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Cato 03 - Der Zorn des Adlers

Titel: Cato 03 - Der Zorn des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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im Wasser zu schwimmen, sondern auf dem Nebel zu schweben, der geisterhaft aus dem See aufstieg. Finster wirkte diese Insel gewiss, dachte Cato, und die Angst in Prasutagus’ Miene, wann immer er in den letzten zwei Tagen von diesem Ort gesprochen hatte, ließ auf noch Schlimmeres schließen. Aber was um alles in der Welt konnte so schrecklich sein, dass es selbst diesem riesenhaften Krieger Angst einjagte? Cato malte sich die schrecklichsten Bilder aus, und ein eiskalter Schauer lief ihm den Rücken hinunter. Er schalt sich im Stillen für seinen Aberglauben, doch während sie sich weiter lautlos durchs dunkle Wasser schoben, nahmen seine erregten Sinne jedes Geräusch und jede schattenhafte Bewegung überdeutlich wahr. Er musste alle seine Willenskraft aufbieten, damit seine überreizte Phantasie nicht Dämonen heraufbeschwor, die unsichtbar am Strand der heiligen Druideninsel lauerten.
    Sie hatten sich dem Ufer nun so weit genähert, dass die längsten Äste der uralten Bäume über ihnen hingen. Cato sah durch das rankenartige schwarze Gezweig zu den Sternen hinauf, die kalt und still durch den Nebel schimmerten. Dann drehte er sich um und spähte über das düstere Wasser zu der Stelle zurück, wo Boudica auf sie wartete. Er fragte sich, ob er sie wohl jemals wiedersehen würde, und merkte plötzlich, dass er sich verzweifelt wünschte, ihr Gesicht noch einmal vor sich zu haben. Diese unerwartete Sehnsucht erschreckte ihn ein wenig, und er staunte über diesen Moment der Selbstoffenbarung.
    Als Macro ihn beim Arm packte, schrak er zusammen und zuckte so heftig zurück, dass Wasser aufspritzte.
    »Still!«, zischte Macro. »Soll denn jeder verdammte Druide in ganz Britannien wissen, dass wir hier sind!«
    »Tut mir Leid.«
    Macro wandte sich wieder Prasutagus zu, der fast lautlos etwas vor sich hinmurmelte. Das Geflüster unterschied sich in Rhythmus und Tonfall von der Alltagssprache, und Macro merkte, dass es sich um eine Art Zauber handeln musste. Als der Brite innehielt, berührte Macro ihn sanft an der Schulter.
    »Gehen wir, Kumpel.«
    Prasutagus starrte ihn einen Moment lang völlig reglos an, nickte dann ernst und schlich weiter. Dieser Abschnitt des Ufers wurde von einem mit Pfosten verstärkten Weidengeflecht gehalten und ragte zwei Fuß über das eiskalte Wasser hinaus. Sie kletterten so leise wie möglich hinauf, doch das von ihnen abtropfende Wasser kam ihnen gefährlich laut vor. Prasutagus spähte ängstlich ins Dunkel zwischen den Bäumen, fast schon sicher, dass man sie gehört hatte. Doch nichts rührte sich, nicht mal ein Lufthauch fuhr durchs dunkle Gezweig. Alle drei hockten eine Weile stumm da und lauschten. Cato wartete zitternd darauf, dass Prasutagus sie vorwärts winkte. Schließlich schlichen sie ein kurzes Stück am Ufer entlang, bis sie auf einen Pfad stießen, der in das Dunkel des Waldes hineinführte. Cato kam es vor, als würde die Nacht wie durch einen kalten Wind plötzlich kühler, doch die Luft war vollkommen still.
    »Da lang?«, flüsterte Macro.
    »Sa. Ihr komm, aber shhh!«
    Als sie lautlos über den Pfad schlichen, umschloss die Dunkelheit sie schwarz wie Tinte, und die Luft schien noch kälter und feuchter zu werden. Cato zählte seine Schritte, um sich beim Vordringen ein klares inneres Bild von der Insel zu machen. Als er bei etwas über hundert angelangt war, lichtete sich der Wald und ließ zu seiner Erleichterung schwaches Sternenlicht ein. Der Pfad endete plötzlich vor einer hölzernen Wand mit einer Tür darin. Sie war mit einem einfachen Riegel verschlossen, den man mit einem Zugseil bediente. Prasutagus lauschte einen Moment lang, doch im Innern der Insel war die Stille genauso bedrückend wie an ihrem Rand, und abgesehen vom Hämmern seines Herzens hörte Cato nur noch den gelegentlichen Schrei einer Rohrdommel weit draußen im Sumpf. Prasutagus zog vorsichtig am Seil, der Riegel kam hoch, und der Brite schob die Tür behutsam auf. Er trat ein und ließ die beiden Römer vor dem Eingang warten; gleich darauf tauchte sein Kopf wieder auf, und er winkte sie herein.
    Hinter der Holzwand lag eine große Lichtung – nahezu rund und von riedgedeckten Hütten umstanden. Der nackte Erdboden war festgetreten. Die ersten paar Schritte, die Cato und Macro mit ihren Armeeschuhen darauf machten, waren deutlich zu hören, doch danach achteten die beiden darauf, so vorsichtig wie möglich aufzutreten. In der Mitte der Lichtung erhob sich eine große Rundhütte mit einer

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