Cato 03 - Der Zorn des Adlers
sein würden, sobald sie die Durotriges in Reichweite ihrer Schwerter hatten. Daher hatte Vespasian jeden Offizier der Kohorte persönlich dazu aufgefordert, nach Cato und seinen Männern Ausschau zu halten und um jeden Preis Gefangene zu machen. Um sich jemals, so scherzte er, die Renovierung seines Hauses auf dem Quirinal-Hügel in Rom leisten zu können, müsse er lebendige Sklaven haben. Die Offiziere hatten wie erwartet gelacht, und Vespasian konnte nur hoffen, dass das genügte, damit die Legionäre nach dem geglückten Durchbruch nicht im Übereifer Cato und seine Männer niedermetzelten.
»Alles ist bereit, Herr«, meldete Tribun Plinius.
»Gut.« Vespasian salutierte und warf einen Blick über die Schulter zurück.
Der Horizont im Osten färbte sich inzwischen merklich heller. Vespasian wandte den Kopf wieder nach vorn und betrachtete die riesenhaft vor ihm aufragende Festung. Die Korbgestalt erhob sich wie ein Turm über der Palisade, und das Geflecht der rötlich braunen Weidenruten zeichnete sich im zunehmenden Tageslicht, das das nächtliche Grau in Grau vertrieb, immer deutlicher ab. Die Artilleriemannschaften standen reglos da und erwarteten den Feuerbefehl. Es war Vespasian gelungen, mehr als hundert Katapulte zusammenzubringen, und nun mussten die großen Waffen nur noch mit Hilfe der Winden gespannt werden. Die Bolzen saßen schon in ihren Schussrillen, und die mit einem dunklen Flansch versehenen Eisenspitzen waren auf die Befestigungsmauern zu beiden Seiten des Haupttors gerichtet. Schimmernd fielen die ersten Sonnenstrahlen auf die Bronzehelme der Verteidiger entlang der Palisade, während die Legionäre, die von unten emporsahen, noch im kühlen Dämmerlicht standen. Allmählich aber ergoss sich das Licht über die Befestigungswälle nach unten.
Vespasian nickte Plinius zu.
»Katapulte!«, brüllte Plinius durch die trichterförmig an den Mund gelegten Hände. »Bereitmachen!«
Die Morgenluft hallte vom Klirren der Hebel und dem angestrengten Ächzen der Männer wider, mit dem sie die Winden der Spannarme bedienten und die Sehnen in Schussstellung brachten. Als die letzte Mannschaft fertig war, erstarb der Lärm, und eine eigenartige Stille senkte sich über die Szenerie.
»Feuer frei!«, schrie Plinius.
Die Offiziere der Katapultmannschaften bedienten den Lösehebel, und das scharfe Knallen, mit dem die Spannarme wieder in ihre Ausgangslage zurückschnellten, klang Vespasian in den Ohren. Ein dünner Schleier dunkler Linien streifte den Himmel vor der Palisade. Wie immer waren einige Bolzen zu kurz gezielt und bohrten sich in den Erdwall. Andere flogen zu hoch und verschwanden erst weit hinter der Palisade – wo sie allerdings immer noch Unheil anrichten konnten. Die Mannschaften registrierten, wo ihr Geschoss niederging, und richteten die Waffe entsprechend neu aus. Die große Mehrheit der Bolzen traf jedoch schon bei der ersten Salve. Vespasian hatte die Wirkung solcher Geschosssalven schon einige Male gesehen, doch selbst er staunte über die angerichtete Verwüstung. Ganze Palisadenpfosten wurden von den schweren Eisenspitzen der Bolzen so gründlich zertrümmert, dass die Bruchstücke durch die Luft flogen, und bald sah die Palisade aus wie ein halb verfaultes Gebiss.
Die zweite Salve war stärker auseinander gezogen als die erste, da die schnelleren Mannschaften früher zum Schuss kamen, und bald führten die unterschiedlichen Ladezeiten dazu, dass die zurückschnellenden Spannarme nahezu pausenlos krachten. Die Palisade wurde erbarmungslos zerschmettert, und die meisten Durotrigeskrieger, die so tollkühn waren, dahinter auf den Wall zu steigen und den Römern ihre Verachtung entgegenzuschleudern, zahlten den Preis dafür. Vespasian beobachtete, wie ein großer Krieger herausfordernd den Speer schwenkte, bis ein Bolzen ihn in die Brust traf und einfach wegfegte. Ein anderer Gegner wurde im Gesicht getroffen, und das Geschoss riss ihm den Kopf weg. Der Rumpf blieb noch einen Moment lang aufrecht stehen und brach dann zusammen.
Kaum eine Stunde später waren die Verteidigungsanlagen zu Seiten des Haupttors vollständig zerstört und die Pfosten, die die Palisade gebildet hatten, nur noch scharlachrot übergossene Stümpfe. Vespasian machte dem Obertribun ein Zeichen. »Schick die Kohorte los, Plinius.«
Der Tribun wandte sich dem Trompeter zu und befahl ihm, zum Vormarsch zu blasen. Der Mann setzte das Mundstück an die Lippen und blies eine Folge scharfer Töne in
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