Jägerin der Nacht - Der Anfang (Ein Patricia Vanhelsing Roman) (German Edition)
1
Sidney Gardner
Jägerin der Nacht
Patricia Vanhelsing Diaries #1
:
Mein Name ist Patricia Vanhelsing und – ja, ich bin tatsächlich mit dem berühmten Vampirjäger gleichen Namens verwandt. Weshalb unser Zweig der Familie seine Schreibweise von „van Helsing“ in
„Vanhelsing“ änderte, kann ich Ihnen allerdings auch nicht genau sagen. Es existieren da innerhalb meiner Verwandtschaft die unterschiedlichsten Theorien. Um ehrlich zu sein, besonders einleuchtend erscheint mir keine davon. Aber muß es nicht auch Geheimnisse geben, die sich letztlich nicht erklären lassen?
Eins können Sie mir jedenfalls glauben: Das Übernatürliche spielte bei uns schon immer eine besondere Rolle.
In meinem Fall war es Fluch und Gabe zugleich.
*
Wie ein graues Leichentuch hatte sich der Nebel über die düsteren Straßen gelegt. Graue Löwen aus kaltem Stein blickten grimmig ins Nichts. In ihre Mitte das erstarrte Standbild eines Reiters...
Ein kalter Hauch wehte über den Londoner Trafalgar Square, in dessen Mitte sich die berühmte Nelson-Säule befand. Jetzt wirkte die Reiter-Statue des Admirals, der vor ungefähr zweihundert Jahren Napoleons Flotte besiegte, wie ein düsterer Schatten aus einer anderen Welt...
Harold Carrington schlug seinen Mantelkragen hoch, während er an den übergroßen Löwenköpfen vorbeischlenderte, deren kalter Blick ihn zu mustern schien.
Carrington hatte gerade in einer Snack Bar einen schnellen Lunch zu sich genommen. Nun war er auf dem Weg zurück zu den Büros seiner Anwaltskanzlei, die nur wenige Minuten entfernt lagen. In Gedanken war er bereits bei seinen nächsten Terminen. Sein Blick ging zwischendurch kurz zur Uhr. Er hatte seine Mittagspause eigentlich schon überzogen.
Als Senior-Chef der Kanzlei kannst du dir das ruhig mal herausnehmen! sagte er sich selbst. Schließlich bist du ja auch nicht mehr der Jüngste...
Carrington trat an den Straßenrand.
Wie riesige Schatten, dunkle, brummende Ungetüme, kamen zwei der großen Doppeldecker-Busse heran. Sie tauchten plötzlich aus dem Nebel heraus auf. Ihre karminrote Farbe wurde sichtbar. Carrington trat einen Schritt zurück, als die beiden Ungetüme an ihm vorbeiknatterten. Ein paar Pkw folgten noch. Carrington blickte zur anderen Seite. Von dort kamen eine ganze Reihe von Wagen. Er konnte sie noch nicht sehen, aber er hörte ihre Motorengeräusche.
Er mußte noch warten.
Und dann schälte sich plötzlich der dunkle, langgezogene Wagen aus dem Nebel heraus.
Wie ein dunkler Schatten hob er sich gegen das Grau des Nebels ab. Im ersten Moment dachte Carrington an eines der charakteristischen, etwas altmodisch wirkenden Londoner Taxis mit ihrer schwarzen Lackierung und den runden Formen.
Aber es war kein Taxi.
Der Wagen näherte sich.
Es war eine langgezogene Limousine, deren Baujahr so um 1950 herum liegen mußte. Ein Oldtimer, aber erstaunlich gut erhalten. Er war vollkommen schwarz. Die wenigen Chromteile blitzten, als wären sie gerade poliert worden.
Carrington registrierte, daß es vorne zwei Türen gab.
Der hintere Teil des Wagens konnte nur über das Heck erreicht werden.
Ein Leichenwagen! ging es Carrington durch den Kopf.
Aus irgend einem Grund fühlte er auf einmal eine seltsame Beklemmung. Carrington war alles andere als ein abergläubischer Mensch. Er glaubte nicht daran, daß schwarze Katzen oder Leichenwagen Unglück brachten...
Und doch...
Er hatte das Gefühl, daß mit diesem Wagen etwas nicht stimmte.
Der Wagen hielt. Keine fünf Meter von Carrington entfernt, der auf einmal völlig in den Bann dieses Oldtimers gezogen wurde. Er achtete nicht mehr darauf, wann er endlich die Straße überqueren konnte. Verzweifelt versuchte er durch die Frontscheibe ins Innere zu blicken.
Die Sicht war schlecht.
Und doch...
Nein! durchzuckte es ihn. Das darf nicht wahr sein!
Carrington sah das große, elfenbeinweiße Steuerrad. Er konnte sogar die Griffrillen für die Finger des Fahrers erkennen.
Aber da war keine Hand am Steuer.
Und dahinter...
Niemand!
Der Motor heulte in diesem Moment ohne erkennbaren Grund auf. Ein Laut, der an das Brüllen eines Löwen erinnerte. Es klang wütend, fast, als ob dieses Geräusch nicht von einer toten Maschine verursacht worden wäre, sondern von einem lebenden Wesen.
Schauder erfaßte den Anwalt.
Und eine Furcht begann von Innen heraus an ihm zu nagen, für die es keinen vernünftigen Grund zu geben schien.
Sei kein Narr! sagte er sich.
Erneut heulte der
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