großsegel eingeholt. Das Schiff glitt nur mehr langsam vorwärts, und als es dicht vor dem Strand auf Grund lief, war eine leichte Erschütterung zu spüren.
Der Kapitän legte am Heck die Hände trichterförmig an den Mund und rief: »Rampe herunterlassen!«
Die Legionäre machten Platz, und die Seeleute hoben eine lange, mit Scharnieren versehene Rampe hoch und schoben sie vor, bis das Ende nur noch wenige Schritte vom Strand entfernt war. Auf ein Zeichen hin ließen sie die Rampe mit einem lauten Klatschen ins Wasser fallen. Das schiffseitige Ende der Rampe wurde mit zwei Eisenzapfen in den Spundlöchern an Deck fixiert.
»Da wären wir.« Der Kapitän klopfte Macro auf die Schulter. »Hab euch wohlbehalten übers Meer gebracht. Ich hoffe, die Seereise hat dir gefallen.«
»Kann mich nicht beklagen«, erwiderte Macro ohne Begeisterung. Wie die meisten Soldaten fühlte er sich nur an Land richtig wohl; das Meer war den Fischen und solchen Idioten vorbehalten, die sich die Mühe machten, darauf herumzuschippern. »Danke jedenfalls.«
»Das Vergnügen war ganz meinerseits. Ich hoffe, ihr gebt den Einheimischen ordentlich Saures.«
»Wir werden unser Bestes tun.«
»Und jetzt wäre ich dir dankbar, wenn du deine Männer von Bord schaffen würdest. Wir segeln gleich wieder nach Gallien zurück. Sollen für eine syrische Kohorte noch heute Nacht ein paar Pferde rüberbringen.«
»Heute Nacht?«, fragte Macro überrascht. »Ich dachte, Seeleute führen nur dann nachts zur See, wenn es sich nicht vermeiden lässt.«
»Normalerweise nicht.« Der Kapitän lächelte leutselig. »Aber wir werden für die Überfahrt gut bezahlt. Also, wenn du so freundlich wärst?«
Macro wandte sich den Soldaten zu, die ihn erwartungsvoll anblickten. »Also, Männer, es geht los. Achtet darauf, dass ihr nichts an Bord zurücklasst, sonst seht ihr es nämlich nicht mehr wieder.«
Das Gepäck über den Kopf erhoben, marschierten die Legionäre im Gänsemarsch über die Rampe, dann sprangen sie ins hüfthohe Wasser und wateten an Land. Als Macro und Cato die von Kieseln gesäumte Hochwassermarke erreicht hatten, wurde die Rampe bereits wieder eingeholt, während einige Seeleute das Schiff mit einer langen, dicken Stange ins tiefere Wasser schoben.
»Wozu die Eile?« Cato nickte zum Schiff hin.
»Geld.«
»Was die Leute nicht alles dafür tun!«, meinte Cato lachend. »Man könnte fast meinen, es gäbe nichts Wichtigeres auf der Welt.«
»Gibt es auch nicht.«
Cato musterte den Zenturio
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