Cato 02 - Im Auftrag des Adlers
darüber muss der General sich noch den Kopf zerbrechen.«
»Denkst du, er wird uns als Erste in die Schlacht schicken? «
»Wohl kaum. Die Briten haben uns schon ziemlich übel mitgespielt. Die Männer sind noch sehr erschüttert. Das hast du sicherlich auch gespürt.«
Cato nickte. Die schlechte Moral der Legion war in den letzten Tagen deutlich spürbar gewesen. Schlimmer noch, er hatte gehört, wie einige Männer Vespasian offen kritisierten, weil sie dem Legaten die Schuld an den schweren Verlusten gaben, die sie seit der Landung auf britischem Boden erlitten hatten. Dass Vespasian persönlich Seite an Seite mit seinen Männern in vorderster Front gekämpft hatte, bedeutete den meisten Legionären, die seinen Mut nicht mit eigenen Augen gesehen hatten, wenig. Es herrschte derzeit ein beträchtlicher, mit Misstrauen gemischter Groll gegen den Kommandostab der Legion, und das war kein gutes Vorzeichen für die nächste Auseinandersetzung mit den Briten.
»Diese Schlacht sollten wir besser gewinnen«, meinte Macro ruhig.
»Das ist richtig, Herr.«
Beide Männer blickten einen Moment lang schweigend in die flackernden Flammenzungen des Kohlenbeckens. Dann ließ ein lautes Magenknurren die Gedanken des Zenturios unvermittelt zu einem nahe liegenderen Problem wandern.
»Ich bin verdammt hungrig. Gibt’s irgendwas zu essen? «
»Dort auf dem Tisch, Herr.« Cato zeigte auf ein Essgeschirr mit einem Laib dunklem Brot und einem großen Stück gepökeltem Schweinefleisch. Ein kleiner Krug mit Wasser versetzten Weines stand neben einem zerbeulten Silberbecher, einer Erinnerung an einen von Macros früheren Feldzügen. Mit gerunzelter Stirn betrachtete der Zenturio das Pökelfleisch.
»Noch immer kein frisches Fleisch?«
»Nein, Herr. Caratacus verwandelt alles Land in unserer Marschrichtung praktisch in eine Wüste. Die Kundschafter berichten, dass er beinahe jeden Acker und jede Farm bis zum Ufer der Tamesis hat niederbrennen lassen, während seine Leute alles Vieh mit sich fortgetrieben haben. Da bleiben für uns nur noch die Rationen aus dem Proviantlager in Rutupiae.«
»Ich kann dieses verdammte gepökelte Schweinefleisch nicht mehr sehen. Kannst du denn nichts anderes besorgen? Piso hätte uns etwas Besseres organisiert.«
»Mag sein, Herr«, antwortete Cato verstimmt. Piso, der Sekretär der Zenturie, hatte als altgedienter Veteran jeden Trick und jeden Kniff gekannt, und das war den Männern der Zenturie bestens bekommen. Vor ein paar Tagen, nicht einmal ein Jahr vor seiner ehrenvollen Entlassung, war Piso gleich bei seiner ersten Begegnung mit einem Briten gefallen. Cato hatte viel von dem Schreiber gelernt, doch das Wissen um die verschlungeneren Schleichwege im Dickicht der Militärbürokratie war mit Piso verloren gegangen, und Cato war nun auf sich selbst gestellt.
»Ich werde sehen, was sich wegen der Rationen tun lässt, Herr.«
»Gut!« Macro nickte, biss, das Gesicht verziehend, in das Schweinefleisch und begann mit der langwierigen Prozedur, den zähen Brocken zu einer Konsistenz zu zerkauen, in der er sich schlucken ließ. Beim Kauen murrte er weiter: »Wenn das mit diesem Fraß hier so weitergeht, quittiere ich den Dienst und konvertiere zum jüdischen Glauben. Alles immer noch besser als das hier. Ich weiß nicht, was diese Kerle in der Lebensmittelvesorgung mit den Schweinen anstellen. Man sollte meinen, es müsste eigentlich unmöglich sein, etwas so Einfaches wie gepökeltes Schwein derart ungenießbar zu machen.«
Cato hatte das alles schon oft genug gehört und machte mit seinem Papierkram weiter. Die meisten der Gefallenen hatten ein Testament hinterlassen, in dem sie das, was sie im Zeltlager an Eigentum besaßen, ihren Freunden vermachten. Doch einige der eingesetzten Erben waren ebenfalls gefallen, und nun musste Cato mit Hilfe der Dokumente eine Erbfolge erstellen, damit die gesammelten Hinterlassenschaften schließlich den richtigen Empfänger erreichten. Die Familien der Männer, die ohne Testament gestorben waren, brauchten eine Benachrichtigung, damit sie ihren Anspruch auf die Ersparnisse des Gefallenen bei der Legionskasse geltend machen konnten. Für Cato war die Testamentsvollstreckung eine neue Erfahrung, und da die Verantwortung nun bei ihm lag, wollte er keinen Fehler riskieren, der schließlich noch zu einem Gerichtsverfahren gegen ihn führen mochte. Daher las er sich die Unterlagen aufmerksam durch und überprüfte alle Berichte mehrfach, bevor er seine Feder in
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